Die diesjährige Weltklimakonferenz COP26 in Glasgow war mit einer kraftvollen und wenig diplomatischen Ermahnung des UN-Generalsekretärs zu mehr Kompromissbereitschaft angesichts des rasanten Klimawandels gestartet. Doch die Staaten zeigten sich davon weitgehend unbeeindruckt. Weder Appelle wie dieser noch die wissenschaftlichen Berichte des Weltklima- und Weltbiodiversitätsrates vermögen es, eine Kursänderung beim dominanten Wirtschaftsmodell zu bewirken, das auf Raubbau basiert und durch Subventionen für umweltfeindliche Technologien sogar noch gefördert wird. Ein Beispiel für diese verfehlten Strategien ist die Einführung der Krypto-Währung Bitcoin als gesetzliches Zahlungsmittel in El Salvador.

Dank der demagogischen Ausbrüche von Präsident Nayib Bukele bekommt El Salvador derzeit einige internationale Aufmerksamkeit. Um sich autoritär die totale Kontrolle zu sichern, hat Bukele die Rechtsstaatlichkeit El Salvadors untergraben, die Demokratie geschwächt und staatliche Leistungen abgebaut. Dies hat zu schweren Rückschlägen im Bereich der Menschenrechte geführt.

Im Juni 2021 stellte Bukele einen Gesetzesentwurf in Aussicht, um die Kryptowährung Bitcoin als legales Zahlungsmittel einzuführen. Die verbündeten Parteien billigten die Initiative. Mit großem Tamtam wurde zudem verkündet, dass El Salvador als erstes Land der Welt Energie aus Erdwärme für das sogenannte Mining von Bitcoins nutzen würde. Allerdings gab es ernsthafte Zweifel bezüglich der Umsetzung, insbesondere weil die Regierung wie üblich keine offiziellen Details zur Maßnahme und den wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Machbarkeitsstudien veröffentlichte.

Mit großem Tamtam wurde verkündet, dass El Salvador als erstes Land der Welt Energie aus Erdwärme für das sogenannte Mining von Bitcoins nutzen würde.

Digitale Währungen, von denen Bitcoin die bekannteste ist, tauchten erstmals um 2008 auf und entwickelten sich zu einem schnell wachsenden Trend. Mögliche negative Auswirkungen auf die Umwelt wurden dabei nicht berücksichtigt. Eines der Hauptprobleme bei dieser Technologie ist der hohe Energieaufwand. Beim Wettbewerb um die Erzeugung gültiger Blöcke in der sogenannten „block chain“ werden Unmengen an Strom verbraucht. Der Energiebedarf übersteigt sogar den ganzer Länder wie Finnland, der Schweiz oder Argentinien. Der Jahresverbrauch für das „Schürfen“ von Bitcoin ist etwa 14,3 Mal höher als der El Salvadors.

Bitcoins sind auf eine fixe Gesamtmenge von 21 Millionen Einheiten limitiert. Davon waren 2019 bereits 85 Prozent „geschürft“ und im Umlauf. Der Wettbewerb um die restlichen Coins steigt und damit auch der Stromverbrauch und die Energieverschwendung. Da erneuerbare Energiequellen nicht stabil genug nutzbar sind, um den ununterbrochenen Betrieb der Technologie aufrechtzuerhalten, läuft der Wettbewerb kurzfristig auf eine Umweltkatastrophe hinaus. Denn: Die billigste und verlässlichste Energieversorgung stammt letztendlich aus der Kohle und anderen fossilen Brennstoffen. Das Vorantreiben von Bitcoin ist somit kontraproduktiv für die Erfüllung der im Pariser Abkommen und in der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen eingegangenen Verpflichtungen.

Das Bitcoin-Mining in El Salvador ist geradezu absurd. Das Land importiert 21,8 Prozent der zur Deckung seines Bedarfs benötigten Energie. Und dabei haben mindestens 12 von 100 Haushalten keinen direkten Stromanschluss. Die geothermische Energie, mit der laut Bukele El Salvador als erstes Land Bitcoins „schürfen“ soll, ist die zweitwichtigste Energiequelle des Landes und könnte als erneuerbare Energie betrachtet werden. Aber Angebot und Nachfrage stehen bei der Erdwärme in keinem Verhältnis. Tatsächlich verstärkt die Nutzung dieser Energie für das Mining von Bitcoins die soziale Ungleichheit beim Zugang zu Energie. Und Energieversorgung ist zwar noch nicht als ein Recht anerkannt, wird aber sehr wohl von den verarmten Gemeinden als solches beansprucht.

Da erneuerbare Energiequellen nicht stabil genug nutzbar sind, um den ununterbrochenen Betrieb der Technologie aufrechtzuerhalten, läuft der Wettbewerb kurzfristig auf eine Umweltkatastrophe hinaus.

Die Errichtung der ersten Anlage („Farm“) für das Bitcoin-Mining in El Salvador erforderte den Erwerb von geeigneter Hardware und die Anpassung der Infrastruktur. Dies geschah ohne Transparenz bzw. auf illegale Weise: Ausschreibungsverfahren wurden schlichtweg umgangen. Laut Informationen, die aus sozialen Netzwerken durchsickerten, besitzt die Farm mindestens 300 Computer mit ASIC-Ausstattung. Das sind die sogenannten ASIC-Miner, die am häufigsten zum „Schöpfen“ von Bitcoins verwendet werden. Ihr Grundpreis liegt bei 4 000 US-Dollar und ihre Lebensdauer ist mit höchstens 6 bis 12 Monaten relativ kurz. Auch dies stellt natürlich ein Umweltproblem dar. Im Jahr 2019 wurden allein in El Salvador 35,8 Kilotonnen Elektromüll erzeugt. Mit dem Betrieb der Farm wird sich diese Zahl verdoppeln. Weltweit wird der durch das Mining von Bitcoin erzeugte Elektroschrott den ökologischen Fußabdruck erheblich vergrößern. Das ist ein Affront für die Einhaltung internationaler Verpflichtungen zum Klimawandel und zum Umweltschutz.

Aufgrund der Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage ist die soziale Situation El Salvadors gegenwärtig dramatisch. Die Regierung schiebt das auf die Corona-Pandemie, doch die Bevölkerung empfindet es als einen Verlust ihrer Rechte: Der Staat sei abwesend und vernachlässige seine Pflichten gegenüber den Bürgern und der Umwelt. Diese Untätigkeit steht in krassem Gegensatz zu den Investitionen von mindestens 1,2 Millionen US-Dollar in die Ausrüstung für das Bitcoin-Mining. Zum Vergleich: Das ist das Äquivalent von rund 3 688 monatlichen Mindestlöhnen in Industrie und Handel oder 4 401 in der Zuckerrohr-Produktion.

Bitcoin-Mining ist ein Luxus, den sich dieses arme Land nicht leisten kann und auch nicht sollte.

Bitcoin-Mining ist ein Luxus, den sich dieses arme Land nicht leisten kann und auch nicht sollte. Während rund um die Uhr Computer Bitcoins „schöpfen“, werden den Gemeinden ihre Rechte vorenthalten. Konkrete und wirksame Lösungen für die inländische Energieversorgung als öffentlichem Gut? Fehlanzeige. Die autoritäre Einführung der Bitcoin-Technologie ist unethisch und steht im Widerspruch zu klimafreundlicher Politik. Das Land braucht öffentliche Investitionen, die die Entwicklung der Menschen in kritischen Phasen unterstützt sowie eine starke Umweltpolitik.

Das Bitcoin-Experiment in einem Land wie El Salvador ist absurd und wird den Staat sehr teuer zu stehen kommen. Es ist keine dauerhafte Lösung für die Probleme des Landes, sondern erhält eine Kultur der Privilegien und der Straflosigkeit aufrecht, die die Menschen unterdrückt und die Natur ausbeutet. Die Logik ist pervers, das Experiment muss aufhören. Es ist dringend notwendig, entschlossen auf die Schaffung einer besseren Gesellschaft hinzuarbeiten und für einen nachhaltigen Frieden für die jetzigen und zukünftigen Generationen zu sorgen.

Aus dem Spanischen von Gabriela Pflügler