China hat mit massivem Einsatz die Zahl der Neuinfektionen zurückdrängen können. Landesspezifische Eigenheiten waren für diesen Erfolg mitverantwortlich. Durch die Abschottung der besonders betroffenen Region sowie das Unterbinden fast aller sozialer und wirtschaftlicher Aktivitäten im ganzen Land konnte eine unkontrollierte exponentielle Ausbreitung verhindert werden. Die weiterhin stringent umgesetzte und kontrollierte Beobachtung und gegebenenfalls Isolierung von Menschen, die sich im Lande bewegen oder es betreten, soll die Zahl der Neuinfektionen weiter minimieren.

Rigoros wurde versucht, die Übertragung des Virus bei notwendigen Kontakten zu vermeiden. So wurden die Menschen verpflichtet, an öffentlichen Orten Masken zu tragen und beim Betreten von Geschäften und öffentlichen Einrichtungen eine Temperaturkontrolle zu akzeptieren.

Für einzelne Regionen wurden Reisesperren angeordnet und umgesetzt, und nach einer Reise mussten sich Menschen vielfach einer Selbstquarantäne in der eigenen Wohnung unterziehen. Dies wurde und wird von der Polizei, der lokalen Verwaltung und Selbstverwaltungsorganen überwacht. Zu erwähnen ist hierbei die vergleichsweise gute Zusammenarbeit aller unterschiedlichen Ebenen des Partei- und Regierungsapparats inklusive dessen unterster Ebene, der Straßenkommittees.

Zugleich wurden große Anstrengungen unternommen, um mögliche Infektionsquellen und Übertragungsketten zu identifizieren. Begünstigend für die Identifizierung von potentiell angesteckten Personen und die Umsetzung der Quarantäne war, dass in China für den Erwerb von Tickets für Bus, Bahn und Flugzeuge ein Personalausweis benötigt wird und damit bekannt ist, wer sich wann wohin bewegt. Darüber hinaus wurden insbesondere auch die Bezahl- und Bewegungsdaten vieler Individuen ausgewertet, bereitgestellt durch Banken und große IT- und E-Commerce-Firmen wie Alibaba und Tencent.

Einige stationäre oder auch Online-Händler versuchten, mit Wucherpreisen die hohe Nachfrage nach Masken, Desinfektionsmittel und zum Teil auch Lebensmitteln auszunutzen.

Die Isolation ganzer Regionen hatte zum Ziel, die Übertragung des Virus lokal zu begrenzen. Angesichts der hohen Ansteckungsrate sollte vermieden werden, dass im ganzen Land das Gesundheitssystem überlastet wird. Wie die Entwicklung zeigt, konnte die Verbreitung lauf offizieller Statistiken massiv eingeschränkt werden und damit ein Großteil der Bevölkerung vor weiterer Ansteckung geschützt werden. Wie massiv die Anstrengungen waren, zeigen die offiziellen Zahlen. So wurden in kurzer Zeit aus dem ganzen Land circa 40 000 Ärzte und Pflegekräfte in die Provinz Hubei gesandt, in circa drei Wochen zwei Krankenhäuser für infizierte Patienten und sehr schnell 16 Massenquarantäneeinrichtungen für Personen mit leichten Symptomen gebaut.

Landesweit wurde das Gesundheitssystem schon früh umgestellt. So durften Personen mit Symptomen nur von Spezialkrankenhäusern getestet und behandelt werden – die jedoch nicht zwingend den restlichen Krankenhausbetrieb einstellten.

Einige stationäre oder auch Online-Händler versuchten, mit Wucherpreisen die hohe Nachfrage nach Masken, Desinfektionsmittel und zum Teil auch Lebensmitteln auszunutzen. Dies wurde jedoch schnell von Regierungen auf allen Ebenen unterbunden. Die Versorgung mit Masken wurde auf die unterste lokale Ebene übertragen und so sichergestellt, dass allen Einwohnern ein Mindestbestand zu geringen Preisen zur Verfügung steht.

Kindertagesstätten, Schulen und Universitäten sind weiterhin geschlossen. Seit Anfang März bieten Schulen und Universitäten Online-Unterricht an. Technisch ist dies jedoch nicht immer ganz einfach und kann insbesondere die Eltern von Grundschulkindern vor große Herausforderungen stellen. Hinzu kommt, dass E-Learning ein Smartphone oder einen PC pro Kind voraussetzt. Schließlich war auch das Lehrpersonal auf diesen neuen Kanal nicht vorbereitet und muss einen gestiegenen Arbeits- und Betreuungsaufwand bewältigen. Das Online-Angebot hat aber auch durchaus positive Effekte: So wird berichtet, dass die Kinder ärmerer Familien oder in ländlichen Gebieten auf diesem Weg teilweise erstmals einen Zugang zu qualitativ hochwertigen Lehrinhalten finden konnten.

Die chinesische Industrieproduktion lag in den Monaten Januar und Februar 2020 circa 13,5 Prozent unter den Vorjahreswerten, und der Einzelhandel setzte etwa 20,5 Prozent weniger um.

Auch wenn von einheimischen Händlern und Kleinunternehmen kaum Beschwerden in der Öffentlichkeit publik wurden, hat der Zwangsstopp zu einer Pleite- und Entlassungswelle geführt. Lokale und zentrale Regierungsinstanzen haben daher aktive Unterstützungsmaßnahmen in die Wege geleitet, beispielsweise in Form von Miet- und Pachtminderungen – zum Teil sogar in Höhe von 100 Prozent – sowie von Stundungen der Sozialversicherungsbeiträge. Gleichzeitig gibt es aber auch Berichte von fehlender Unterstützung in anderen Regionen.

Um sicherzustellen, dass Unternehmen geschlossen blieben, musste die Wiederaufnahme der Produktion individuell beantragt werden. Hier wird vielfach von regional sehr unterschiedlichen und komplexen Prozessen mit hohen Hürden berichtet. Diese sehr unterschiedlichen Regeln erschwerten und erschweren aber auch den Warenaustausch und den Zugang des Personals zur Arbeitsstelle. So konnte in Wuhan die Arbeit unter Auflagen zwar wieder aufgenommen werden, doch durften die Arbeiter nach Betreten der Fabrik aus Infektionsschutzgründen nicht mehr zu ihren Familien zurückkehren, was im Falle eines Fehlens von ausreichenden Unterkünften auf dem Firmengelände eine Wiederaufnahme der Arbeit faktisch unmöglich machte.

Die chinesische Industrieproduktion lag in den Monaten Januar und Februar 2020 circa 13,5 Prozent unter den Vorjahreswerten, und der Einzelhandel setzte etwa 20,5 Prozent weniger um. Das Coronavirus hat damit zum stärksten wirtschaftlichen Einbruch der jüngeren Geschichte der Volksrepublik China geführt. Jetzt liegen die Hoffnungen auf dem Wiederanlaufen der Produktion. Doch angesichts der weltweiten Verbreitung des Virus ist fraglich, wann dies geschehen kann und in welchem Maße die chinesische Wirtschaft vom Einbruch der weltweiten Nachfrage betroffen sein wird. Damit geraten Unternehmen, Arbeitsplätze und Arbeitnehmer auch längerfristig unter Druck. Es braucht also neben Einzelmaßnahmen zur Stabilisierung von Unternehmen und zum Ankurbeln der Binnennachfrage eine gesamtwirtschaftliche Strategie. Es ist zu hoffen, dass eine solche zeitnah auf nationaler Ebene Form annimmt.

Der Schutz von Whistleblowern muss gestärkt werden, zumindest müssen aber sichere Kanäle zur Informationsweitergabe aufgebaut werden.

Auch wenn mit Ausnahme der Provinz Hubei das nationale Gesundheitssystem gemäß offiziellen Verlautbarungen mit der Anzahl an Infektionsfällen umgehen konnte, sind die Krisenkapazitäten sicherlich in der kommenden Zeit weiterzuentwickeln. Dies gilt insbesondere, da verschiedene Stimmen bereits vor der Krise auf Versorgungsengpässe und -lücken nicht nur in ärmeren Regionen hingewiesen haben.

Die dynamische Entwicklung der Ereignisse bei gleichzeitig unklarer Datenlage, die Existenz von zeitweilig symptomlosen, aber dennoch ansteckenden Krankheitsträgern und die zeitversetzten Maßnahmen der Regierungen haben in der Bevölkerung verständlicherweise eine große Verunsicherung hervorgerufen. Das hat durch die aktuellen Kommunikationsmöglichkeiten zu mehr Fake News, einer Informationspandemie und zum gegenseitigen Überbieten mit den reißerischsten Thesen geführt. Dies erfordert von Medien und Regierungsstellen stärker datengestützte Informationsangebote, aber auch eine andere Nutzung, Bewertung und Gewichtung von Informationen durch alle Beteiligte.

Im Kampf gegen die Pandemie ist ein frühzeitiges Aufspüren, rückhaltloses Berichtswesen, fokussiertes Handeln und kontinuierliches Nachsteuern erforderlich. Der Schutz von Whistleblowern muss gestärkt werden, zumindest aber müssen sichere Kanäle zur Informationsweitergabe aufgebaut werden. Begleitet werden muss dies mit einer frühzeitigen und möglichst sachlichen offiziellen Informationspolitik, um Ängsten, Missverständnissen aber auch Verschwörungstheorien vorzubeugen oder diese zu entkräften.

Effizienz ist neu zu bewerten. Die Krise hat gezeigt, dass eine einseitige Ausrichtung aller Prozesse in Wirtschaft, Politik und Verwaltung auf Effizienz mittel- und langfristig hohe Kosten erzeugt. Versorgungssicherheit und Resilienz müssen stärker gewichtet werden, gegebenenfalls inklusive neuer Finanzierungsmöglichkeiten. Dies erfordert aber auch eine Anpassung der Anreizmechanismen.

Chinas Wirtschaft ist im Umbruch. Bei vielen der in den letzten Jahren entstandenen neuen Jobs handelt es sich gerade in innovativen Branchen nicht um feste Arbeitsstellen, sondern um (Schein-)Selbstständigkeit. In Krisenzeiten stehen Selbstständige vor besonderen Herausforderungen, besonders wenn ihr Einkommen schon normalerweise kaum ausreicht, um den Lebensunterhalt zu decken. Wirtschaft und Arbeit zu stabilisieren heißt also, nicht nur günstige Konditionen für Unternehmen vorzuhalten oder Instrumente zu entwickeln, die die Nachfrage stabilisieren. Notwendig sind Antworten auf die Fragen, wie sich in der post-Corona-Zeit sicherstellen lässt, dass Arbeit zu einem adäquaten Einkommen führt und wie Risiken wie Arbeitslosigkeit und Krankheit für alle Menschen abgesichert werden können.