Das Präsidentschaftsrennen 2024 in den USA wird mit ziemlicher Sicherheit zwischen dem amtierenden Präsidenten Joe Biden und seinem Vorgänger Donald Trump ausgetragen. Da beide schon eine Amtszeit im Weißen Haus verbracht haben, haben wir bereits eine Vorstellung davon, wie sie bei bestimmten Themen agieren. Eines der größten Themenfelder ist dabei die Umweltpolitik und die Klimakrise.
In letzter Zeit hat sich die Aufmerksamkeit auf Trumps beunruhigende und mindestens schlecht durchdachte Kommentare zur NATO und zur russischen Aggression in Europa konzentriert. Sein unbekümmerter Umgang mit globaler Sicherheit, wichtigen Bündnissen und der Rolle der USA in der Welt entspricht dabei seinen Ansätzen bei den meisten Themen: Es ist eine Mischung aus uninformierter Meinung, Verbitterung, Angeberei und aggressivem Imponiergehabe. Auch in der Klima- und Umweltpolitik scheint Trumps politischer Ansatz (beziehungsweise das Fehlen eines solchen) den behutsameren Aussagen und eher praktisch-pragmatischen Maßnahmen Bidens diametral entgegengesetzt.
Wofür werden die amerikanischen Wählerinnen und Wähler in Klima- und Umweltfragen gestimmt haben, sollte Trump im November gewählt werden? Die Frage ist umso dringlicher, als die Welt sich mehreren wahrscheinlichen Kipppunkten für katastrophale Veränderungen für die Menschheit nähert. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben im Hinblick auf eine weitere Amtszeit von Trump bereits erklärt, das Klima würde diese „nicht überleben“ und seine Politik werde voraussichtlich „entsetzlich“ sein. Da Trump bereits Präsident war, ist es uns möglich, über die Wahlkampfslogans des Kandidaten hinauszugehen und nicht nur zu überlegen, über welche Maßnahmen er spricht, sondern auch, wie diese faktisch umgesetzt werden könnten.
Trump hat kürzlich verkündet, er werde „einen Tag lang“ Diktator sein. Einmal abgesehen davon, dass Diktatoren nach einer ersten Kostprobe dieser Droge die absolute Macht meist nicht mehr abgeben: Was könnte ein Diktator Trump tatsächlich tun, wenn die amerikanische Verfassung, auf die er an diesem ersten Tag einen Eid schwören würde, in Kraft bleibt?
Er könnte Edikte, sogenannte Executive Orders und Proclamations, erlassen. Präsident Biden hat dies ebenfalls getan, in Sachen Klimawandel beispielsweise, indem er darauf hinwies, dass Klimawandeleffekte bei der Bewertung von Bundesmaßnahmen im Rahmen des US National Environmental Policy Act berücksichtigt werden müssen, dass Umweltgerechtigkeit und soziale Gerechtigkeit in Gesetzestexte einfließen sollten und dass ein „Klimaplan für die Ozeane“ erstellt werden müsse.
Als Trump Präsident war, nutzte er die Macht seines Amtes vor allem, um Maßnahmen seiner Vorgänger zur Bekämpfung des Klimawandels rückgängig zu machen.
Als Trump Präsident war, nutzte er die Macht seines Amtes vor allem, um Maßnahmen seiner Vorgänger zur Bekämpfung des Klimawandels rückgängig zu machen. Trump erlaubte die Ausweitung von Bohrungen nach fossilen Brennstoffen, forderte die Bundesbehörden auf, Klimaauswirkungen nicht mehr explizit zu berücksichtigen und Ähnliches mehr. Mit anderen Worten: Er kehrte die bisherige Klimapolitik um und machte sie in Teilen rückgängig.
Man sollte aber bedenken: Selbst wenn Trump schon am ersten Tag die Order „bohren, bohren, bohren“ ausgeben würde, geschähe die tatsächliche Förderung fossiler Brennstoffe nicht per Executive Order an einem Tag, nicht einmal unter der direkten Kontrolle des Präsidenten. Eine Executive Order weist die Exekutive, also die US-Bundesbehörden, an, was sie nach dem Willen des Präsidenten zu tun haben. Die Behörden können jedoch nur im Rahmen ihrer gesetzlichen Aufgaben handeln – und im Rahmen gewisser Einschränkungen, vor allem mit Blick auf die Finanzierung, die vom Kongress und nicht vom Präsidenten beschlossen wird.
Kann eine Executive Order also Schaden anrichten? Sicherlich, indem sie die Grenzen der gesetzlichen Befugnisse in eine bestimmte Richtung verschiebt. Doch eine solche Durchführungsverordnung ist kein Gesetz und kann grundlegende gesetzliche Bestimmungen auch nicht ignorieren. Ebenso wenig kann ein Präsident das bestehende Wissen, dass Treibhausgase die menschliche Gesundheit und die Umwelt gefährden, einfach „aufheben“. Ein Präsident kann die Umweltschutzbehörde anweisen, eine solche Aufhebung der gegenwärtigen Einschätzung in Erwägung zu ziehen, aber das würde ein langes und mühsames juristisches Verfahren erfordern, in dem darüber hinaus eine Begründung für die Aufhebung auf Grundlage der „verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse“ erarbeitet werden müsste. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse über die Auswirkungen des menschengemachten Klimawandels sind indes überwältigend.
Was könnte Präsident Trump also in der Praxis durch eine Exekutivmaßnahme erreichen? Er könnte aus internationalen Vereinbarungen wie dem Pariser Klimaabkommen aussteigen und sich (erneut) weigern, einen Klimabeauftragten zu ernennen. Er könnte zudem frühere Maßnahmen rückgängig machen und widerrufen. Trump dürfte den Kurs ändern und die Fortschritte, die die USA bei der Bekämpfung der Klimakrise bisher gemacht haben, zunichtemachen.
Trump hat überzeugend bewiesen, dass er keinerlei Interesse an oder Ahnung von Wissenschaft hat.
Wenn man die erste Trump-Regierungszeit als Richtschnur nimmt, werden die von ihm ernannten Führungspersönlichkeiten aus Ideologen und neu angeheuerten Industriefunktionären bestehen, die politisch am Rande der Gesellschaft stehen. Man würde sich erneut darauf konzentrieren, bestehende Regeln außer Kraft zu setzen, den Fortschritt aufzuhalten, die Zeit zurückzudrehen, die Forschung zu behindern und Wissenschaft und Technologie zu diskreditieren.
Trump hat überzeugend bewiesen, dass er keinerlei Interesse an oder Ahnung von Wissenschaft hat, dass er Forschenden gegenüber ablehnend eingestellt ist, dass er Fachwissen und wissenschaftliche Beweise ignoriert und dass er internationalen Normen und kollektiven Maßnahmen regelrecht feindlich gegenübersteht. Trotz aller Evidenz und aller jüngster Ereignisse, hat er bisher kein Konzept in Sachen Klimawandel erkennen lassen. Offenbar geht es ihm auch beim Thema Klima buchstäblich nur um ihn: So bemühte er sich beispielsweise, erneuerbare Energien zu verteufeln, weil er keine Windräder in der Nähe eines seiner Golfclubs haben wollte. Seine zukünftigen Regierungsmitglieder und Beauftragten dürften fest entschlossen sein, diese Ansichten weiterzutragen.
Personen, die auf den Kandidaten Trump Einfluss haben, arbeiten vermutlich schon eifrig an Plänen, wie man die Uhr beim Klimaschutz zurückdrehen kann. Das ist schon aus seiner ersten Präsidentschaft bekannt. Wie damals ist ebenso zu erwarten, dass die Pläne erneut mit dem amerikanischen Rechtssystem und der Gewaltenteilung kollidieren werden. In der ersten Trump-Administration setzte sich die Bundesregierung in etwa einem Drittel der Rechtsstreitigkeiten im Bereich der Umweltgesetzgebung durch. In früheren Regierungen waren es meist zwei Drittel der Fälle, in denen die Regierung bei Streitfällen die Oberhand behielt. Die rechtlichen Rahmenanforderungen werden sich nicht ändern – es sei denn, der Kongress wird tätig, um die wichtigsten, grundlegenden Gesetze zu ändern. Mit einem gespaltenen Kongress, wie ihn die USA aktuell haben und höchstwahrscheinlich auch in der nächsten Legislaturperiode haben werden, sind solche tiefgehenden Veränderungen jedoch schwer zu erreichen. Jede Regulierungsmaßnahme muss auf Grundlage der gesetzlichen Bestimmungen und der wissenschaftlichen Erkenntnisse begründet werden. Auch wenn Trump es anders sehen mag, die Gerichte halten ihn in vielen (oder gar allen) Fragen vermutlich nicht für den größten wissenschaftlichen Experten.
Dennoch: Rückschritte zu machen ist leider einfacher als Fortschritte zu erzielen. Selbst wenn man rechtlich gegen Trumps Politik vorgeht, kann Schaden entstehen. Auch das zeigte sich in der ersten Amtszeit Trumps: Seine Regierung hatte echten Einfluss auf den Klimawandel. Wenn er erneut gewählt wird, würde beispielsweise der Inflation Reduction Act vielleicht nicht aufgehoben, aber seine Finanzierung würde verlangsamt und seine Bestimmungen würden verfälscht angewandt. Wertvolle Zeit ginge so verloren, Gesetze würden nicht durchgesetzt, Treibhausgase weiterhin ausgestoßen, Klimaauswirkungen und -katastrophen sich vervielfachen – und die Möglichkeit der USA, eine Klima-Führungsrolle einzunehmen, würde vertan.
Offenbar geht es ihm auch beim Thema Klima buchstäblich nur um ihn.
Die nationalistisch-rechtsradikale Umweltpolitik einer zweiten Trump-Regierung beruht auf dem Narrativ, dass staatliche Maßnahmen gegen den Klimawandel, gegen die Umweltverschmutzung und für die öffentliche Gesundheit tatsächlich nicht dem Gemeinwohl dienten, sondern eine dunkle Verschwörung zur Kontrolle der Menschen seien. In dieser Sichtweise sind staatliche Regulierungen und Anreize schlicht nicht nötig, weil der „freie Markt“ die Bedürfnisse im Dienste des Gemeinwohls erfülle. Wie Naomi Oreskes und Erik Conway in ihrem jüngsten Buch The Big Myth zeigen, handelt es sich dabei um eine fesselnde, wenn auch falsche und konstruierte Erzählung, die in der amerikanischen Politik dennoch wirkmächtig bleibt.
Trump selbst wurde bereits als „Projektor“ bezeichnet. Das heißt, er beschuldigt andere für Dinge, die er selbst tut. Seine Rhetorik beinhaltet das Bild einer Regierung, die von einem Deep State und dessen politischer Agenda beherrscht werde und ohne Checks and Balances arbeite. Wenn man diesem Narrativ Glauben schenkt, macht die Regierung im Wesentlichen, was sie will, und zwar auf der Grundlage einer komplexen Verschwörung und ohne Rücksicht auf die Rechtsstaatlichkeit. Trump schwadroniert schon seit Jahren über den vermeintlichen Deep State.
So gesehen ist es nicht überraschend, dass in den Plänen für eine zweite Amtszeit Trumps durchaus Ideen zur eigenen Schaffung eines solchen tiefen Staates enthalten sind. Die öffentliche Verwaltung könnte demnach so umstrukturiert werden, dass sie lediglich Präsident Trump gegenüber loyal ist und nicht der Verfassung. Geschehen soll dies durch die Versetzung einer großen Anzahl von Angestellten in eine neue Beamtenkategorie, die sogenannte Schedule F, die direkt der politischen Führung und dem Weißen Haus unterstellt ist. Schedule-F-Beschäftigte könnten dann, je nachdem, wie gut sie der Agenda des Präsidenten dienen, eingesetzt, versetzt oder entlassen werden. Die eigentliche Aufgabe der Behörde wäre dann zweitrangig hinter der Trump’schen Politik.
Die öffentliche Verwaltung könnte demnach so umstrukturiert werden, dass sie lediglich Präsident Trump gegenüber loyal ist und nicht der Verfassung.
Bei Themen wie Klimawandel und Umwelt wären die Folgen möglicherweise verheerend. Die Schaffung einer solchen neuen politisierten Beamtenebene wäre eine Gefahr für das Fachwissen und die Resilienz der Wissenschaft sowie der entsprechenden Regierungspolitik in den kommenden Jahren. Anstatt über permanente Ressourcen in der Verwaltung zu verfügen, die für ihr Fachwissen geschätzt werden, wäre die Loyalität zur Politik über alles andere gestellt. Das wäre für jede Regierung ein Garant für Chaos.
Zu guter Letzt hat Trump mit seinen Wahlkampfreden in vielen, wenn nicht sogar den meisten Fragen deutlich gemacht, dass er sich wenig um internationale Beziehungen und globale Governance schert. Seine oben zitierten Äußerungen zur NATO sind Teil des Bildes und stehen stellvertretend für das, was er mit „America First“ meint.
Sollte Trump für eine zweite Amtszeit gewählt werden, scheint außer Frage zu stehen, dass Amerikas Ansehen als verlässlicher internationaler Partner einen schweren Schlag erleiden wird. Wenn die politische Führung der USA derart wankelmütig ist, wie kann die Weltgemeinschaft dann erwarten, dass gemeinsame Verpflichtungen zur Eindämmung der Erderwärmung und zur Anpassung an den Klimawandel wirklich tragfähig sind und bleiben? Wenn „America First“ die Politik der nächsten US-Regierung ist, wie soll sie dann die globale Reaktion auf Klima- und Umweltkrisen anführen?
Die USA sind aufgrund ihrer riesigen Wirtschaft und ihres ebenso riesigen Militärs eine international führende Nation – und sie sind ein großer Treibhausgasemittent. Es bleibt abzuwarten, ob diese Führungsrolle ab dem kommenden Winter vorwärts in eine sicherere, nachhaltigere Zukunft führt, oder ob sie rückwärtsgewandt ist. Bei letzterer Option könnte sich die Erderwärmung nochmals beschleunigen und ihre negativen Auswirkungen könnten sich ins Unerträgliche steigern.
Aus dem Englischen von Tim Steins