Vereinigte Staaten

Der Monat März wird entscheidend sein für den Erfolg der Impfstrategie in den USA. Dieser begann mit guten Nachrichten, ein dritter Impfstoff wurde gerade von der Food and Drug Administration in den USA zugelassen. Der neue Impfstoff des US-Pharmakonzerns Johnson & Johnson bietet den Vorteil, dass er einfacher zu verwenden und zu lagern ist. Eine einzelne Impfung reicht aus und er benötigt keine spezielle Kühlung. Das Unternehmen wird voraussichtlich bis Ende des Monats 20 Millionen Impfdosen ausliefern.

Inzwischen wurde bekannt, dass der Konzern Merck dem Rivalen Johnson & Johnson bei der Produktion von Impfstoff helfen wird. Den Deal habe das Weiße Haus vermittelt, so meldete die Washington Post. Auch die Impfstofflieferung der anderen Hersteller Pfizer-Biontech und Moderna werden in diesem Monat deutlich zunehmen. Zusammen bedeutet dies, dass die USA bis Ende März genügend Impfstoff zur Verfügung haben werden, um etwa 130 Millionen Amerikanerinnen und Amerikaner zu impfen, etwa 40 Prozent der Gesamtbevölkerung.

Seitdem Joe Biden Präsident ist und die Bekämpfung der Pandemie zur Chefsache gemacht hat, kann die Machernation USA ihre Kräfte entfalten. Ziel ist es, Impfweltmeister zu werden. Dabei werden keine Kosten und Mühen gescheut. Die Biden-Administration ist unter Erfolgsdruck, daher werden seit dem 20. Januar die ganze Macht und die gesamten Ressourcen der US-Bundesregierung zur Bekämpfung der Pandemie genutzt. Zur besseren Koordinierung berief der Präsident eine Coronavirus-Response Taskforce ein. Als eine der ersten Amtshandlungen nach seiner Vereidigung unterschrieb Biden eine präsidentielle Verfügung, die den Austritt der USA aus der Weltgesundheitsorganisation rückgängig macht, zudem zehn weitere Verfügungen zur Bekämpfung der Pandemie.

Nur bei drei Millionen Impfungen pro Tag wäre das Land der rasanten Ausbreitung neuer Varianten voraus.

Er ordnete unter anderem die Einführung von Masken in öffentlichen Verkehrsmitteln an und aktivierte den „Defense Production Act“, um Unternehmen zu zwingen, Materialien wie N95-Masken und Schutzkleidung herzustellen, die zur Bekämpfung der Pandemie benötigt werden. Das Impfprogramm hatte von Beginn an Priorität, da es für die USA die einzige Chance darstellt, die Pandemie endlich in den Griff zu bekommen. Schnell werden neue Impfzentren geschaffen, Personal rekrutiert und auch neue Partnerschaften zwischen der öffentlichen Hand und der Wirtschaft geschaffen, sogenannte Public Private Partnerships, so zum Beispiel mit der Apothekenkette CVS. Und auch das Militär kommt da, wo es notwendig ist, zum Einsatz.

Bereits Anfang dieser Woche hatten 51,8 Millionen Amerikanerinnen und Amerikaner eine Impfung erhalten, davon 26,2 Millionen bereits die zweite Dosis. Damit sind aktuell 15,6 Prozent der Bevölkerung teilweise und 7,9 Prozent voll geimpft – etwa drei Mal so viele wie in Deutschland. Täglich werden mehr als 1,8 Millionen Impfdosen verabreicht. Damit hat Präsident Biden sein selbst gestecktes Ziel von mindestens einer Million Impfdosen pro Tag bereits übertroffen. Die Food and Drug Administration hatte schon im Dezember 2020 die ersten beiden US-Notfallzulassungen für Covid-19-Impfstoffe von Pfizer-Biontech und Moderna erteilt.

Astra Zeneca ist zwar noch nicht in den USA zugelassen, aber auch ohne das vierte Vakzin werden den USA ab April täglich mindestens drei Millionen Impfdosen zur Verfügung stehen. Insgesamt strebt die Biden-Regierung die Verabreichung von 28 Millionen Impfdosen wöchentlich an. Das ist notwendig, denn nur bei drei Millionen Impfungen pro Tag könnte das Land der rasanten Ausbreitung neuer Varianten voraus sein. So zumindest sagen es Modellrechnungen von Wirtschaftsnobelpreisträger Paul Romer voraus.

Freilich gibt es auch Probleme bei der massiven Ausweitung des Impfprogramms. Gerade werden sehr große Impfzentren in den urbanen Ballungsgebieten geschaffen, in denen tausende Impfwillige am Tag – oft ohne das Auto zu verlassen – geimpft werden können. Fraglich ist nur, wie die erreicht werden sollen, die sich nicht gerne impfen lassen wollen oder die einfach nicht gut informiert sind. Und ähnlich wie in Deutschland haben Metropolen wie Washington D. C. auch mit technischen Hürden bei der Terminvergabe zu kämpfen. Es soll nicht der Eindruck entstehen, dass bestimmte Teile der Bevölkerung bevorzugt oder benachteiligt werden.

Schon jetzt wird deutlich, dass die Impfquoten nicht weißer Amerikanerinnen und Amerikaner proportional niedriger sind und sich die soziale Ungleichheit beim Impfen fortsetzt. Deshalb wird an Konzepten gearbeitet, wie auch Gegenden erreicht werden können, wo es besonders schlecht um die medizinische Infrastruktur oder um die Bereitschaft zum Impfen steht. Parallel wird weiter an neuen Impfstoffen für Jugendliche und Kinder geforscht. Um Herdenimmunität herzustellen, muss der allergrößte Teil der Gesamtbevölkerung geimpft werden. Hält das gegenwärtige Tempo bei den Impfungen an, könnte bis zum Sommer tatsächlich die Mehrheit der Amerikanerinnen und Amerikaner geimpft worden sein. Präsident Biden kündigt am heutigen Dienstag an, dass bis Ende Mai jeder Erwachsene in den USA, der dies möchte, geimpft sein kann. Bisher hat der Präsident auf seine Worte auch Taten folgen lassen.

Knut Dethlefsen, FES Washington
 

Dänemark

Dänemark ist der Spitzenreiter bei den Corona-Impfungen innerhalb der Europäischen Union. Die Pflegeheime sind inzwischen komplett geschützt. Rund eine halbe Million Impfungen wurden getätigt. Das entspricht 8,34 Impfdosen pro 100 Einwohner. Die dänische Regierung setzt darauf, so vielen Menschen wie möglich die erste Dosis zu verabreichen, während in anderen Ländern Ampullen für die zweite Impfung zurückgehalten werden. Außerdem wird je nach Vakzin die Zeit bis zur zweiten Impfung gestreckt und so viel wie möglich aus den Arzneifläschchen entnommen, sodass bis zu sieben Dosen aus einer Ampulle gezogen werden.

Bis Ende Juni will die dänische Regierung die gesamte Bevölkerung geimpft haben oder zumindest allen ein entsprechendes Angebot unterbreiten. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen allerdings täglich bis zu 100 000 Impfungen verabreicht werden. Die Impfkampagne und ein enormer Druck aus der Bevölkerung haben die dänische Regierung jetzt zu Lockerungen in der Corona-Politik veranlasst. Geschäfte dürfen wieder öffnen. Zoos und Freilichtmuseen lassen Besucher ein, wenn sie einen negativen Corona-Test nachweisen können. Auch Sport mit bis zu 25 Leuten wird wieder möglich. Schülerinnen und Schüler dürfen in den Präsenzunterricht, wenn sie zwei Tests in einer Woche mit negativem Ergebnis haben.

Obwohl die britische, ansteckendere Variante des Virus in Dänemark die Oberhand gewonnen hat, geht die dänische Regierung diesen Weg der Lockerungen. Die Corona-Müdigkeit in der Bevölkerung zwingt sie augenscheinlich dazu, auch wenn der Preis recht hoch sein könnte. In Dänemark rechnet man nun bewusst bis Mitte April mit knapp 900 Corona-Patienten, die im Krankenhaus behandelt werden müssen. Das sind vier Mal mehr als aktuell. Die Premierministerin nennt diesen Weg die Politik des „kalkulierten Risikos“, die eine dritte Welle in Kauf nimmt, solange das Gesundheitssystem standhält. Sie will damit weg vom Vorsorgeprinzip, bei dem es darum geht, möglichst viele Infektionen zu verhindern. Die fortschreitenden Impfungen verschaffen ihr politischen Rückenwind.

In Dänemark rechnet man nun bewusst mit einer deutlich höheren Zahl von Corona-Patienten, die im Krankenhaus behandelt werden müssen.

Organisiert wird die Impf-Reihenfolge durch die fünf Regionen Dänemarks, die jedoch unter der Fachaufsicht der Gesundheitsbehörde stehen, die zum nationalen Gesundheitsministerium gehört. Alle Geimpften werden in einer Datenbank des staatlichen Serum-Instituts erfasst. Termine gibt es über die digitale Personennummer und die E-Krankenakte, die jede Dänin und jeder Däne hat, ebenso alle, die ein Aufenthaltsrecht in Dänemark haben. Mit diesen Daten werden den Versicherten Angebote für eine Impfung gemacht. Die Terminvergabe erfolgt digital über die zentrale Website vacciner.dk.

Geimpft wird in Dänemark in 30 Impfzentren oder direkt in Pflegeheimen. Da Letztere inzwischen versorgt sind, können nach der Impfung der Risikogruppen auch niedergelassene Ärzte und Ärztinnen die Spritzen verabreichen. Auch in Apotheken darf die allgemeine Bevölkerung geimpft werden. Außerdem können die Firmen ihre Belegschaften impfen. Dass die elektronische Personennummer und die digitale Krankenakte nicht unfehlbar sind, zeigte die Anfangsphase der Kampagne. Zu viele Impfangebote wurden verschickt. Die daraus resultierende starke Nachfrage nach Terminen legte den Zugang zur zentralen Website für die Terminvergabe vorübergehend lahm. Abgesehen davon profitiert das Land jedoch von seiner digitalen Infrastruktur im Gesundheitswesen. Die Behörden können auf die digitalen Patientenakten zurückgreifen, um die Risikogruppen zu klassifizieren.

Jede Person, die in Dänemark gegen das Corona-Virus geimpft wird, soll einen digitalen Impfausweis erhalten. Der E-Impfpass war schon in Vorbereitung, seine Einführung soll nun beschleunigt werden. Auch wenn mit dem Nachweis einer Impfung keine Privilegien verbunden sein sollen, entspinnt sich in Dänemark wie in Deutschland eine Debatte um „Impf-Privilegien“. Einige Wirtschaftsbereiche hoffen, dass mit diesem E-Impfpass das öffentliche Leben in Dänemark wieder zur Normalität zurückkehren wird. Die ersten Profiteure des digitalen Impfpasses stehen zumindest schon fest: Auslandsreisen für Geschäftsleute sollen damit erleichtert werden.

Philipp Fink, FES Nordische Länder

Chile

In Chile soll die Pandemie bis Mitte 2021 überwunden sein. Das Land blickt – trotz aktuell hoher Ansteckungsraten und voller Krankenhäuser – optimistisch in die Zukunft. Denn es gehört derzeit zu den Impf-Champions auf der Welt und liegt nicht nur weit vor seinen Nachbarn Argentinien (1,6 Prozent) und Brasilien (3,4 Prozent), sondern auch vor vielen europäischen Ländern und Deutschland. In Chile gelang es im Februar, in nur 21 Tagen mehr als drei Millionen Menschen und damit 16 Prozent der chilenischen Bevölkerung die erste Dosis zu verabreichen. Ziel der konservativen Regierung von Sebastian Piñera ist es, 80 Prozent der Chileninnen und Chilenen bis Juni zu impfen und damit Herdenimmunität zu erreichen. Bereits heute sind alle über 60-Jährigen geimpft.

Wie lässt sich der Impferfolg in Chile erklären? Es gab von Anfang an eine klare Impfstrategie. Es gibt zudem klare Zuständigkeiten: Seit Mai 2020 ist ein Sonderbeauftragter der Regierung für die Verhandlungen mit Labors und dem Einkauf von Impfstoff weltweit zuständig. Er untersteht direkt dem Präsidenten und hat das Mandat, auf Diversifizierung zu setzen. Chile kaufte daher Impfstoffe bei verschiedenen Herstellern ein (20 Prozent Biontech-Pfizer, 60 Prozent Sinovac, 20 Prozent Astra Zeneca).

Durch wissenschaftliche Kooperationen schaffte die Regierung schnell Vertrauen in die Impfstoffe. Alle Impfstoffe, die zum Einsatz kommen, wurden 2020 in klinischen Studien in Chile getestet. Chilenische Akademikerinnen arbeiteten eng mit den zuständigen ausländischen Laboratorien zusammen und besuchten auch deren Entwicklungsstätten in China, Europa und den USA. Darüber haben Politiker und Medien viel berichtet. Die Bevölkerung hat daher ein großes Vertrauen in die Impfstoffe, die als „chilenisch getestet“ gelten, die Impfbereitschaft ist hoch, die Zahl der Impfgegner und Corona-Leugner hingegen gering.

Die Impfung von Lehrerinnen und Erziehern hat übrigens größte Priorität. Bis zum 1. März haben bereits alle aus dieser Gruppe die erste Dosis erhalten.

Chile verfügt über Finanzreserven und konnte schnell ein Budget von 300 Millionen US-Dollar für den Impfstoffeinkauf bewilligen. Zudem finanzierte Chile die klinischen Testsder Impfstoffe im eigenen Land und erhielt im Gegenzug eine Bevorzugung beim Einkauf.

Es gibt einen kohärenten politischen Diskurs und eine klare Kommunikationsstrategie. Diese lautet: „Die Impfstoffe sind sicher“; „Mich impfen zu lassen ist Ausdruck meiner Solidarität mit meinen Mitmenschen und mein Beitrag, um unser aller Leben zu schützen“. Präsident, Ministerinnen und Medien sprechen beim Thema „Corona“ mit einer Stimme, es gibt keine öffentliche Verwirrung. Wöchentlich wird ein aktualisierter Impfkalender bekannt gegeben. Beinahe jeder Chilene und jede Chilenin weiß bereits, wann sein/ihr Impfdatum ist. Die Impfung von Lehrerinnen und Erziehern hat übrigens größte Priorität. Bis zum 1. März haben bereits alle aus dieser Gruppe die erste Dosis erhalten.

Es gelang schnell, eine effiziente landesweite Logistik aufzubauen: Mit der Einrichtung der Impfzentren und der Entwicklung des Impfkalenders wurde das staatliche Institut für öffentliche Gesundheit beauftragt. Ohne viel Bürokratie eröffnete es in dem 5 000 Kilometer langen Land rund 1 300 Impfzentren in derzeit nicht genutzten Sporthallen, Theatern sowie in öffentlichen Einrichtungen. Täglich können dadurch bis zu 80 000 Menschen in Chile geimpft werden.

Chile ist damit auf einem guten Weg. Dennoch bestehen weiterhin zwei große Risiken. Bis Juni hat das Virus noch sehr viel Zeit, sich auszubreiten. Auch im derzeitigen chilenischen Hochsommer ist die Ansteckungsrate hoch und die Intensivbetten sind zu 95 Prozent belegt. Die Gefahr einer erneuten gesundheitlichen Katastrophe vor Erreichung der Herdenimmunität ist real. Zudem ist unklar, wie viel Sicherheit der in Chile hauptsächlich verwendete Impfstoff des chinesischen Herstellers Sinovac im Falle der neuen Mutationen bietet. Bislang belegen Studien einen 52-prozentigen Schutz vor dem „herkömmlichen“ Coronavirus.

Simone Reperger, FES Santiago de Chile