Im Jahr 2024 erlitt die Demokratische Partei eine der verheerendsten Wahlniederlagen ihrer Geschichte. Sie unterlag eindeutig einem Kandidaten, dessen letzte Amtshandlung darin bestanden hatte, einen Angriff auf den eigenen Kongress zu unterstützen. Die Demokraten verloren Wählerstimmen unter den Hispanics an Trump, der Massendeportationen forderte, und unter Afroamerikanern, obwohl Trump – wie sich später zeigen sollte – fest entschlossen war, zentrale Errungenschaften der Bürgerrechtsgesetzgebung zurückzudrehen. Die Partei verlor nicht nur ein oder zwei Staaten ihrer einst so stabilen „Blauen Mauer“, sondern jeden einzelnen Baustein der gesamten Festung. Ihre Zustimmungswerte sanken auf 29 Prozent – den niedrigsten Wert, den eine Partei seit Einführung dieser Umfragekategorie je erreicht hat.
Doch eine solche Niederlage kann auch ein Geschenk sein! Welche Gelegenheit, Bilanz zu ziehen und ohne jede beschönigende Ausrede ehrlich zu hinterfragen, warum die eigene Partei so kläglich verliert. Es gab – offenkundig – zwei Hauptursachen für die Niederlage der Demokraten. Zum einen das Problem einer überalterten Parteiführung und die Unfähigkeit, eine Verbindung zu einer jüngeren, digital geprägten Wählerschaft herzustellen. Zum anderen die fehlende Fähigkeit, die vernünftige Mitte zu besetzen und sich als die erwachsenen Stimmen im Raum zu präsentieren. Irgendwie gelang es ihnen sogar, in den Umfragen vor der Wahl als die radikalere Partei dazustehen – und das ausgerechnet gegen einen Gegner, der politische Rivalen ins Gefängnis stecken und Grönland erobern will.
Die Lösung für die Probleme der Partei war im Grunde ganz einfach. Erstens brauchte sie endlich eine Generation von Kandidaten, die wussten, wie man ein Smartphone benutzt. Und zweitens sollten diese Kandidaten – um Himmels willen – einfach nur nicht noch verrückter sein als die Gegenseite. Das, ehrlich gesagt, sollte nun wirklich keine allzu hohe Hürde sein.
Mit der bevorstehenden Wahl des 34-jährigen Zohran Mamdani – des klaren Favoriten für das Amt des New Yorker Bürgermeisters – macht die Partei endlich einen bedeutenden Schritt, um das Gespenst der Überalterung hinter sich zu lassen. Doch gleichzeitig fällt sie in der entscheidenden Prüfung durch, sich als Partei der Mitte zu positionieren – und das auf eine Weise, die vermuten lässt, dass sie einfach nie aus ihren Fehlern lernen wird.
Mit Blick auf die Zwischenwahlen 2026 – spätestens aber auf 2028 – haben die Demokraten es eigentlich wirklich nicht schwer, als Partei des gesunden Menschenverstands aufzutreten. Die Razzien maskierter ICE-Agenten in US-Betrieben sollte im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen. Ebenso der Einsatz der Nationalgarde in amerikanischen Städten in Zeiten des Friedens. Stattdessen wissen wir alle, was passieren wird: Das Fox-News-Publikum wird sich auf „sowjetische Staats-Supermärkte“ in New York stürzen, auf Slogans wie „Globalize the Intifada“ oder auf die alte Falle „Defund the Police“ – in welche die Demokraten, durch Mamdanis Unterstützung dieser Forderung im Jahr 2020, geradewegs wieder hineintappen. Genau solche Themen waren Trumps Trumpfkarte bei seinen letzten Wahlkämpfen: Die autonomen Zonen sowie die Politik der Entkriminalisierung der Westküsten-Bürgermeister stellten ein Geschenk dar, das ihm in den Wahlzyklen 2020 bis 2024 in die Hände spielte. Und mit einem bekennenden Sozialisten an der Spitze der größten demokratisch regierten Stadt des Landes wird Trump so ziemlich alle Munition haben, die er braucht, um die Demokraten bis 2028 in Grund und Boden zu stampfen.
Seine früheren Positionen sind eine Steilvorlage für Empörung, pures Klickfutter für die Zuschauer von Fox News.
Man sollte fair bleiben: Mamdani weiß, wie man zwischen einem Reel und einem Livestream unterscheidet. Sein Sprint in Richtung Kamera – offenbar das Markenzeichen seiner Wahlkampfvideos – ist vielleicht nicht das bahnbrechende politische Kino, als das seine Anhänger es feiern. Aber für eine Partei, deren Spitzenpersonal lange an akuter Überalterung litt, sollten die Demokraten auf Jugend und Energie setzen, wo es nur geht. Und Mamdani ist zweifellos ein kluger Politiker. Ein aktuelles Porträt in der New York Times hebt vor allem seine „Tour des Zuhörens“ mit einflussreichen Vertretern der Stadt hervor – sowie seine bemerkenswerte Maßnahme, im Wahlkampf auf manche seiner früheren, radikaleren Positionen zu verzichten.
Doch seine früheren Positionen sind eine Steilvorlage für Empörung, pures Klickfutter für die Zuschauer von Fox News. Erst musste er sich für einen Tweet aus dem Jahr 2020 entschuldigen, in dem er forderte, der New Yorker Polizei die Finanzierung zu entziehen. Er hatte zudem große Mühe, sich von dem Slogan „Globalize the Intifada“ zu distanzieren – und das ausgerechnet in einer Stadt mit der weltweit zweitgrößten jüdischen Bevölkerung. Außerdem hält er an seinem Versprechen fest, den israelischen Premierminister Benjamin Netanjahu bei dessen nächstem Besuch in New York verhaften zu lassen – ungeachtet der Tatsache, dass das höchstwahrscheinlich illegal wäre (die USA sind kein Mitglied des Internationalen Strafgerichtshofs) und internationale Turbulenzen auslösen würde.
Hinzu kommen die staatlich betriebenen Lebensmittelgeschäfte, die Millionärssteuer und die Einfrierung der Mietpreise – alles Maßnahmen, zu deren Umsetzung Mamdani wohl kaum die Befugnis hat, die aber perfekt jedes noch so absurde Klischee bestätigen, das Fox-News-Moderatoren über die wahren Ziele der Demokraten pflegen. Und dann ist da – wie Cuomo im letzten Bürgermeisterduell zwar hart, aber nicht ganz zu Unrecht anmerkte – die Tatsache, dass Mamdani „nie einen richtigen Job hatte und nie etwas erreicht hat“. Es ist derselbe weltfremde Idealismus, der einst zu autonomen Zonen, Entkriminalisierungsbewegungen und „Abschffung der Polizei“-Kampagnen führte – eben zu all den Übertreibungen in der Hochphase der „Woke“-Ära. Währenddessen geriet in Teilen liberaler Städte die öffentliche Ordnung aus den Fugen. Progressive wirkten wie Kinder im Sandkasten, das Publikum von Fox News sog jedes Detail genüsslich auf und die Trump-Anhänger hatten alle Argumente, die sie brauchten. Und falls das übertrieben klingt: Das Nationale Republikanische Wahlkomitee hat bereits angekündigt, Mamdani zum Hauptziel seiner Kampagne für die Zwischenwahlen 2026 zu machen – und will dabei seine landesweite „Unbeliebtheitsrate“ von 41 Prozent (gegenüber nur 25 Prozent Zustimmung) ausschlachten, um die Demokraten als polizeifeindliche Sozialisten darzustellen.
Und hier stehen wir also wieder. Die Partei, die 2024 die politische Mitte verloren hat, driftet – bei der erstbesten Gelegenheit – erneut nach ganz links außen ab. Zur Abwechslung kann man den demokratischen Parteigranden diesmal kaum einen Vorwurf machen: Mamdani war ein Außenseiter, der sich allein durch Charisma und Kampagnenkraft bis an die Türschwelle des Rathauses vorgearbeitet hat. Doch die demokratischen Wähler selbst sollten nach all den Jahren des Trumpismus eigentlich einen stärkeren Selbsterhaltungstrieb entwickelt haben, als sie derzeit zeigen. Im Zeitalter der digitalen Medien geht es bei einer Bürgermeisterwahl längst nicht mehr nur um die jeweilige Stadt – sondern darum, wie sie auf der nationalen Bühne wahrgenommen wird. Trump verstand es meisterhaft, die Ereignisse von 2020 in Minneapolis und an der Westküste sowie die Übertreibungen der Transbewegung zu nutzen, um 2024 große Teile der Bevölkerung auf seine Seite zu ziehen. Wenn die Demokraten daraus nichts lernen, werden sie Wahlen auf nationaler Ebene immer und immer wieder verlieren.
Dieser Artikel erschien zuerst im US-Onlinemagazin Persuasion.




