Die Parlamentswahlen in Slowenien weckten Erinnerungen an Italien und die Fünf-Sterne-Bewegung, weil mit Marjan Sarec auch ein ehemaliger Kabarettist als populistischer Außenseiter ins Rennen ging. Wie stellt sich das Ergebnis der Wahl dar?

Die slowenischen Wählerinnen und Wähler sind sehr unberechenbar. Bereits bei den letzten Wahlen 2014 wurde ein Außenseiter mit seiner Partei, die er erst wenigen Wochen vor der Wahl überhaupt gegründet hatte, Sieger und dann Ministerpräsident: der Juraprofessor Miro Cerar. Nun hat der ehemaliger Kabarettist und gegenwärtiger Bürgermeister der Kleinstadt Kramnik Marjan Sarez mit zwölf Prozent den zweiten Platz hinter dem rechts-konservativen Janez Jansa errungen, ohne den Newcomer Sarez kann keine Regierung gebildet werden. Ein Rechter und ein Newcomer aus dem Showbusiness als Wahlgewinner: das erinnert in der Tat an italienische Verhältnisse. Doch der Vergleich hat seine Grenzen: die Slowenen haben nicht primär aus Verdruss über die traditionellen Parteien so rechts und experimentell gewählt. Das politische System ist in Slowenien nicht verkrustet und festgefahren, sondern es bietet den circa 20 Prozent Wählern außerhalb der traditionellen Blöcke bislang einfach keine verlässlichen Optionen an. Janez Jansa hat mit fast 25 Prozent wie 2011 wieder einmal das rechte Lager klar für sich mobilisiert. Auf der Linken haben sich fünf Parteien kannibalisiert, den Sozialdemokraten (SD) ist es immerhin gelungen als stärkste Kraft mit knapp zehn Prozent - ein Plus von vier Prozentpunkten - daraus hervorzugehen. Und die Wähler in der Mitte bleiben experimentierfreudig: letztes Mal konnte der Jurist Miro Cerar sie für sich begeistern, diesmal der Mann, die sie aus dem Fernsehen kannten, Marjan Sarez.

Viktor Orban war zur Unterstützung des Wahlkampfes der Rechten nach Slowenien gereist. Hatte das Einfluss auf die Wahl?

Die starke Mobilisierung für das rechte Lager, die zu dem Erfolg von fast 25 Prozent für Janez Jansa geführt haben, ist mit Sicherheit auf die Wahlkampf-Unterstützung durch Viktor Orban zurückzuführen. Am 11. Mai sprach Orban auf dem Parteitag von Jansas SDS-Partei und rief zu dessen Wahl auf: durch seine Wahl werde dieser „das slowenische Volk retten“. Durch Angst vor Migranten konnte Jansa so mit Schützenhilfe aus Ungarn punkten. Doch mit rund einem Viertel der Wähler ist dieses rechte Potential auch bereits nahezu voll ausgeschöpft. Die Mehrheit der Slowenen sieht die Zukunft des Landes nicht in der Abschottung oder im Schulterschluss mit den Visegrad-Staaten, sie identifiziert sich eher mit Westeuropa – auch in Abgrenzung zum ehemaligen Jugoslawien und Ostmitteleuropa.

Wie ist das Wahlergebnis der Sozialdemokraten zu bewerten?

Für die SD ist es gerade nochmal gutgegangen, und sie konnte den undankbaren vierten Platz verhindern. Nun sind sie Dritter hinter dem rechtskonservativen Janez Jansa und dem Newcomer Marjan Sarez – und nahezu gleichauf mit dem ehemaligen Ministerpräsidenten Miro Cerar. Sie hatten sich mehr versprochen. Nun könnten sie in einen ähnliche Lage kommen wie die SPD im letzten Herbst: viele sehnen sich nach der Rolle als Oppositionsführer, auch weil sie fürchten, sonst in einer Vielparteienkoalition aufgerieben zu werden. Andere rechnen ohnehin mit baldigen Neuwahlen und hielten es für einen Fehler, die Bildung einer Koalition gegen Rechts zu verhindern. Aber immerhin: Die SD konnte sich um vier Prozentpunkte steigern, als einzige Partei aus der Regierungskoalition hat sie zugelegt und liegt vor den anderen Mittelinks-Parteien. Der Parteivorsitzende Dejan Zidan wird das als Erfolg und Etappensieg verkaufen können und muss dabei bereits an den nächsten Wahlkampf denken.

Mit welcher Regierungskonstellation ist mit diesem Wahlausgang zu rechnen?

Um eine Koalition zu bilden, sind aufgrund des Ergebnissen mindestens drei Parteien – Jansas SDS + Sarez‘ LMS + die christdemokratische NSi – notwendig. Ein solches rechtes Bündnis ist aber aufgrund der Aussagen von Marjan Sarez im Wahlkampf unwahrscheinlich. Wahrscheinlicher ist, dass Sarez aus seinem zweiten Platz heraus selbst das Amt des Ministerpräsidenten anstreben wird, anstatt dem doppelt so starken Jansa ins Amt zu verhelfen. Ein solche linke Koalition aus fünf Parteien – Sarez‘ LMS + SD + Miror Cerars SMC + Rentnerpartei DeSUS + Linkspartei Levica oder alternativ Alenka Bratuseks SAB – wird von Anfang an fragil und krisenanfällig sein. Die Wahrscheinlichkeit für vorgezogene Neuwahlen wäre dabei sehr hoch. Dann würden die Karten neu gemischt und bei den volatilen und experimentierfreudigen Wählerinnen und Wählern wäre der Ausgang wieder völlig offen.

Die Fragen stellte Hannes Alpen.