Auf der Ebene der hohen Politik lässt sich der Klimawandel nicht einfangen, das sollte nach dem Rückzug der USA aus dem Pariser Klimaabkommen allen klar sein. Wenn wir den Klimawandel bekämpfen wollen, müssen wir selbst was tun. Die Zivilgesellschaft, jeder Einzelne. Sie recyceln schon ihre Joghurtbecher? Nicht schlecht. Sie ernähren sich vegetarisch, haben den alten Diesel gegen ein Fahrrad getauscht, im ganzen Haus Umweltglühbirnen reingeschraubt, und sind statt in die Karibik dieses Jahr mal an die Ostsee gefahren? Wir kommen der Sache näher. Aber wollen sie mal so richtig CO2 sparen? Dann haben zwei Forscher der Schwedischen Lund Universität einen Vorschlag für sie: hören Sie auf, sich fortzupflanzen.
Was wie der Versuch wirkt, einem akademischen Papier über das gewöhnliche Publikum hinaus Aufmerksamkeit zu verschaffen, ist auch auf den zweiten Blick bitterernst gemeint. Ein kinderloser Erwachsener spart gegenüber einem Elternteil mit einem Kind knapp 60 Tonnen CO2, errechnen die Forscher. Jedes Jahr. Zum Vergleich: eine vegetarische Ernährung entlastet Mutter Erde um nicht mal eine Tonne im Jahr. Die Studie macht deutlich: Es sind nicht Autos, Joghurtbecher und Glühbirnen, die CO2 ausstoßen. Es sind Menschen und ihre Konsumsucht. Und leider sind es häufig nicht die effektiven, sondern die eher schmerzlosen Methoden, die Regierungen ihren Bürgern vorschlagen, wenn es um individuellen Klimaschutz geht. Enthaltsamkeit zu fordern ist eben weniger populär als spritzige Elektroautos zu promoten.
Überbevölkerung ist in der Wissenschaft kein neues Thema. Doch seit dem 18. Jahrhundert konzentrierte sich die Debatte bisher auf die Frage, ob der Planet genug Nahrung für ihre Bewohner zu Verfügung stellen kann. Das Wachstum der Erdbevölkerung um den Faktor Drei seit Ende des zweiten Weltkriegs zeigt: er kann. Doch der Klimawandel verpasst der Diskussion eine neue Dimension. Allein in Nigeria dürfte Projektionen der UN zufolge die Bevölkerung in der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts von 100 auf 400 Millionen anwachsen. Welche Folgen das für das Weltklima hat, hängt aber auch von der weiteren Entwicklung Nigerias, und des Globalen Südens allgemein, ab. Heutzutage stößt ein US-Amerikaner durchschnittlich 28-mal so viel CO2 aus wie ein Nigerianer. In den Industriestaaten verlangsamt sich das Bevölkerungswachstum zwar bereits. Aber westliche Babys sind immer noch die fiesesten Klimakiller.