Seit einigen Tagen sind sie offiziell beschlossen: Die Sustainable Development Goals (SDGs) der UN, Nachfolger der Millennium Development Goals (MDGs). Nach zweieinhalb Jahren Verhandlung stehen nun 17 Ziele mit insgesamt 169 Unterzielen fest. Die UN zeigt sich dabei gewohnt ambitioniert: „Promote sustained, inclusive and sustainable economic growth, full and productive employment, and decent work for all“. Trotzdem lassen sich Anzeichen für einen Paradigmenwechsel erkennen. Der alte Ansatz der Entwicklungspolitik wird abgelöst: Es geht nicht mehr darum, dass die reichen Länder die ärmeren entwickeln; die Industriestaaten werden nun auch über eine monetäre Abgabe hinaus in die Pflicht genommen. Die Rede ist von sozialer Ungleichheit, zukunftsfähigen Konsummustern, nachhaltigem Wirtschaftswachstum oder dem Schutz der Ozeane. All dies sind Bereiche, in denen auch und gerade die Industriestaaten einen extremen Nachholbedarf haben, und keineswegs als Vorbilder dienen können.

Dies macht auch eine neue Studie der Bertelsmann-Stiftung mit dem Titel „Die nachhaltigen Entwicklungsziele der UN: Sind die Industriestaaten bereit?“ deutlich. Anhand von 34 Indikatoren wurden alle OECD-Staaten auf ihren jetzigen Stand bezüglich der SDGs untersucht. Die Stiftung nennt ihre Studie eine Blaupause für die Erreichung der neuen UN-Ziele, an welcher sich die Länder spätestens 2030 werden messen lassen müssen. Und es sieht nicht gut aus. Die Forscher kommen zu dem Schluss, dass die Gefahr besteht, vielen der Indikatoren nicht gerecht zu werden, mehr noch: sie komplett zu verfehlen, sollte sich nicht etwas Grundlegendes ändern.

Die am düstersten wirkenden Felder sind dabei das alles andere als nachhaltige Produktions- und Konsumverhalten der ‚entwickelten‘ Länder und die immer stärker werdende soziale Ungleichheit. Am besten schneiden – wenig überraschend – die vier skandinavischen Staaten ab. Deutschland liegt auf einem vergleichsweise guten sechsten Platz. Aber eben nur vergleichsweise, denn so richtig vorbildlich verhält sich keines der untersuchten Länder. So produziert beispielsweise Dänemark pro Bürger 751 Kilogramm Müll pro Jahr. Damit liegt das Land noch vor Deutschland: Hierzulande produziert jeder Einzelne 614 Kilogramm im Durchschnitt. Dass es auch anders geht, zeigt unter anderem Estland, hier ist es weniger als die Hälfte.

Letztlich geht es aber um mehr als nur Müll, die neuen Ziele könnten eine Chance sein für eine Kehrtwende hin zu mehr Nachhaltigkeit in vielen Bereichen. Nachhaltiges Wachstum, fairer Welthandel, mehr soziale Gleichheit – es geht um große Fragen. Inwieweit vor allem in den OECD-Staaten die Bereitschaft da ist, wirklich umzudenken, wird sich zeigen. Bei den SDGs handelt es sich um eine Absichtserklärung ohne jegliche juristische Bindung. An ihrem Vorgänger-Modell, den MDGs, lässt sich erkennen, wozu das oft führt: Bis heute geben nur die wenigsten der verpflichteten Staaten tatsächlich 0,7% ihres BIPs für Entwicklungszusammenarbeit aus. Damit es überhaupt eine realistische Chance gibt, die SDGs zu erreichen, müsste es ab jetzt jedoch noch viel mehr sein. Dass dies nicht unbedingt hoffen lässt, ist klar. Trotzdem sind die neu beschlossenen Ziele der UN bemerkenswert, vielleicht bedeuten sie gar einen Kurswechsel. Und mit der Studie der Bertelsmann-Stiftung gibt es nun ein Instrument, mithilfe dessen wir die Fortschritte der Politik messen können.