Nervös wippt er von einem Bein auf das andere, sein Blick schweift hilfesuchend durch den Saal. So war das sicher nicht abgesprochen. Emmanuel Macron fühlt sich sichtlich unwohl. Seinem ghanaischen Amtskollegen Nana Akufo-Addo könnte es dagegen nicht besser gehen. Er steht bei der gemeinsamen Pressekonferenz neben Macron und holt genüsslich zu einer Grundsatzrede aus: „Wir können nicht länger die Hilfe aus dem Westen oder aus Frankreich zur Grundlage unsere Politik machen. Es hat nie funktioniert, es funktioniert nicht und es wird nie funktionieren.“

Die Pressekonferenz fand bereits Anfang Dezember anlässlich des Besuchs des französischen Präsidenten in Accra statt. Das knapp zehnminütige Video der Rede des 14. Präsidenten Ghanas genießt zurzeit jedoch eine zweite virale Aufmerksamkeit. Zwei Millionen Mal wurde das Video seither im Internet angesehen. Gleich Mehrere Faktoren begünstigen den Erfolg des Videos.

Der Protokoll-Bruch: Emmanuel Macron hatte sich sicher, wie bei derartigen Presse-Statements üblich, auf einen Austausch von Höflichkeiten eingestellt. Stattdessen war Macron, der sich in kurzer Zeit einen Namen als Meister staatsmännischer Inszenierung gemacht hat (Stichwort: einsamer Gang über den Louvre-Vorplatz), ganz der Situation ausgeliefert. Er, der Staatspräsident der Grande Nation, der medienwirksam dem Händedruck des amerikanischen Präsidenten standhielt, musste sich jetzt anhören, wie seine Hilfe und die der westlichen Welt eigentlich gar nicht willkommen sei.

Das Thema: Es sei einfach falsch für ein Land wie Ghana, 60 Jahre nach seiner Unabhängigkeit, finanzielle Mittel für die Gesundheit oder Bildung von der Großzügigkeit der europäischen Steuerzahler abhängig zu machen, stellt Akufo-Addo heraus. Junge Leute verließen das Land Richtung Europa, weil ihnen die Perspektive fehle. Akufo-Addo fordert alle Afrikaner auf, sich zu fragen, warum es eine Reihe asiatischer Staaten, die zur gleichen Zeit unabhängig wurden, geschafft hätten, sich zu entwickelten Industrieländern aufzuschwingen. Damit so etwas auch in Afrika gelänge, müsse man mit dem Denken in Abhängigkeiten brechen. So würde eine neue afrikanische Persönlichkeit, ein neuer afrikanischer Charakter entstehen, von dem schon zu Zeiten der Unabhängigkeitsbewegung die Rede war.

Wahrscheinlich hatte Emmanuel Macron inhaltlich gar nicht so viel an der Rede auszusetzten, immer wieder versuchte er durch zustimmendes Nicken, Teil der leidenschaftlichen Inszenierung zu werden. Aber vor allem in Ghana und in vielen anderen afrikanischen Ländern, darauf lassen die Kommentare unter dem Video schließen, sind solch klare und selbstbewusste Worte offensichtlich selten.