Bereits jetzt haben menschliche Aktivitäten etwa 1°C globale Erwärmung im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter verursacht. Zwar ist das ein Mittelwert, den niemand fühlen kann. Aber die regional ganz unterschiedlichen Auswirkungen auf Mensch, Natur und Lebensgrundlagen sind bereits spürbar. Nimmt die globale Erwärmung mit der aktuellen Geschwindigkeit weiter zu, werden wir wahrscheinlich schon zwischen 2030 und 2052 eine Erwärmung um 1,5 Grad erreichen. Zur Begrenzung ist schnelles Handeln erforderlich. Dafür braucht es politischen Willen. Das ist die wohl wichtigste Botschaft aus dem Sonderbericht des Weltklimarats über 1,5 °C Erwärmung, der im Oktober 2018 im südkoreanischen Incheon von 195 Regierungen angenommen und verabschiedet wurde.
Mit diesem Sonderbericht kommt der Weltklimarat einer Bitte der Konferenz der Vertragsparteien (COP) der Klimarahmenkonvention (UNFCCC) nach, die Ende 2015 auf der 21. COP in Paris geäußert wurde. Das Pariser Abkommen hält unter anderem fest, dass die globale Erwärmung möglichst auf 1,5°C begrenzt werden soll. Bis zur 24. Klimakonferenz, die im Dezember 2018 im polnischen Katowice stattfindet, sollte der Sonderbericht veröffentlicht sein und als Diskussionsgrundlage für die dortigen Verhandlungen dienen. Diese werden sich damit beschäftigen, wie die Treibhausgas-Emissionen drastisch zu verringern und die globale Erwärmung deutlich zu begrenzen ist.
Der IPCC veröffentlicht etwa alle sieben Jahre einen Sachstandsbericht und dazu regelmäßig eine Reihe von Sonderberichten. Es sind die umfassendsten Dokumente, die es zum aktuellen Stand des Wissens über den Klimawandel gibt. Vor der Erstellung des Sonderberichts war nicht bekannt, wie sich die Auswirkungen einer Erderwärmung von 1,5°C gegenüber einer von 2°C unterscheiden. Jetzt sind diese Unterschiede deutlich aufgezeigt. Es werden weitreichende Konsequenzen für die natürlichen und sozialen Systeme beschrieben sowie Wege zur Einhaltung des 1.5°C-Zieles beziehungsweise des 2°C-Zieles.
Die globale Erwärmung auf 1,5°C zu begrenzen ist machbar. Es ist unser Handeln, das entscheidend ist für das Wohlergehen der Menschheit.
Ich hoffe, dass die Erkenntnisse konstruktiv in den sogenannten „Talanoa-Dialog“ der COP24 einfließen werden. Diese Form der Gesprächstaktik fördert die offene Kommunikation von Erfahrungen zum Klimawandel auch durch nicht-staatliche Vertreter der stark vom Klimawandel betroffenen Regionen - ganz auf Augenhöhe mit den staatlichen Repräsentanten. Der Talanoa-Dialog kann offenlegen, wo weitere Anstrengungen nötig sind. Anstrengungen, die eventuell über die Maßnahmen der jeweiligen Staaten hinausgehen.
Eins muss klar sein: Die klimabedingten Risiken für natürliche und menschliche Systeme werden bei einer globalen Erwärmung um 1,5°C natürlich höher sein als heute. Sie sind regional unterschiedlich ausgeprägt und variieren auch an Heftigkeit und Häufigkeit. Eine Begrenzung auf 1.5°C hätte im Vergleich zu 2°C allerdings durchaus wertvolle positive Effekte. Es gäbe unter anderem deutlich weniger extreme Wettereignisse wie Hitzewellen, Starkniederschlägen und Dürren; global ca. 50% weniger Menschen, die Wasserknappheit ausgesetzt wären; einen um 10 cm geringeren Meeresspiegelanstieg, der ca. 10 Millionen Küstenbewohner weniger bedrohen würde; bis zu mehrere hundert Millionen Menschen weniger, die bis 2050 drastischen klimabedingten Risiken ausgesetzt wären.
Die gute Nachricht ist, dass die bisherigen Emissionen, die sich in der Atmosphäre befinden, die Erwärmung noch nicht auf 1,5°C ansteigen lassen. Die globale Erwärmung auf 1,5°C zu begrenzen ist machbar. Es ist unser Handeln, das entscheidend ist für das Wohlergehen der Menschheit. Hierfür müssen die CO2-Emissionen bis 2030 um etwa 45% sinken (im Verhältnis zu 2010) und bis 2050 „Nettonull” erreichen. Das bedeutet, dass neben einer starken Verringerung der klimawirksamen Schadgase auch CO2 aus der Atmosphäre entzogen werden muss. Dies könnte etwa durch Aufforstung geschehen oder CO2–Speicherung. Diese Technologie befindet sich allerdings momentan noch in der Entwicklung. Auch sie birgt große Risiken für Natur und Menschheit.
In Deutschland gibt es schon eine Vielzahl von innovativen Konzepten zum Klimaschutz, die leider bisher nur sehr punktuell zum Einsatz kommen. Es gilt nun, diese zu stärken.
Die Herausforderung anzunehmen, die globale Erwärmung auf maximal 1.5°C zu begrenzen, erfordert nie dagewesene Veränderungen. Drastische Emissionsreduktionen in allen Bereichen, der Einsatz einer Vielzahl innovativer Technologien, Verhaltensänderungen und die Umlenkung von Investitionen in CO2-freie Technologien sind dringend notwendig. Und genau dafür muss die Politik den Rahmen vorgeben. Dies umfasst Vorgaben für die Wärmedämmung von Gebäuden, den Ausstieg aus Kohle und Gas oder auch für die Eingrenzung von Emissionen im Straßenverkehr und in der Industrieproduktion.
Die Stärkung der Kapazitäten nationaler und subnationaler Behörden, der Zivilgesellschaft, des Privatsektors, indigener Völker und lokaler Gemeinschaften im Umgang mit dem Klimawandel ist notwendig für die Realisierung ehrgeiziger Klimaziele. Genauso kann der Wandel ohne konstruktive, demokratische und internationale Zusammenarbeit nicht gelingen. Aber auch jeder Einzelne ist gefordert. Das ist hinlänglich bekannt. Es bedeutet nicht zwangsläufig Verzicht, sondern kann auch ein Gewinn an Lebensqualität sein, beim Einkauf auf regionale Produkte zu achten, öfter das Fahrrad oder den Nahverkehr zu nutzen sowie im Arbeitsalltag zu überlegen, ob Videokonferenzen vielleicht einige Flüge ersetzen könnten.
Ganz besonders gefragt sind kreative Ideen, innovative und dynamische Konzepte, gute Koordination und positive Einstellungen, um gemeinsam den Klimawandel einzudämmen und den Wandel hin zu nachhaltigen Lebensweisen zu gestalten. Auch in Deutschland gibt es schon eine Vielzahl von innovativen Konzepten zum Klimaschutz, die leider bisher nur sehr punktuell zum Einsatz kommen. Es gilt nun, diese zu stärken. Damit lässt sich nicht nur CO2 einsparen, sondern man kann damit auch neue Jobs schaffen.