Ein traumatisches Jahr ging dem britischen Haushaltsplan für 2021 voraus, den Finanzminister Rishi Sunak letzte Woche vorgestellt hat. Der wirtschaftliche Schock durch die Covid-19-Pandemie brachte hartnäckige Ungleichheiten zwischen Geschlechtern, Klassen und Gruppen verschiedener ethnischer Herkunft ans Licht. Viele Menschen wurden ohne ausreichendes soziales Sicherheitsnetz mit ihrer Belastung durch steigende Schulden, intensive Trauer, Ausbeutung am Arbeitsplatz und verstärkte Betreuungsverantwortung alleingelassen.

Wie also lässt sich dieses System grundlegend erneuern, um die Wirtschaft aus der Krise zu retten, traditionelle und tiefgreifende Ungerechtigkeiten zu heilen sowie eine wirtschaftliche Erholung zu fördern, die die existenzielle Bedrohung durch den klimatischen und ökologischen Zusammenbruch berücksichtigt? Der Haushaltsplan bietet eine Lösung an: eine „grüne industrielle Revolution“ und eine „Aufwärtsangleichung“ („levelling up“) nationaler und regionaler Ungleichgewichte. Erreicht werden soll beides durch eine Handvoll spektakulärer Maßnahmen. Angesichts der enormen Veränderungen, die für eine zukunftsfähige Wirtschaft nötig sind, reichen diese Versprechen allerdings nicht aus. Schlimmer, sie könnten die Folgen eines zutiefst ungleichen Status Quo sogar noch verschärfen.

Im Juni 2020 kündigte Boris Johnson einen „New Deal“ im Sinne von Roosevelt an. Damit solle die Wirtschaft nach der Pandemie neu aufgebaut werden. Im Gegensatz aber zu den vierzig Prozent des US-Nationaleinkommens, die 1929 für Roosevelts Plan eingesetzt wurden, will Johnson für sein Programm nur 0,2 Prozent des britischen BIP ausgeben. Der Premierminister, der von „seismischen“ Veränderungen sprach, veröffentlichte im November einen Zehn-Punkte-Plan für eine „grüne industrielle Revolution“. Vielen Klima- und Umweltgruppen geht er nicht weit genug.

Der aktuelle Haushaltsplan verspricht erneut eine „grüne industrielle Revolution“, ist aber nicht groß und umfangreich genug, um die Wirtschaft schnell und gerecht dekarbonisieren zu können.

Der aktuelle Haushaltsplan verspricht erneut eine „grüne industrielle Revolution“, ist aber nicht groß und umfangreich genug, um die Wirtschaft schnell und gerecht dekarbonisieren zu können. Er sieht zwar etwa 97 Milliarden Pfund an Stimulusausgaben vor, aber im Verhältnis zum BIP ist dieses Paket weniger als halb so groß wie das US-amerikanische. Außerdem sind darin 15 Milliarden Pfund an Haushaltskürzungen für 2022-23 vorgesehen.

Einige Teile des Haushalts mögen zwar auf den ersten Blick beeindruckend wirken, aber sie gleichen lediglich einige schädliche Maßnahmen der Vergangenheit aus. Ein Beispiel dafür ist der Plan zur Finanzierung einer neuen britischen Infrastrukturbank durch zwölf Milliarden Pfund öffentliche Mittel und zehn Milliarden Pfund staatliche Garantien. Dies würde etwa 1,5 Milliarden Pfund jährlicher Investitionen bedeuten – viel weniger als für vergleichbare Banken in anderen Ländern. Kritisiert wurde zudem, dass kein ausdrückliches Klimamandat damit verbunden ist.

Diese Maßnahme stellt eine massive Kehrtwende dar, wurde doch die Grüne Investitionsbank bereits vier Jahre nach ihrer Gründung im Jahr 2012 verkauft. Dies gilt umso mehr, als diese Bank vom Privatkonzern Macquarie übernommen wurde, der in schmutzige Investitionen verwickelt war und für die Zerschlagung von Unternehmen bekannt ist. Außerdem ist es beunruhigend, dass die Gründung der neuen Infrastrukturbank – die laut Aussage des Finanzministers die „grüne industrielle Revolution“ finanzieren soll – von der Entscheidung begleitet wird, den Plan für eine britische Industriestrategie zu verwerfen.

An anderen Stellen wird der Begriff der „Aufwärtsangleichung“ verwendet, um Strategien zur Vertiefung und Beschleunigung eines kohlenstoffintensiven Wirtschaftsmodells zu verfolgen. Im Haushaltsplan sind an acht englischen Orten Freihäfen vorgesehen, um „die zukünftige Wirtschaft abzubilden“. Solche Freihäfen werden als Anreiz für regionale Investitionen gelobt, um Arbeitsplätze zu schaffen und den Handel zu fördern.

Die Wirklichkeit aber sieht anders aus: Wie Quinn Slobodian bemerkt, erinnern sie eher an „unternehmerische Freimarktzonen, die erstmals während der Thatcher-Zeit beliebt wurden“ und neben kleinen Beschäftigungsgewinnen eher gemischte Folgen hatten. Die Entscheidung für Freihäfen, die nicht nur niedrige Steuern und Regulierungsschlupflöcher bieten, sondern auch den Umwelt- und Beschäftigungsstandards schaden könnten, ist gleichzeitig eine Entscheidung dafür, den Abwärtswettbewerb um die geringsten Auflagen zu verschärfen.

Im Rahmen des Haushaltsplans wird auch das Mandat der Bank of England angepasst. Ihr Ansatz zum Kauf von Unternehmensanleihen wird ausgebaut, um die Bemühungen hin zu einer grüneren britischen Wirtschaft zu fördern – ein erheblicher Erfolg für Organisationen wie Positive Money, die sich schon seit langem dafür einsetzen. Aber diese Aktion ist Teil einer größeren Strategie eines „Urknalls 2.0“ für die Londoner City nach dem Brexit. Statt einen Deregulierungsansatz für stärkere Investitionsanreize zu verfolgen, müssten wir das britische Finanzwesen reformieren, um den Sektor zu dekarbonisieren und eine grüne Industriestrategie zu fördern.

Als Gastgeber der diesjährigen UN-Klimakonferenz COP26 sollte Großbritannien seinen Wiederaufbaustimulus nutzen, um eine grüne industrielle Zukunft zu sichern.

Von anderen Bereichen mit enormem Potenzial, die Ungleichheit zu verringern und die Wirtschaft schnell zu dekarbonisieren, ist im Haushalt kaum die Rede. Beispielsweise entstehen etwa 14 Prozent der britischen Emissionen durch Wohngebäude; entsprechend könnte ein staatliches Programm zur Wohnungssanierung dazu beitragen, gute grüne Arbeitsplätze zu schaffen, Brennstoffarmut zu verringern und die Wirtschaft von fossilen Energien zu befreien. Stattdessen soll das im letzten Jahr angekündigte „Green Grant“-Programm zur Förderung energetischer Sanierungsmaßnahmen nun im März beendet werden, nachdem es lediglich acht Prozent der 600 000 Zielhaushalte geholfen hat, auf erneuerbare Energien umzusteigen.

Im Februar 2021 zeigten die Vereinten Nationen in einer Analyse, dass die Staaten bei ihrer gemeinsamen Verringerung der Emissionen nur minimale Fortschritte machen. Die globalen Emissionen werden sich um nur ein Prozent verringern, wenn die Länder ihre aktuellen Versprechen umsetzen. Um die Erwärmung unter 1,5 Grad Celsius zu halten, wäre allerdings ein Rückgang von 45 Prozent erforderlich. Entscheidend dafür werden die Covid-19-Stimuluspakete der Regierungen in aller Welt sein, die die Zukunft der Weltwirtschaft bestimmen.

Als Gastgeber der diesjährigen UN-Klimakonferenz COP26 sollte Großbritannien seinen Wiederaufbaustimulus nutzen, um diese Ziele zu erreichen und eine grüne industrielle Zukunft zu sichern. Allerdings zeigt der „Greenness of Stimulus“-Index, dass die „grünen“ Initiativen des Königreichs teilweise durch Maßnahmen wieder zunichte gemacht werden, die einen negativen Einfluss auf Klima oder Umwelt haben.

Der Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft könnte den Profiteuren von Kapitaleinkommen eine weitere Gelegenheit bieten, ihre Dominanz auf Kosten der Mehrheit durchzusetzen.

Während ein Teil der Zahlungen im Rahmen der Wiederaufbaustimuli zu Recht in den sozialen Schutz betroffener Arbeitnehmer fließen, bedeuten sie auch, dass Großbritannien weiterhin nicht nachhaltige Industriebereiche fördert, anstatt die Arbeitnehmerinnen in kohlenstoffärmere Sektoren zu überführen oder die Industrie an eine nachhaltige Zukunft anzupassen. Viele solcher Unternehmen – wie Ölkonzerne oder die Fluggesellschaft Easyjet – haben staatliche Unterstützung akzeptiert, Dividenden in Millionenhöhe an Aktionäre ausgeschüttet und im Gegenzug Tausende von Arbeitsplätzen abgebaut.

Kann auf der COP der Standard gemeinsamen Handelns – insbesondere in Ländern wie Großbritannien, wo die Emissionen aktuell und historisch betrachtet am höchsten sind – nicht verbessert werden, wird diese Konferenz nur eine weitere verpasste Gelegenheit und ein Todesurteil für die Menschen und den Planeten darstellen.

All dies verdeutlicht das grundlegende Problem der neuen wirtschaftspolitischen „grünen Welle“ in Großbritannien: Sie ist reich an Rhetorik, aber arm an dem, was sie tatsächlich bietet, um das Leben der Bürgerinnen und Bürger zu verbessern und schnell die Emissionen zu verringern. Angesichts dessen, dass schätzungsweise ein Drittel der Menschen im Königreich bis Mitte des Jahres in Not geraten wird, ist dies nicht akzeptabel.

Hier liegt der entscheidende Fehler des Haushaltsplans für 2021: Es geht nicht nur um das Ausgabenniveau. Es geht auch darum, wohin das Geld fließt und wer davon profitiert. Der Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft könnte den Profiteuren von Kapitaleinkommen eine weitere Gelegenheit bieten, ihre Dominanz auf Kosten der Mehrheit durchzusetzen: Wir haben Subventionen für Elektrofahrzeuge und Straßenbau, aber ein teures und stark privatisiertes Transportnetzwerk; stetige Investitionen in fragwürdige, stark eigentumsrechtlich geschützte Technologien zur Kohlenstoffabscheidung, aber ausgehöhlte öffentliche Dienstleistungen; Freihäfen zur Förderung des Handels, aber gering bezahlte, niedrig qualifizierte Arbeitsplätze mit wenig Rechten und geringen Umweltstandards. Dies ist die Sparversion einer „grünen industriellen Revolution“, die den Profit an erste Stelle setzt und keine klare Strategie hin zu einer kohlenstoffarmen, faireren Wirtschaft erkennen lässt.

Die Säule einer echten grünen Industriestrategie hätten mutige, öffentliche Investitionsmaßnahmen mit positiven Multiplikatoreffekten für die Gesamtwirtschaft sein müssen – für gute grüne Arbeitsplätze, bessere Rechte, den Schutz der Artenvielfalt und garantierte Klimagerechtigkeit. Aber von dieser Vision ist die britische Regierung noch sehr weit entfernt.

Aus dem Englischen von Harald Eckhoff