Die westlichen Staats- und Regierungschefs zeigten sich nach ihrem beispiellosen Gipfeltreffen im Weißen Haus mit US-Präsident Donald Trump in heiterer Stimmung. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sprach von seinem bislang „besten Treffen“ mit dem US-Präsidenten. Großbritanniens Premierminister Keir Starmer lobte die Gespräche als „gut und produktiv“, während Bundeskanzler Friedrich Merz erklärte, die Zusammenkunft in Washington habe die Erwartungen „übertroffen“.

Trotz dieser positiven Töne führte das Treffen im Weißen Haus zu keinen konkreten Schritten in Richtung Frieden in der Ukraine. Stattdessen diente es vor allem dazu, nach Trumps jüngstem Gipfel mit Putin die Geschlossenheit zwischen Ukraine, Europa und den Vereinigten Staaten zu demonstrieren.

Das wichtigste Ergebnis der Gespräche am Montag war Trumps Zusage, dass die Vereinigten Staaten sich an Sicherheitsgarantien für die Ukraine beteiligen würden. Der britische Premier, der seit Monaten auf eine aktive Rolle der Amerikaner bei den Sicherheitsgarantien drängt, sprach von einem „Durchbruch“. Auch NATO-Generalsekretär Mark Rutte zeigte sich begeistert und nannte Trumps Bereitschaft, an Sicherheitsgarantien mitzuwirken, einen „großen Schritt“.

Diese Jubelstimmung könnte jedoch verfrüht gewesen sein. Tatsächlich ist bislang völlig unklar, welche Art von Sicherheitszusagen Trump im Sinn hat. Nur wenige Stunden nach dem Treffen im Weißen Haus bemühte sich der US-Präsident bereits, die Erwartungen zu dämpfen – und stellte klar, dass keine amerikanischen Truppen in die Ukraine entsandt würden.

Das Thema westlicher Sicherheitsgarantien für die Ukraine bleibt damit weiterhin von vielen Unklarheiten geprägt.

Europäische Vertreter versprachen, in den kommenden Wochen für mehr Klarheit über mögliche Sicherheitsgarantien zu sorgen. Intensive Gespräche laufen bereits, um zu klären, wie solche Zusagen praktisch umgesetzt werden könnten. Militärplaner, die mit dieser Aufgabe betraut sind, stehen dabei vor einer Reihe von Herausforderungen. Entscheidend wird sein, auszuloten, welche Auslöser ein militärisches Eingreifen des Westens rechtfertigen würden, sowie, welche Regeln für einen möglichen Einsatz europäischer Soldaten gelten sollen, die eine künftige Friedensvereinbarung zwischen der Ukraine und Russland überwachen.

Die Debatte über Sicherheitsgarantien und die mögliche Entsendung einer europäischen Reassurance Force zur Überwachung eines Waffenstillstands in der Ukraine läuft bereits seit Anfang 2025. In den vergangenen sechs Monaten haben Großbritannien und Frankreich versucht, eine sogenannte „Koalition der Willigen“ zu schmieden. Doch bislang konnte keines der beiden Länder genau definieren, wozu diese Koalition tatsächlich bereit wäre. Das Thema westlicher Sicherheitsgarantien für die Ukraine bleibt damit weiterhin von vielen Unklarheiten geprägt.

Derzeit gibt es mehr Fragen als Antworten: Sollten westliche Truppen in die Ukraine entsandt werden, dürften sie sich im Ernstfall selbst verteidigen? – Oder wären sie auf die passive Rolle von Beobachtern beschränkt, die Verstöße gegen einen Waffenstillstand melden? Würde ein russischer Angriff auf europäische Soldaten in der Ukraine als Kriegserklärung gegen die beteiligten Staaten gewertet? Diese und viele weitere praktische, militärische wie politische Fragen müssen beantwortet werden, ehe ein Land bereit wäre, ein solch langfristiges und riskantes außenpolitisches Engagement einzugehen.

Technisch gesehen sind diese Hürden nicht unüberwindbar. Doch sie erfordern ein Maß an politischem Willen und Mut, das der westlichen Reaktion auf die russische Invasion seit 2022 weitgehend gefehlt hat. Im Kern läuft die Unsicherheit hinsichtlich der Sicherheitsgarantien daher auf eine einfache Frage hinaus: Wären westliche Regierungen bereit, für die Ukraine in den Krieg mit Russland zu ziehen? Die Antwort lautet mit ziemlicher Sicherheit: Nein.

Die Ukraine kann sich gegen Russland offenkundig nicht ohne kontinuierliche westliche Unterstützung behaupten.

Das bedeutet allerdings nicht, dass die Idee von Sicherheitsgarantien gänzlich ad acta gelegt werden sollte. Im Gegenteil: Die Ukraine kann sich gegen Russland offenkundig nicht ohne kontinuierliche westliche Unterstützung behaupten. Zugleich ist jedoch Realismus notwendig. Der Westen wird für die Ukraine höchstwahrscheinlich nicht kämpfen. Wer etwas anderes behauptet, gibt sich gefährlichen Illusionen hin. Was westliche Länder aber sehr wohl tun können, ist, die ukrainische Armee so zu stärken, dass sie den Kreml eindämmt und Putin abschreckt, bevor er erneut ein kriminelles imperialistisches Abenteuer beginnt.

Die gute Nachricht: Die ukrainischen Streitkräfte sind bereits heute die größte und bei weitem kampferprobteste Armee Europas. Während erhebliche Zweifel bestehen, ob moderne europäische Gesellschaften bereit wären, ihre Heimat zu verteidigen, haben die Ukrainer mehr als drei Jahre lang in erbitterten Schlachten gegen eine erbarmungslose Militärmacht standgehalten. Zudem ist die ukrainische Armee technologisch hochgerüstet und gilt als weltweiter Vorreiter in der Drohnenkriegsführung.

Mit ausreichender Unterstützung durch ihre westlichen Partner ist die Ukraine mehr als fähig, sich selbst zu verteidigen – und als Bollwerk Europas gegen den wiedererstarkenden russischen Imperialismus zu dienen. Damit dies Wirklichkeit wird, müssen westliche Regierungen ihre derzeitige „Stückwerk-Politik“ bei der Militärhilfe beenden und sich auf eine dauerhafte Unterstützung über viele Jahre hinweg verpflichten – unabhängig von politischen Regierungswechseln in den eigenen Hauptstädten.

Neben einer deutlich verstärkten Lieferung von Waffen und Ausrüstung muss diese Unterstützung auch Investitionen in die schnell wachsende ukrainische Rüstungsindustrie umfassen. Mit anderen Worten: Die Ukraine muss zum Verteidiger an Europas Frontlinie und zur Waffenschmiede des Kontinents werden. Ziel ist es, Kiew mit den Mitteln auszustatten, die Putins Armee auf dem Schlachtfeld schlagen, eine tausende Kilometer lange Front sichern und – falls nötig – tief in Russland zuschlagen können, um die Kriegsmaschine des Kremls und die sie tragende Wirtschaft ins Visier zu nehmen.

In diesem gefährlichen Moment der europäischen Geschichte kann nur eine starke Ukraine, gestützt auf die überwältigende finanzielle, industrielle und technologische Kraft des Westens, weitere russische Angriffskriege verhindern. Es wäre hoffnungslos naiv, zu glauben, Putin ließe sich durch bloße schriftliche Zusagen jener europäischen Staaten abschrecken, die bereits mehrfach ihre mangelnde Kampfbereitschaft bewiesen haben. Stattdessen sollte die militärische Partnerschaft mit der Ukraine als sicherheitspolitische Priorität jedes europäischen Landes gelten – zumindest jener, die es vermeiden möchten, irgendwann selbst gegen Russland kämpfen zu müssen.

Die englische Originalversion des Artikels erschien zuerst im UkraineAlert-Blog des Atlantic Council.