Als gemeinsame Antwort Europas auf die Covid-19-Pandemie hat die EU im April 2020 den Team-Europe-Ansatz hervorgebracht. Durch eine gemeinschaftliche Herangehensweise sollen die multiplen Krisen bewältigt werden – der Klimawandel, das weltweite Artensterben oder der russische Angriffskrieg auf die Ukraine mit seinen Folgen für Ernährungssicherheit, Energieversorgung und Rohstoffpolitik. Ziel ist es, Anstrengungen zu bündeln und einen übergreifenden Ansatz der gemeinsamen europäischen Außen- und Entwicklungspolitik zu entwickeln. Die sogenannten Team-Europe-Initiativen (TEIs) in den Bereichen Digitalisierung, Klima und Energie, Verkehr, Gesundheit sowie Bildung und Forschung verzahnen dabei konkrete Aktivitäten der EU, ihrer Mitgliedstaaten und gegebenenfalls weiterer Geber miteinander, um so die Wirksamkeit und Sichtbarkeit der europäischen Außen- und Entwicklungspolitik zu verstärken. Um diese Zusammenarbeit zu bewerkstelligen, werden auch Durchführungsorganisationen und Entwicklungsbanken einbezogen. So können die Akteure koordiniert werden und Ressourcen sowie Fachwissen gebündelt. Letztlich geht es darum, die bestmögliche Kombination von Instrumenten, Modalitäten und Partnern – zivilgesellschaftliche Organisationen oder die Privatwirtschaft – zu bestimmen.

Doch handelt es sich bei Team Europe um mehr als ein gemeinsames Etikett im europäischen Rahmen, ein neues Markenzeichen aus Brüssel, das bald an innerer Divergenz scheitert und der schnöden Realität der Vereinzelung von Themen, Ansätzen und Akteuren Platz macht? Zunächst bleibt die Attraktivität eines ganzheitlichen internationalen Auftretens festzuhalten, die auch für die deutsche internationale Präsenz lange schon ersehnt wird. Weithin agieren in Berlin die einzelnen Ressorts nach eigenen Vorgaben und Präferenzen für Partner und Handlungsfelder, die immer wieder eingeforderte Ressortabstimmung erfolgt zumeist im Nachhinein. Damit wird die Sicherung von Kohärenz auf die Auslandsvertretungen oder sogar die verschiedenen Durchführungsorganisationen abgewälzt. Unter demokratischen Gesichtspunkten ist diese Praxis nachgelagerter Kohärenzpolitik fragwürdig und lässt Deutschlands internationalen Auftritt so systematisch hinter seinen eigenen Möglichkeiten zurückbleiben.

Diese Mängel werden zum großen Hindernis für ein konsistentes Auftreten Deutschlands auf der weltpolitischen Bühne.

Nicht ohne Grund ist darauf verwiesen worden, dass dabei oftmals die Interessen der Sichtbarkeit des jeweiligen Ressorts das Interesse an „ownership“ der entwickelten Handlungsansätze bei den Partnern überlagern oder sogar erdrücken. Durch die jetzt anlaufenden Bemühungen verschiedener Ressorts, mit unterschiedlichen Ländern auf der Welt Energie-, Wasser- und Rohstoff-, Klima- und Innovationspartnerschaften zu vereinbaren, wird das Risiko der gegenseitigen Verdrängung immer größer. Einem gemeinschaftlichen Auftritt Deutschlands in der Welt ist diese Entwicklung wenig zuträglich. Es fehlen nicht nur geeignete Abstimmungsprozesse zwischen den Ministerien, auch die Gestaltung von Politik- und Finanzierungsinstrumenten sowie technischer Zusammenarbeit ist defizitär. Diese Mängel werden zum großen Hindernis für eine qualifizierte Zusammenarbeit mit Partnerländern und ein konsistentes Auftreten Deutschlands auf der weltpolitischen Bühne. Neben den traditionell aktiven Ministerien wie dem Auswärtigen Amt, dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit, dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klima, dem Umweltministerium und dem Forschungsministerium ist nun auch noch das Gesundheitsministerium aktiv geworden, das im Zeichen der Knappheit von Medikamenten internationale Produktentwicklungspartnerschaften vorantreibt.

Noch schwieriger stellt sich die Lage für die Partnerländer dar: Diese werden mit unterschiedlichen Initiativen konfrontiert, die meist aus der spezifisch deutschen Interessenlage heraus entwickelt und begründet sind. Erst im Nachgang wird versucht, die Interessen der Zielländer in das vorgegebene Format einzupassen. Eine gemeinsame Projektentwicklung mit den Partnern bleibt dabei meist ebenso auf der Strecke wie die Identifizierung von Komplementaritäten zwischen den verschiedenen Initiativen. So wäre es oftmals zwingend geboten, etwa beim Abschluss von Energie- und Rohstoffpartnerschaften, flankierende entwicklungspolitische Maßnahmen mitzudenken und als Paket in die Überlegungen mit den Partnern in Regierung und Zivilgesellschaft einzubringen. Damit würde ein großer Schritt in Richtung „joint programming“ gemacht werden. Nur eine solche Grundlage würde Deutschlands Auftritt im Ausland als Team Germany erfahrbar machen, der über eine Vertretung der jeweiligen Ministerien in der betreffenden Botschaft durch eigene Referenten hinausreicht.

Zielkonflikte zwischen den deutschen Ministerien sollten nicht den Partnern in der Welt übergestülpt werden.

Dies ist jedoch in einer von drei Parteien getragenen Bundesregierung kein einfaches Unterfangen. Leitend für ein gemeinschaftliches Vorgehen sollte es sein, dass Zielkonflikte und die damit verbundenen Reibungsverluste zwischen den deutschen Ministerien nicht den Partnern in der Welt übergestülpt werden, sondern vorrangig innerhalb des deutschen Interessengeflechts zu klären sind. Damit werden Konflikte vermieden, die für Deutschlands Partner kontraproduktiv sind. Doch sollte sich gemeinschaftliches Handeln nicht nur auf die Programmgestaltung beziehen. Betrachtet man die unterschiedlichen Instrumente der Erfolgsmessung und des Berichtswesens, die von Partnern im „Globalen Süden“ verlangt werden, so sind dort die Urteile über die Zusammenarbeit mit Deutschland recht eindeutig: Es fehlt an Abstimmung und einheitlicher Konzipierung, jede Einrichtung verfährt nach eigenen Grundsätzen und spezifischen Vorschriften, die für die zuständigen Partnerinstitutionen nicht mehr nachzuvollziehen sind. Damit steigt der bürokratische Aufwand und die Übersicht über Ziele und Prozesse geht verloren. Angesichts der geopolitischen Konkurrenz, der Deutschland in den verschiedenen Weltregionen gegenübersteht, sollte es im Eigeninteresse unseres Landes sein, einen Weg einzuschlagen, der ressortgemeinsame Verfahren in den Vordergrund stellt und damit auch die eigene Partnerqualität erhöht. Dies gilt zumal, wenn eine Beteiligung von Zivilgesellschaft und Privatwirtschaft angestrebt wird und erforderlich ist.

Was in der EU im Zeichen akuter Krisen als gemeinschaftliches Handeln angestoßen und als Team Europe auf die Gleise gesetzt wurde, ist unter dem Gesichtspunkt des außenpolitischen Auftritts Deutschlands in puncto Konkurrenz und Kohärenz dringend angebracht. Es muss darum gehen, in der außenpolitischen Rolle des Landes auch bei den in Aussicht genommenen Partnern als Team Germany aufzutreten und Pakete der Zusammenarbeit gemeinsam mit ihnen aufzusetzen, die nicht nur an der Ressortstruktur und den Ressortegoismen innerhalb der Bundesregierung ausgerichtet sind. Diese sind für andere Akteure oft nicht nachvollziehbar und für die Entwicklung von fruchtbaren Partnerschaften uninteressant. Entscheidend ist vielmehr, dass es gelingt, gemeinsame Arbeitslinien aufzustellen und diese aus der Komplementarität von Instrumenten und Verfahren heraus zu unterlegen. Damit würde Deutschland weiter vorankommen, auf dem Weg zu einer stärkeren Präsenz in der Weltpolitik mit einem attraktiven und wettbewerbsfähigen Angebot.