Seit einigen Jahren ist seitens der Politik viel die Rede davon, dass es keine „verlorene Generation“ in Europa geben dürfe. Gemeint sind die heute unter 25-jährigen, die in einigen Ländern stärker als je zuvor im vereinigten Europa unter Arbeitslosigkeit leiden. Die gerade veröffentlichte Studie Global Employment Trends for Youth 2015 der International Labour Organization zeigt, dass viel getan werden muss, um die Potentiale der jungen Generation nicht zu verschwenden. Zwar steigt die Jugendarbeitslosigkeit in der EU seit 2012 nicht mehr an, sie bessert sich jedoch auch nicht und liegt mit 22,2 Prozent weit über dem Vorkrisen-Niveau.

Am schwierigsten gestaltet sich die Situation nach wie vor in den sogenannten Krisen-Staaten, in Griechenland und Spanien ist jeder zweite unter 25 erwerbslos. Innerhalb Europas lassen sich große Ungleichheiten beobachten, so ist die Jugendarbeitslosenquote in Deutschland mit 7,7 Prozent im Vergleich sehr niedrig, während sie in zwei Drittel der Staaten bei über 20 Prozent liegt. Jedoch muss auch in Deutschland genauer hingeschaut werden, schöne Zahlen blenden nur allzu schnell und die Qualität von Arbeit wird hinten angestellt. Denn hierzulande gibt es viele junge Menschen mit Jobs, die sie nicht wollen. Es gibt viel unfreiwillige Teilzeit; über das Ausmaß – und vor allem das Ausbeutungspotential – von Kurzzeitarbeit wird hierzulande schon länger diskutiert. Das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut der Hans-Böckler-Stiftung berichtet, dass 2014 fast 40 Prozent aller abhängig Beschäftigten in Teilzeit, Leiharbeit oder Minijobs tätig waren. Klar, nicht jedes Beschäftigungsverhältnis ist dabei unfreiwillig. Aber oft eben doch, wie auch die ILO beschreibt. In Deutschland ist ebenso auffällig, dass die Anzahl der Menschen, die im Niedriglohnsektor beschäftigt sind, von 7,33 Millionen 2005 auf 8,37 Millionen im Jahre 2012 angestiegen ist (). Ein Trend hin zu prekärer Beschäftigung lässt sich auch im Rest der EU konstatieren, laut ILO gibt es immer mehr temporäre Beschäftigungsverhältnisse.

An den Ergebnissen der ILO-Studie sind noch weitere Punkte bemerkenswert. So sind die jugendlichen (Nicht-)Arbeitnehmer im Vergleich zum Rest der Erwerbsbevölkerung klar benachteiligt, die Arbeitslosenrate ist seit 1995 fast konstant mehr als drei Mal so hoch. Noch mehr Sorge bereitet den Forschern die Dauer der Arbeitssuche. Auch die EU weist hier einen unrühmlich Wert auf: Mehr als jeder dritte arbeitssuchende junge Mensch tut dies seit über einem Jahr – und die Wartezeit steigt. Für Menschen mit Universitätsabschluss verkürzt sich diese Zeit auf ein Drittel. Daher liegt auch der Schluss nahe, der hohen Jugendarbeitslosigkeit müsse mit einem Mehr an Bildung entgegengewirkt werden.

Doch dabei belässt die ILO es nicht, sie nimmt die Politik und auch die Wirtschaft stärker in die Pflicht. Sie fordert eine allgemeine Wachstumsstrategie, in deren Verlauf auch die Jugendarbeitslosigkeit sinken würde. Letztlich lautet das Plädoyer, das gerade in Europa gehört werden sollte: Lasst ab von jeglichen Spargedanken und widmet euch öffentlichen Investitionen im großen Stil. Auch eine aktive Arbeitsmarktpolitik, Stärkung des Startup-Sektors und die Stärkung von sozialen Sicherungen wird gefordert. Ansonsten wird auch die von der Europäischen Kommission geplante „Jugendgarantie“ wohl wenig nützen.