Letzte Woche ist in der südjemenitischen Stadt Aden das Hotel mit Raketen angegriffen worden, in dem sich Teile der aus dem Exil zurückgekehrten jemenitischen Regierung aufhalten. Wie stellt sich die Lage dar?

Der jemenitische Ableger des „IS“ hat sich zu dem Anschlag bekannt. Somit zeigt der Angriff auf drastische Weise, dass von dem Krieg, den die arabische Koalition unter Führung Saudi-Arabiens seit März 2015 im Jemen gegen die Huthis führt, vor allem extremistische Gruppen profitieren. Die Sicherheitsarchitektur im Jemen ist weitgehend zerstört. Es ist also nicht ganz falsch, wenn die Huthis argumentieren, dass wenn sie sich zurückziehen würden, ein Vakuum entstünde, in das vor allem Al-Qaida sowie andere extremistische Gruppierungen vorstoßen können.

Die Huthi-Rebellen konnten vor einem Jahr die Hauptstadt Sanaa relativ problemlos einnehmen und haben seitdem ihre Kontrolle im Land ausgebaut. Woher beziehen sie ihre Stärke?

In der Tat sind die Huthis militärisch erfolgreich und  bisher nicht durch die saudische Koalition zu stoppen. Ich glaube, die Huthis waren von ihrem Erfolg selbst überrascht. Dies hat bei ihnen streckenweise zu Hochmut geführt. So sind sie bereits mehrfach auf saudisches Territorium vorgedrungen und haben verkündet, dass sie bis zur Kaaba vordringen und diese einnehmen werden. Dies sind Verlautbarungen, die im wahrsten Sinne im Eifer des Gefechts geäußert werden, aber sie illustrieren, wie wenig sich die Rebellen bisher von der arabischen Koalition der Saudis beeindrucken lassen. Ihre Stärke beziehen sie vor allem auch daraus, dass der reiche und mächtige Ex-Präsident Ali Abdullah Saleh sich auf die Seite der Huthis geschlagen hat, und sie mit Waffen, Geld und eigenen Truppen unterstützt.

Wie erklärt sich die Unterstützung des Ex-Präsidenten Salehs für die Huthis, die er während seiner Amtszeit selbst in Schach hielt?

Im Vordergrund steht hier sicherlich die Rache Salehs an dem Interimspräsident Abdo Rabbo Mansur Hadi, an den er sein Amt abgeben musste. Außerdem könnte es sein, dass Saleh sich durch die Unterstützung langfristig Einfluss im Jemen sichern will, nicht unbedingt, um selbst als Staatsoberhaupt zurückzukehren, aber vielleicht, um seinen Sohn in Stellung zu bringen.

Was ist mit der Unterstützung der Huthis durch Iran? Besonders Saudi-Arabien stellt diese ja stets in den Vordergrund und macht aus dem Konflikt einen Stellvertreterkrieg.

Iran unterstützt die Huthis sicher finanziell und in militärischer Planung. Allerdings ist die Unterstützung nicht so groß, wie dies von Saudi Arabien propagiert wird, und ganz sicher nicht zu vergleichen mit der Unterstützung etwa der Hisbollah im Libanon. Die Huthis werden nicht von Iran gesteuert.

Die internationale Gemeinschaft scheint den Konflikt im Jemen weder auf dem Schirm zu haben, noch sich an möglichen Lösungen zu beteiligen. Sind überhaupt Lösungen in Sicht?

Verhandlungsdelegationen der Huthis und der Exilregierung halten sich im Oman auf, die UN und die EU vermitteln bei diesen Gesprächen. Über den derzeitigen Verhandlungsstand ist nichts bekannt. Letzte Woche haben die Huthis erklärt, sie würden einem Friedensplanentwurf zustimmen, der zuvor von der UN im Oman verhandelt wurde. Dieser Entwurf sieht unter anderem den Rückzug der Huthi-Truppen aus den von ihnen besetzten Gebieten vor. Die jemenitische Regierung hat diese Erklärung bislang abgelehnt.

Selbst wenn den Saudis langsam dämmern sollte, auf was sie sich im Jemen eingelassen haben, bräuchte es eine Lösung, in der sie ihr Gesicht bewahren können.  Eine politische Lösung müsste bei den Ergebnissen des Nationalen Dialogs wieder ansetzen. An einigen entscheidenden Punkten, wie beispielsweise der genaue Zuschnitt des beschlossenen Föderalstaats, müsste noch einmal nachgebessert werden. Diese Entscheidungen dürfen nicht per Dekret beschlossen werden, sondern alle relevanten Akteure müssen einbezogen werden.

 

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