Seit Anfang letzter Woche verbreitet sich in den sozialen Medien ein Video des ehemaligen NFL-Spielers der Minnesota Vikings Chris Kluwe, das ihn inmitten einer Stadtratssitzung in Huntington Beach, Kalifornien, zeigt. Dort wird er von drei Polizisten zu Boden gedrückt und schließlich festgenommen.
Was war passiert? Vergangene Woche erhob Kluwe seine Stimme gegen den ausschließlich republikanischen Stadtrat von Huntington Beach. Im öffentlichen Teil der Stadtratssitzung kritisierte er die Genehmigung einer neuen Jubiläumstafel für eine Bibliothek, die die vier Buchstaben „MAGA“ zeigt – ein Akronym für „Magical“, „Alluring“, „Galvanizing“ und „Adventurous“. Laut The Guardian bestätigte die Stadtkommission, dass diese Worte eine klare Anspielung auf den berühmten, von Trump im Jahr 2016 ins Leben gerufenen Slogan „Make America Great Again“ darstellen. Kluwe verurteilte die Entscheidung des Stadtrats, Trump und seine MAGA-Anhängerschaft auf diese Weise zu ehren, scharf.
In seiner einminütigen Rede vor dem Stadtrat erklärte er, dass MAGA seit Trumps zweiter Amtszeit darauf abziele, Transmenschen zu eliminieren, die Segregation wieder einzuführen, Zensur und Bücherverbote zu verhängen sowie „die Menschen, die unser Atomwaffenarsenal überwachen“, zu entlassen. „MAGA ist zutiefst korrupt, unverkennbar demokratiefeindlich und, was am wichtigsten ist, ausdrücklich eine Nazi-Bewegung“, deklarierte er. „Sie haben vielleicht ein Hakenkreuz durch einen roten Hut ersetzt, aber das ist es nun einmal.“
Anschließend an seine Rede kündigte Kluwe an, er werde einen Akt des „friedlichen zivilen Ungehorsams“ ausüben und trat unter lautem Applaus auf die Bühne des Versammlungsraums – kurz darauf wurde er festgenommen. Während Protestakte wie dieser oft als Ausdruck demokratischer Prinzipien gefeiert werden, stellt sich mit Blick auf die vergangenen Wochen die Frage: Ist das, was Trump tut, wirklich antidemokratisch oder gar faschistisch?
Stellen diese Entwicklungen langfristig eine Bedrohung für das demokratische System der USA dar?
Seine jüngsten Maßnahmen sind zumindest besorgniserregend und werfen entsprechend Fragen auf. So unterzeichnete der US-Präsident ein Dekret, das Transmenschen den Zugang zu Frauensportprogrammen verwehrt und Schulen mit Mittelkürzungen droht, wenn sie Trans-Athletinnen zulassen. Zudem untersagte er Transpersonen den Militärdienst. Auch Kluwes Hinweis auf Bücherverbote ist berechtigt: Das Pentagon entfernte Lehrmaterial zu Geschlecht und Sexualität aus seinen Militärschulen, die weltweit 67 000 Schüler an 160 Standorten betreuen. Der demokratische Abgeordnete des Repräsentantenhauses, Jamie Raskin, kritisierte die Maßnahme als Zensur.
Stellen diese Entwicklungen langfristig eine Bedrohung für das demokratische System der USA dar? Sicherlich. Doch bedeutet dies, dass „Make America Great Again“ eine faschistische oder eine „Nazi-Bewegung“ ist? Ganz klar nicht. Immer wieder gibt es Stimmen wie die von Chris Kluwe, die Trumps Anhängerschaft als Nazis bezeichnen. Auch in den Medien taucht regelmäßig ein Narrativ auf, das Trump als Faschisten und Diktator darstellt.
Die Realität zeigt jedoch, dass Trump die Präsidentschaftswahl 2024 mit klarer Mehrheit gewonnen hat. Zudem entschieden die Wähler, dass die Republikaner sowohl im Senat als auch im Repräsentantenhaus die Mehrheit der Sitze bekommen. Im Einklang mit dem Willen des Volkes bekleidet Trump nun zum zweiten Mal das Amt des US-Präsidenten, das ihm gemäß der US-Verfassung umfassende Befugnisse verleiht. Die Macht, die ihm und den Republikanern demokratisch delegiert wurde, setzt er nun in vollem Umfang ein. Angefangen bei der Nominierung seiner kontrovers diskutierten Kabinettsmitglieder, die alle verfassungskonform mit einer einfachen Mehrheit vom US-Senat abgesegnet wurden, über den Erlass einer ganzen Welle an Dekreten bis hin zur Begnadigung derer, die am Sturm des Kapitols beteiligt gewesen waren – all das liegt innerhalb der rechtlichen Grenzen. In diesem Kontext ließe sich argumentieren, dass das präsidentielle System der USA dem Präsidenten möglicherweise zu weitreichende Kompetenzen einräumt.
Das beinahe instinktiv genutzte Argument vieler Oppositioneller, Trump verhalte sich wie ein Faschist oder ein Diktator, ist jedoch wenig zielführend. Im Gegenteil: Es vernebelt den Blick für wesentliche Details. Jede Maßnahme seiner Regierung vorschnell als „faschistisch“ abzutun, führt zu einer inflationären Nutzung des Begriffs, was letztlich die Glaubwürdigkeit echter Warnungen untergräbt. So wird es schwerer, tatsächliche Bedrohungen der Demokratie klar zu benennen und die Öffentlichkeit für reale Gefahren zu sensibilisieren. Jon Stewart, Moderator der satirischen Nachrichtensendung The Daily Show, warnt zu Recht: „Der ständige Trommelwirbel des heranrückenden Faschismus wird die Glaubwürdigkeit untergraben, die wir brauchen, wenn er [...] zuschlägt.“
Wachsamkeit bedeutet auch, zwischen einer tatsächlichen Rückkehr zum Totalitarismus und den realen Entwicklungen unter der Trump-Regierung zu unterscheiden. Die eigentliche Bedrohung liegt nicht in einem offenen Umsturz, sondern in der schrittweisen Aushöhlung demokratischer Strukturen. Dieser Prozess beginnt mit der gezielten Umgestaltung von Institutionen und endet in einer Machtkonzentration, die einer kleinen wirtschaftlichen und politischen Elite überproportionalen Einfluss sichert.
Die eigentliche Bedrohung liegt nicht in einem offenen Umsturz, sondern in der schrittweisen Aushöhlung demokratischer Strukturen.
Ein zentrales Element in diesem Umbauprozess ist das Department of Government Efficiency (DOGE). Offiziell als Arbeitsgruppe im Präsidialamt konzipiert, hat das DOGE inzwischen die Rolle des landesweiten Digitaldienstes übernommen, wodurch der Arbeitsgruppe erheblich mehr Handlungsspielraum eingeräumt wurde. Elon Musk, der die Gruppe leitet, wurde von Trump zum Special Government Employee ernannt, um ihm eine gewisse Legitimität zu verleihen, obwohl Musk keine gewählte Amtsperson ist. Durch ein Dekret erhielt das DOGE weitreichenden Zugang zu sensiblen, geheimen Informationen. Trotz der Klagen mehrerer US-Staaten, die sich dagegen wandten, wurden die rechtlichen Schritte abgewiesen.
Besonders problematisch wird es beim Vorgehen Musks gegen US-Bundesbehörden, wie zum Beispiel das Pentagon, das FBI, das Bildungsministerium oder die Entwicklungshilfebehörde USAID. Letztere wurde durch die Entlassung nahezu aller Mitarbeiter und das Einfrieren aller Hilfsgelder praktisch abgeschafft. Unabhängige Behörden können verfassungsrechtlich jedoch nur durch Gesetzesakte des Kongresses aufgelöst werden. Durch die Instrumentalisierung finanzieller Ressourcen und von Personalentlassungen versucht das DOGE, den Kongress zu umgehen und den Einflussbereich der Exekutive erheblich auszudehnen.
Offiziell verfolgt das DOGE das Ziel, unnötige Ausgaben im US-Staatshaushalt zu eliminieren und Bürokratie abzubauen. Doch bei genauerer Betrachtung zeigt sich ein auffälliges Muster in Musks Vorgehensweise: Gerade diejenigen Behörden, die seine Unternehmen Tesla, SpaceX und X regulieren, sind von extremen Geld- und Belegschaftskürzungen betroffen. Ein Beispiel dafür ist die National Highway Traffic Safety Administration (NHTSA), die aufgrund von Unfällen im Zusammenhang mit Teslas Autopilot-System gegen das Unternehmen ermittelt. Hier wird die zunehmende politische Einflussnahme einer kleinen wirtschaftlichen Elite besonders deutlich. Solche Maßnahmen können das Gleichgewicht zwischen den Staatsorganen ernsthaft untergraben. Es zeigt sich insgesamt eine zunehmende Konzentration der Macht in der Exekutive, während der Kongress mit republikanischer Mehrheit bislang keine Schritte unternommen hat, um dieser Entwicklung entgegenzuwirken.
Trotz der zunehmenden Einflussnahme der Exekutive bleibt das politische System der USA vorerst weiterhin pluralistisch. Die Mechanismen der Checks and Balances und die Gewaltenteilung bleiben bestehen. Ein Beispiel dafür ist der Supreme Court, der Trumps Versuch blockierte, Hampton Dellinger, den Leiter einer Bundesbehörde, zu entlassen.
Dennoch zeigt Trumps Führung Anzeichen für eine Entwicklung hin zu einer Oligarchie, in der wenige wirtschaftliche und politische Eliten überproportionalen Einfluss ausüben. Chris Kluwes Protest stellt zu Recht die Frage: Wie weit kann eine politische Bewegung gehen, bevor sie zur Bedrohung für die Demokratie wird? Wer jedoch „Make America Great Again“ vorschnell mit dem Nationalsozialismus gleichsetzt und Trump vereinfacht als Diktator diffamiert, läuft Gefahr, die wahre Bedrohung zu übersehen: die schleichende Aushöhlung demokratischer Institutionen.