„Dieses Mal ist alles anders” – so drückt sich übermäßiger Optimismus auf den Finanzmärkten aus, der zur Blasenbildung und schließlich zum Crash führt. Solche Höhen und Tiefen gab es immer wieder.

Ähnliche Höhen und Tiefen habe ich auch in den 15 Jahren meiner Arbeit als Klimawissenschaftler erlebt. So kam ich zu der Überzeugung, die Ansprüche der Menschen an die globale Klimapolitik seien ebenso überzogen wie der „irrationale Überschwang“ zur Zeit der New-Economy-Blase. Ich glaubte, wir müssten akzeptieren, dass es uns Menschen an der gesellschaftlichen Organisationsfähigkeit mangelt, die zur Lösung derart komplexer Probleme wie dem Klimawandel nötig ist. Und ich fürchtete, wir alle müssten die unbequeme Wahrheit akzeptieren, dass wir lediglich das Schlimmste verhindern können – und dass es bereits ein Erfolg wäre, wenn wir die globale Erwärmung auf drei Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau begrenzen könnten.

Aber in letzter Zeit hat sich meine Einstellung geändert. Nie zuvor war ich, was die Eindämmung des Klimawandels betrifft, so optimistisch.

Seit 2007 arbeite ich im Bereich der Klimaökonomie. Damals debattierten wir über Al Gores Film Eine unbequeme Wahrheit, und der Weltklimarat (IPCC) war für den Friedensnobelpreis nominiert. Ein charismatischer neuer US-Präsident ließ hoffen, die USA könnten zu einem klimapolitischen Vorbild werden. Auf der Klimakonferenz in Kopenhagen schien eine weltweit verbindliche Einigung auf das Zwei-Grad-Ziel möglich. Man konnte einen Aufbruch spüren. So musste es sich damals in Woodstock angefühlt haben – an etwas GROSSEM beteiligt zu sein. Es war fast zu schön, um wahr zu sein. Und es war auch nicht wahr, denn danach ging alles furchtbar schief.

Auf der Klimakonferenz in Kopenhagen schien eine weltweit verbindliche Einigung auf das Zwei-Grad-Ziel möglich. Es war zu schön, um wahr zu sein.

Auf das Platzen der Immobilienblase und die Finanzkrise von 2008 folgte das spektakuläre Scheitern der Kopenhagener Klimakonferenz von 2009, auf der sich die Politiker der Welt nur darauf einigen konnten, dass sie sich zutiefst uneins waren. Die globale Klimapolitik schien zum Misserfolg verurteilt, und die Jahre danach waren von Verzweiflung geprägt. 2015 sorgte das Abkommen von Paris für neue Hoffnung, die aber bald wieder erstickte, als in den USA und in Brasilien neue Präsidenten mit fragwürdigen klimapolitischen Einstellungen gewählt wurden.

Weltweit blieben die Kohlenstoffemissionen hoch und es war kein Wendepunkt in Sicht. Der jüngste Tag schien immer näher zu rücken. Aber trotz der drohenden Katastrophe gab es inmitten der düsteren Aussichten auf eine fossile Zukunft immer mehr Lichtblicke. Immer mehr Länder begannen, ihre Energieproduktion auf erneuerbare Träger umzustellen – nicht unbedingt, weil sie sich um die Umwelt sorgten, sondern einfach deshalb, weil es sich als die billigste Art der Stromerzeugung erwies. Weltweit gingen junge Menschen auf die Straße und protestierten gegen die bestehenden Wirtschaftsstrukturen, die ihnen eine lebenswerte Zukunft verwehrten. Und viele Länder, in denen der Klimawandel zu einem zentralen politischen Thema wurde, erklärten ihre Absicht, die Verwendung fossiler Energieträger auslaufen zu lassen. Noch vor zehn Jahren wäre all dies als utopisch erschienen.

Drei Entwicklungen können sich gegenseitig zu einem positiven Kreislauf verstärken: technologischer Fortschritt, öffentliche Aufmerksamkeit für den Klimawandel und die Bildung von Institutionen zur politischen Steuerung des globalen Klimasystems.

Dass ich mir Veränderungen erhoffe, beruht auf drei Entwicklungen: dem technologischen Fortschritt, der öffentlichen Aufmerksamkeit für den Klimawandel und der Bildung von Institutionen zur politischen Steuerung des globalen Klimasystems. Wenn alles gut geht, können sich diese drei Entwicklungen gegenseitig zu einem positiven Kreislauf verstärken, der diesmal in ein System mündet, das wirklich anders ist.

Erstens ist erneuerbare Energie in den letzten Jahren erstaunlich günstig geworden – zumindest an guten Standorten mit viel Wind und Sonne. In Ländern wie Chile oder Vietnam hat sie die schmutzige Kohle bereits aus dem Stromsektor verdrängt. Das übliche Narrativ, wir könnten uns erneuerbare Energien nicht leisten, hat sich umgekehrt: Nun heißt es: „Wir können uns keine fossilen Energieträger mehr leisten“. Diejenigen, die von diesen Energieträgern profitieren, wie Eigentümer von Kohlebergwerken und Ölquellen oder Betreiber konventioneller Kraftwerke, stellen sich dem Wandel immer noch entgegen. Aber dieser Widerstand bröckelt immer mehr.

Vielleicht verlassen jene, die immer noch in fossile Energien investieren, bald das sinkende Schiff, und die Kohlenstoffblase implodiert. Die Elektromobilität wächst stärker als selbst die optimistischen Szenarien erwartet hätten. Und grüner Wasserstoff, mit dem die Emissionen der Industrie, der Luftfahrt und des Schiffsverkehrs verringert werden können, wird immer bedeutsamer. Hier kann man Gewinne erzielen, und wichtige Unternehmen machen sich daran, diese wachsenden Märkte zu erobern. Tun sie dies nicht, werden sie von anderen verdrängt. Jetzt sind es plötzlich nicht mehr die erneuerbaren, sondern die fossilen Energieträger, die auf den Märkten Gegenwind bekommen.

Jetzt sind es nicht mehr die erneuerbaren, sondern die fossilen Energieträger, die auf den Märkten Gegenwind bekommen.

Zweitens kommen Klimathemen immer mehr in der Mitte der Gesellschaft an. Junge Menschen haben erkannt, dass sie uns, der „alten“ Generation, nicht anvertrauen können, für sie eine lebenswerte Zukunft zu schaffen. So entstand Fridays for Future mit der Galionsfigur einer jungen Schwedin, die öffentliche Aufmerksamkeit erregt. Das Klima liegt den jungen Menschen heute am Herzen. Den Klimawandel abmildern zu wollen ist zu einer Frage der Identität geworden, und Klimaaktivisten werden nicht mehr als hoffnungslose Idealisten betrachtet, sondern als Stimmen, die gehört und ernstgenommen werden sollten. Überall ist der Klimawandel ein wichtiges Thema, das – zumindest mancherorts – sogar nationale Wahlen entscheidet. Ganz oben auf der Tagesordnung stehen Klimathemen sogar an so unwahrscheinlichen Orten wie Davos und Frankfurt, wo Banker diskutieren, wie die Europäische Zentralbank der EU helfen könnte, ihre Klimaziele zu erreichen. Das ist eine wirklich bemerkenswerte Entwicklung.

Klimaaktivisten werden nicht mehr als hoffnungslose Idealisten betrachtet, sondern als Stimmen, die gehört und ernstgenommen werden sollten.

Und schließlich kennen wir unseren Handlungsspielraum viel besser als noch vor zehn Jahren. Wir wissen, wie sich bestimmte Klimamaßnahmen auf verschiedene soziale Gruppen auswirken, und wie wir diese Menschen – beispielsweise durch Zuschüsse oder Steuererleichterungen – entschädigen können. Außerdem wissen wir mehr darüber, wie zwischen der Eindämmung des Klimawandels und sozioökonomischen Entwicklungszielen Synergien erzielt werden können, ohne den Kampf gegen die Armut zu behindern – ein großes Thema in Ländern mit niedrigem Einkommen. Darüber hinaus entsteht ein immer kohärenteres Bild der politischen Kräfte, die die Einführung klimawirksamer Maßnahmen fördern oder verhindern. Und ich freue mich über eine neue Generation gründlich ausgebildeter Regierungsbeamter, denen das Klima wirklich am Herzen liegt.

Wie wirken diese drei Kräfte zusammen? Ein entscheidender Aspekt ist die politische Ökonomie der Klimapolitik. In den letzten Jahren haben die sinkenden Kosten für saubere Technologien den Widerstand der fossilen Interessengruppen gegen Klimamaßnahmen erheblich geschwächt. Gleichzeitig wurden politische Entscheider durch die öffentliche Unterstützung des Klimaschutzes unter Druck gesetzt, die Emissionen zu verringern. Beide Effekte haben zu ehrgeizigeren Klimaschutzmaßnahmen geführt, erleichtert durch effektive Politikgestaltung. Geht alles gut, werden strengere Maßnahmen dazu führen, dass die Bereitstellung sauberer Technologien beschleunigt wird. So werden diese noch günstiger, und die Lobbyisten fossiler Energien verlieren weiter an Einfluss. Wird dieses veränderte Machtgleichgewicht durch effektivere Politik und Institutionen unterstützt, könnten noch stringentere Maßnahmen politisch durchsetzbar werden.

Natürlich kann immer noch viel schiefgehen: Populismus und Kleinmut.

Können wir uns nun also zurücklehnen und entspannen? Sicherlich nicht. Natürlich kann immer noch viel schiefgehen.

Erstens könnte der Aufstieg des Populismus alle Klimahoffnungen zunichtemachen. Populisten neigen dazu, den Kampf gegen den Klimawandel abzulehnen, den sie oft als Projekt der kosmopolitischen „Elite“ betrachten, die sich gegen „das Volk“ verschwört. Auch jene, die von der Energiewende negativ betroffen sind, wie Kohlearbeiter oder Fahrer großer Autos, könnten Widerstand leisten und die Energiewende ausbremsen. Massive Verwerfungen auf den Arbeitsmärkten aufgrund von Digitalisierung und künstlicher Intelligenz könnten zu Rückschlägen für progressive Regierungen führen. Die Aussicht, dass Millionen von Büroarbeitern entlassen werden und um ihre Zukunft fürchten müssen, könnte autoritäre rechte Regierungen an die Macht bringen, die dann die Klimamaßnahmen rückgängig machen.

Zweitens erfordert die Energiewende eine völlige Transformation unserer Gesellschaften: Wir müssen in Bereichen wie Mobilität, Wohnen und Ernährung unsere traditionellen Gewohnheiten ändern. Politiker könnten davor zurückschrecken, die Bürger dazu zu veranlassen, ihre Lebensweise und sozialen Werte in einem neuen Licht zu betrachten. Ohne eine starke politische Führung, die ihre Bürger als vernünftige und verantwortungsvolle Menschen sieht, liegen soziale Veränderungen in weiter Ferne, und die Klimapolitik läuft Gefahr, durch engstirnige Eigeninteressen untergraben zu werden. Die Welt zu retten ist keine Aufgabe für Kleinmütige.

Sind wir uns dieser beiden Gefahren bewusst, haben wir eine realistische Chance, den Kurs zu ändern und unsere globale Wirtschaft in eine Richtung zu steuern, die allen Menschen eine lebenswerte Zukunft ermöglicht. Diesmal halten wir alles, was wir für einen Wandel brauchen, in unseren Händen. Dieses Mal ist alles anders. Wirklich!

Aus dem Englischen von Harald Eckhoff