„Duterte“ reimt sich nicht umsonst auf „Muerte“, also „Tod“, auf Spanisch. Nur sind wir gar nicht in Spanien, sondern auf den Philippinen. Und Rodrigo Duterte ist nicht irgendjemand, sondern seit kurzem der Präsident des aufstrebenden südostasiatischen Inselstaates. Mit dem Tod kennt sich Duterte jedoch hervorragend aus. Als einstiger Bürgermeister von Davao City, einer Millionenstadt auf der Insel Mindanao, duldete Duterte nachweislich Todesschwadronen, um Drogendealern und sonstigen „do-nothings“ einen kurzen Prozess zu machen. „40-Peso-Lösung“ wurde diese Methode genannt — ein Verweis auf den Schnäppchenpreis einer Gewehrkugel auf den Philippinen.
Aufgefallen ist Duterte durch seine mehr als derben Aussagen. An die Adresse der verhassten Kleinkriminellen sagte er: „Ich werde euch alle umbringen, in die Bucht von Manila werfen und damit die Fische füttern.“ Als Papst Franziskus die Hauptstadt Manila besuchte und der Verkehr zum Erliegen kam, tobte Duterte besonders laut: „Papst, du Hurensohn, geh heim. Besuch uns nie mehr wieder.“ Die Vergewaltigung einer australischen Missionarin in seiner Heimatstadt kommentierte Duterte mit den Worten: „Ich war total sauer, dass sie vergewaltigt wurde, aber sie war wunderschön. Ich dachte, als Bürgermeister hätte ich als erster ‘dran’ sein sollen.“
Verstörend? Widerwärtig? Irre? Von einem „Enfant terrible“ der internationalen Politik zu sprechen, scheint im Falle von „Duterte Harry“, wie der Präsident informell genannt wird, erstaunlich impotent zu sein.
Apropos Impotenz, auch dazu äußerte sich der 71-jährige Politclown bereits unmissverständlich unappetitlich: „Ich bin ja nicht impotent. Soll ich den da einfach rumhängen lassen? Wenn ich Viagra nehme, steht er.“
Nun steht er also in Amt und Würden. Ein Präsident, der schneller spricht, als denkt, dessen Markenzeichen und Erfolgsformel die unverhohlene Brutalität ist. Seit seiner Wahl im Mai wurden mehr als 100 Verdächtige ohne Prozess getötet — Tendenz steigend, Ausgang offen.




4 Leserbriefe
Aber um den neuen Präsidenten fair zu beurteilen, könnte man sich ja auch mal statt mit Sprüchen mit Fakten beschäftigen, z.B. damit, dass Duterte es geschafft hat, den Armen und Ärmsten auf den Philippinen, den sog. class D and E, wieder eine Stimme zu geben. Während üblicherweise die philippinische Eliten die Präsidentschaft unter sich auskegeln und die Macht von den Eltern zu den Kindern weiterreichen kommt nun ein Outsider zum Zuge. Abgesehen von dem kurzen Erap-Intermezzo (Joseph Estrada, gewählt 1998), das mit einem wohl orchestrierten "Volksaufstand" zugunsten der Präsidententochter Gloria Macapagal-Arroyo schon Anfang 2001 wieder beendet wurde, war das in der philippinischen Geschichte seit dem Sturz von Marcos die Regel. Deshalb ist die Wahl Rodrigo Dutertes ein Schlag ins Gesicht der herrschenden Eliten.
Rodrigo Duterte ist gewählt worden mit einem track-record beim Thema Sicherheit, das vor allem die untersten Schichten berührt. Während schon die philippinische Mittelschicht so schnell es geht, in die "gated communities" flüchtet und sich so private Sicherheit kauft, schauen die, die sich das nicht leisten können, in die Röhre und sind weitegehnd schutzlos Verbrechen, Drogen und Gewalt ausgesetzt. Duterte hat gezeigt, dass er entschlossen und in der Lage ist, Sicherheit auch für die Massen zu schaffen. In das Bild passt übrigens auch, dass Duterte deutliche Friedenssignale gegenüber Muslim Mindanao und der NPA ausgesendet hat.
Ein Wort zu den Todesschwadronen, die Duterte geduldet haben soll. Die Philippinen haben eine lange und blutige Geschichte extra-legaler Tötungen. Aber dass das Land z.B. auf der Reporter-ohne-Grenzen-Rangliste von Gewalt gegen Journalisten weit oben rangiert, ist leider seit langen Jahren so, obgleich nicht Rodrigo Duterte, sondern die alten Eliten die Philippinen regiert haben. Und die Philippinen haben eben nicht nur eine lange Geschichte der Gewalt, sondern genauso eine Geschichte, diejenigen, die nicht zu den alten Eliten gehören, in drastischen und gelenkten Schmutzkampagnen zu diskreditieren.
Ich bin nicht naiv und es liegt mir fern, Rodrigo Duterte hier als lupenreinen Verfechter des Rechtsstaats zu preisen. Aber es stünde gerade der Linken gut an, nicht kritiklos in den Chor der Herrschenden über den "irren Philippinen-Despoten" (Bild, 1.6.16) einzustimmen, sondern Präsident Duterte und seiner pro-poor Agenda eine faire Chance zu geben.
schön, dass Sie sich für das Thema Duterte interessieren. Es ist richtig und wichtig auf die Menschrechtsverletzungen etc. aufmerksam zu machen. Dennoch sollte besonders hier die Art und Weise beachtet werden. Ja Duterte tritt den Rechtsstaat mit Füßen, ja er hat sich in der Vergangenheit zahlreiche unerträgliche, verbale Entgleisungen geleistet. Auch die angekündigten Morde finden nun statt. Aber außer der Verachtung gegenüber Duterte wird nicht deutlich, worum es eigentlich geht. Dieser Beitrag regt nicht zum nachdenken an, sondern malt ein dunkles Bild und eine Einordnung bleibt aus. "Irre, impotent, Politclown, Gesetz der Gosse". Sich letztlich auch noch der Sprache dieses Menschen zu bedienen ist in keiner Weise hilfreich und erinnert an andere Formate.
Ich begrüße es stets sehr, wenn sich die IPG mit Themen Südostasiens und des Pazifiks auseinandersetzt. Aber bitte nicht so.