Es wäre dumm, bereits jetzt das Ende der Regierung von US-Präsident Donald Trump zu feiern, aber es ist nicht zu früh, um ihre Folgen für das internationale Wirtschaftssystem einzuschätzen, wenn sein demokratischer Herausforderer Joe Biden im November die Wahl gewinnen sollte. In manchen Bereichen würde eine einzige Amtszeit Trumps wahrscheinlich kaum Spuren hinterlassen, die Biden nicht leicht wieder auslöschen könnte. Aber in vielen anderen könnten die letzten vier Jahre durchaus ein Wendepunkt gewesen sein. Vor allem der lange Schatten von Trumps Außenpolitik könnte seinem möglichen Nachfolger noch schwer zu schaffen machen.
Was den Klimawandel betrifft, könnte Trumps trostloses Erbe schnell rückgängig gemacht werden. Biden hat versprochen, dem Pariser Klimaabkommen von 2015 „am ersten Tag“ seiner Regierungszeit wieder beizutreten, bis 2050 Klimaneutralität zu erreichen und sich an die Spitze einer globalen Koalition zum Kampf gegen den Klimawandel zu stellen. Wenn dies geschieht, wird Trumps lautstarke Leugnung wissenschaftlicher Tatsachen lediglich als kleiner Ausrutscher in Erinnerung bleiben.
In überraschend vielen Bereichen hat Trump zu wenig getan oder zu ziellos agiert, um einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen. Die weltweite Regulierung der Finanzsysteme hat sich während seiner Amtszeit nicht grundlegend verändert, und auch beim Kampf gegen Steueroasen hatte seine Regierung keinen klaren Kurs. Der Internationale Währungsfonds und die Weltbank konnten ihre Arbeit mehr oder weniger reibungslos fortsetzen, und Trumps wütende Tweets haben die Federal Reserve der USA nicht davon abgehalten, weiterhin verantwortlich zu handeln und unter anderem während der Covid-19-Krise wichtigen internationalen Partnern Dollarliquidität zur Verfügung zu stellen. Sicherlich hat Trump wiederholt internationale Gipfeltreffen ruiniert und seine ausländischen Kollegen vor den Kopf gestoßen. Aber dieses Verhalten war eher peinlich als folgenschwer.
Für seine Handelspolitik wird Trump in Erinnerung bleiben. Hauptsächlich drei Ziele fallen ins Auge: die Rückholung der Produktion in die USA, eine Neuausrichtung der Welthandelsorganisation und die wirtschaftliche Abkopplung von China.
Für seine Handelspolitik wird Trump allerdings in Erinnerung bleiben. Obwohl es immer schon schwierig war, die tatsächlichen Absichten dieser derart streitsüchtigen Regierung zu erkennen, fallen hauptsächlich drei Ziele ins Auge: die Rückholung der Produktion in die USA, eine Neuausrichtung der Welthandelsorganisation und die wirtschaftliche Abkopplung von China. All diese Ziele werden Trump wohl zumindest teilweise überdauern.
Noch vor vier Jahren wirkte die Rückholung der Produktion ins Inland wie eine teure Fantasie, was sie in vielerlei Hinsicht auch immer noch ist. Wie Chad Bown, mein Kollege vom Peterson Institute dokumentiert hat, hat Trump mit seinem chaotischen weltweiten Handelskrieg den wirtschaftlichen Interessen der USA oft geschadet. Aber als durch die Pandemie die Nachteile klar wurden, die eine ausschließliche Abhängigkeit von nur einer globalen Bezugsquelle mit sich bringt, wurde die Rückholung der Produktion als politisches Ziel mit neuem Leben gefüllt. Biden hat diese Idee jetzt übernommen, und die „wirtschaftliche Souveränität“, was auch immer das sein mag, ist nun weithin als neues Mantra anerkannt.
Außerdem behauptet US-Handelsvertreter Robert Lighthizer, ein Schwerpunkt der Regierung sei ein „Neustart“ der WTO. Wenn das stimmt, hat sie dabei einige Fortschritte gemacht. Mit der Nachsicht der WTO gegenüber den staatlichen Subventionen und dem schwachen Schutz der Eigentumsrechte in China sind die USA schon lange unzufrieden, und diese Einschätzung wird nun auch von den anderen G7-Ländern geteilt. Außerdem wird weitgehend akzeptiert, dass einige der US-Einwände gegen die Streitschlichtungsverfahren der WTO (und insbesondere den sogenannten Appellate Body) berechtigt sind. Aber ob dieser Streit durch einen „Neustart“ oder gar die Auflösung des multilateralen Handelssystems endet, bleibt abzuwarten.
Vielleicht hat Trump lediglich eine Spaltung verstärkt, die bereits im Gange war. Aber was auch immer der Grund für die Entkopplung war, es wird keine Rückkehr zum Status Quo geben.
Der größte Wendepunkt sind die Beziehungen zwischen den USA und China. Obwohl die bilateralen Spannungen bereits vor Trumps Wahl im Jahr 2016 offensichtlich waren, sprach damals noch niemand von einer „Entkopplung“ der beiden Länder, die wirtschaftlich und finanziell inzwischen eng miteinander verbunden waren. Vier Jahre später hat diese Entkopplung an mehreren Fronten begonnen – von der Technologie über den Handel bis hin zu den Investitionen. Heute werden die bilateralen wirtschaftlichen Verbindungen sowohl von den Republikanern als auch den Demokraten in den USA durch eine geopolitische Brille betrachtet.
Vielleicht hat Trump lediglich eine Spaltung verstärkt, die bereits im Gange war. Für das autoritäre Muskelspiel des chinesischen Präsidenten Xi Jinping ist er nicht verantwortlich, und auch die „Belt and Road“-Initiative, Chinas massives transnationales Infrastruktur- und Kreditprogramm, hat er nicht erfunden. Aber er war es, der die sorgfältig ausgewogene China-Strategie seines Vorgängers Barack Obama verworfen und eine brutale, konfrontative Haltung eingenommen hat, die einer anderen Entwicklung der Ereignisse keinerlei Raum ließ. Aber was auch immer der Grund für die Entkopplung war, es wird keine Rückkehr zum Status Quo geben.
Einer Biden-Regierung würde es auch schwer fallen, die Verbindungen zu US-Verbündeten, gleichgesinnten Demokratien und Partnern in aller Welt zu erneuern. Vor Trumps Präsidentschaft hatten sich weite Teile der Welt daran gewöhnt, die USA als größten Gestalter des internationalen Wirtschaftssystems zu betrachten. Wie Adam Posen, ebenfalls vom Peterson Institute, argumentiert, waren die USA eine Art Dauervorsitzender eines weltweiten Vereins, dessen Regeln sie zwar größtenteils aufgestellt hatten, an die sie sich aber auch selbst halten mussten. Die USA konnten sich auf Rechte berufen, waren aber auch durch Pflichten gebunden, und um die Regeln zu ändern, mussten sie einen Konsens finden.
Auf jeden Fall wurde es den amerikanischen Verbündeten durch Trumps merkwürdiges Verhalten erleichtert, schwere Entscheidungen zu verschieben. Dies scheint insbesondere für Europa zu gelten.
Trumps Markenzeichen war es, diesen Ansatz abzulehnen und alle anderen Länder als Wettbewerber oder Gegner zu betrachten. Sein übergeordnetes Ziel lag darin, den Profit zu maximieren, den die USA aus ihrer immer noch dominanten wirtschaftlichen Position schlagen konnten. Mit „America First“ hat er sich ausdrücklich dafür eingesetzt, die nationalen Interessen eng zu definieren.
Selbst wenn die USA unter Biden bereit wären, glaubwürdige internationale Verpflichtungen einzugehen, könnte sich die amerikanische Perspektive dauerhaft verändern. Die ehemalige Trump-Beraterin Nadia Schadlow argumentierte kürzlich, Trumps Amtszeit werde als der Moment in Erinnerung bleiben, in dem die Welt vom bisherigen unipolaren Paradigma abgerückt und zu einem anderen System übergegangen sei, das auf dem Wettbewerb der Großmächte beruht.
Dass Biden, wenn er gewinnt, das Vertrauen der internationalen Partner Amerikas wiedergewinnen kann, ist keineswegs sicher. Trotz all ihrer Fehltritte könnte Trumps Präsidentschaft darauf hindeuten, dass die USA intensiver auf die veränderte wirtschaftliche Machtverteilung zwischen den Ländern reagieren und den Widerstand der Amerikaner gegen die ausländischen Verantwortlichkeiten berücksichtigen, die das Land seit einem Dreivierteljahrhundert auf sich genommen hat. Der traditionelle Glaube der Freunde und Wirtschaftspartner der USA, dass die Amerikaner, wie Winston Churchill angeblich gesagt hat, „letztlich das Richtige tun“, könnte vorbei sein.
Auf jeden Fall wurde es den amerikanischen Verbündeten durch Trumps merkwürdiges Verhalten erleichtert, schwere Entscheidungen zu verschieben. Dies scheint insbesondere für Europa zu gelten. Die USA unter Biden könnten den meisten europäischen Partnern als vertrauter Partner erscheinen. Bitten die USA die Europäer allerdings, sich bei der Konfrontation mit China auf ihre Seite zu stellen, könnte Europa möglicherweise den Moment der Entscheidung nicht weiter hinauszögern.
Aus dem Englischen von Harald Eckhoff
(c) Project Syndicate