Fröhlich, jung und noch relativ neu auf der politischen Bühne – der Newcomer Zohran Mamdani hat die Bürgermeisterwahl in New York mit fast zweistelligem Vorsprung gewonnen.

Als Einwanderer und demokratischer Sozialist findet Mamdani in Zeiten häufiger Razzien der US-Einwanderungsbehörde gegen undokumentierte Migranten und unerschwinglicher Lebenshaltungskosten fruchtbaren Boden für seine Agenda. Manche Stimmen aus der Mitte fürchten, Mamdani verkörpere genau das, was 2024 als Todesurteil für die Demokratische Partei galt: eine zu radikale, allzu „woke“ politische Richtung. Dabei ist es ihm in nur acht Monaten gelungen, die Wähler New Yorks mit seiner – zumindest teilweise umsetzbaren – wirtschaftspolitischen Botschaft zu erreichen. Die Frage liegt nahe: Werden die Demokraten es bereuen, im Hinblick auf die Zwischenwahlen 2026 und die Präsidentschaftswahl 2028 einen „linken Populisten“ wie Mamdani unterstützt zu haben?

Die kurze Antwort lautet: Nein! Mamdani ist kein gewöhnlicher, „woker“ Kulturkämpfer. Ihm fehlt sicherlich die politische Erfahrung – aber das hat in den USA noch niemanden vom Erfolg abgehalten. Mamdanis linke Agenda konzentriert sich stark auf wirtschaftliche Fragen: einen höheren Mindestlohn, städtische Lebensmittelgeschäfte, einen kostenlosen öffentlichen Nahverkehr sowie bezahlbare Kinderbetreuung und Wohnungen.

Das Ganze garniert er mit einem populistischen „Tax the rich!“ – und wer hört das nicht gern? Nun ja, wahrscheinlich die vielen wohlhabenden New Yorker, die wegen der unerschwinglichen Steuern bereits nach Florida gezogen sind. Ironischerweise sind trotz dieser Abgaben, unter denen sie angeblich so leiden, die Einkommen der obersten Drei-Prozent in der Stadt in nur fünf Jahren viermal so stark angestiegen wie die der unteren 20 Prozent. Mamdanis Plan, den Unternehmenssteuersatz von 7,25 auf 11,5 Prozent zu erhöhen, dürfte diesen Trend kaum bremsen. Angesichts der Wohnungs- und Lebenshaltungskrise, die nicht nur New York, sondern große Teile der USA erfasst hat, überrascht es kaum, dass schnelle, populistische Lösungen auf beiden Seiten des politischen Spektrums gut ankommen.

Einige von Mamdanis Versprechen – etwa die Mietpreisbremse – sind langfristig weder politisch noch wirtschaftlich realisierbar. Mit solchen Forderungen Wahlkampf zu machen und sie dann zwangsläufig nicht umsetzen zu können, birgt die Gefahr, dass sich Wählerinnen und Wähler langfristig noch stärker von der Demokratischen Partei abwenden. Doch vielleicht ist das nicht die wichtigste Lehre aus Mamdanis Wahlsieg. Vielmehr zeigt sein Erfolg, was die Menschen derzeit wirklich brauchen: jemanden, der so aussieht und spricht wie sie, der authentisch wirkt und die Aufstiegsversprechen ihrer Stadt verkörpert.

In den USA zu leben, fühlt sich für viele Progressive derzeit an den meisten Tagen entmutigend an. Die Trump-Regierung überflutet die Medien mit den „größten“ und „schönsten“ Schlagzeilen, während die Präsenz der Nationalgarde in vielen Städten längst zum Alltag gehört. Die Superlative von ganz oben reißen nicht ab – und die Demokratische Partei schien bis zu den jüngsten Novemberwahlen wie gelähmt.

Fast genau ein Jahr nach den Präsidentschaftswahlen 2024 haben die jüngsten Erfolge im ganzen Land neue Hoffnung unter Amerikas Progressiven geweckt.

Von außen mag Mamdanis populistische Botschaft wirken, als wolle er Feuer mit Feuer bekämpfen – doch das stimmt so nicht. Der 34-Jährige verbreitet mit einem breiten Lächeln optimistische Ideen für die Zukunft New Yorks. Er spricht gezielt junge Wähler an, nimmt sich in den sozialen Medien nicht allzu ernst und verkörpert eine persönliche Geschichte, die Amerikaner lieben: ein Neuling mit Vision, bodenständig und mit großen Träumen. Mamdanis Wahlkampf hat landesweit Aufmerksamkeit erregt, während Strategen im ganzen Land fieberhaft nach einer Patentlösung suchen, um Wähler für progressive Anliegen zurückzugewinnen. Doch eine solche Wunderformel gibt es natürlich nicht.

Fast genau ein Jahr nach den Präsidentschaftswahlen 2024 haben die jüngsten Erfolge im ganzen Land neue Hoffnung unter Amerikas Progressiven geweckt. Denn es wurde nicht nur ein demokratischer Sozialist zum Bürgermeister von New York gewählt. Auch moderate Demokratinnen wie Mikie Sherill und Abigail Spanberger waren erfolgreich und stehen nun als künftige Gouverneurinnen von Virginia und New Jersey fest. Beide gewannen deutlicher als in den Umfragen vorhergesagt, indem sie geschickt ihre sicherheitspolitische Erfahrung und ihren militärischen Hintergrund betonten.

Selbst in Kalifornien stimmten die Wählerinnen und Wähler mit überwältigender Mehrheit für Gouverneur Gavin Newsoms „Proposition 50“ – eine ausgesprochen nicht ganz regelkonforme Maßnahme, die Wahlbezirke neu zuschneidet, um künftige Sitze für die Demokraten abzusichern. Das Vorhaben entstand als Reaktion darauf, dass texanische Abgeordnete Anfang des Jahres dasselbe getan hatten. Sozialismus, Mitte-Kandidaten sowie das bewusste Dehnen der Spielregeln – all das erfüllt offenbar seinen Zweck, wenn auch in unterschiedlichen Teilen des Landes und bei unterschiedlichen Wählergruppen. Genau das ist die Lehre aus den jüngsten Erfolgen der Demokraten.

Die Demokratische Partei hat ein Imageproblem. Doch so tief sie auch gefallen sein mag – auf dem Weg zurück nach oben bieten sich der Partei zahlreiche Chancen, neue Botschaften und neue Gesichter auszuprobieren. Es sollte niemanden überraschen, dass sich die vielfältigen Probleme der USA nur mit ebenso vielfältigen Lösungsansätzen, Denkweisen und Stimmen angehen lassen. Die wichtigste Lehre aus diesen Erfolgen – und besonders aus Mamdanis – lautet: Die Menschen wollen sich in einer Kandidatin oder einem Kandidaten wiederfinden. Sie wollen ernst genommen werden, spüren, dass ihre Sorgen gehört werden – und jemanden erleben, der ihr Leben, ihre Stadt und ihre Hoffnungen wirklich versteht und vertritt.

Niemand bezweifelt, dass Mamdani einige seiner Versprechen wohl kaum wird einlösen können. Das liegt in der Natur eines politischen Systems, das von Spenden abhängt und durch kurze Amtszeiten geprägt ist – zumal in einer Stadt, die ständig mit neuen Krisen zu kämpfen hat. Doch Mamdani bringt einen Funken Hoffnung zurück: Noch bleibt Zeit bis zu den Zwischenwahlen im kommenden Jahr, um die Botschaften der Demokraten zu schärfen – denn offensichtlich hat etwas bei den Wählerinnen und Wählern einen Nerv getroffen.