Am Sonntag wird Kolinda Grabar Kitarović ihren Eid als neue kroatische Präsidentin ablegen. Der Sieg der national-konservativen Kandidatin in den Präsidentschaftswahlen sendet eine eindeutige Botschaft in die Staaten Südosteuropas: Wo immer Sozialdemokraten mit ihrer Politik der Krisenbekämpfung erfolglos bleiben, profitieren die nationalkonservativen Kräfte. Dies könnte durchaus negative Folgen für Stabilität und Zusammenarbeit in der Region haben.

Wo immer sozialliberale Kräfte mit ihrer Wirtschafts- und Sozialpolitik erfolglos bleiben, werden dies in erster Linie die nationalkonservativen Kräfte ausnutzen.

Seit der Einführung der pluralistischen Demokratie im Jahr 1990 ist Kroatien in zwei politische Lager gespalten. Das durch die sozialdemokratische SDP angeführte sozial-liberale Lager sieht sich nationalkonservativen Kräften um die Kroatische Demokratische Gemeinschaft (HDZ) gegenüber, die vom ersten kroatischen Präsident Franjo Tudjman in den 90er Jahren gegründet wurde. Tudjman legte die Fundamente des selbständigen kroatischen Staates. Und zwar im Guten wie im Schlechten. Auf der Haben-Seite: Die erfolgreiche Errichtung und Bewahrung der Unabhängigkeit. Auf der Soll-Seite: Autoritäre Entstellung der Demokratie, exklusiver ethnischer Nationalismus, eine politisch gesteuerte Privatisierung und ausufernder politischer Klientelismus. Nach dem Tode Tudjmans 1999 lag das Präsidentenamt in den Händen des sozial-liberalen Lagers. Zunächst beim liberalen Populisten Stjepan Mesić aus der kleinen Volkspartei (HNS) und seit 2010 beim Sozialdemokraten Ivo Josipović. Zwar wurde die präsidiale Machtfülle Tudjmans durch Verfassungsänderungen im Jahr 2000 stark reduziert. Doch noch heute ist der direkt gewählte Präsident ein Symbol der nationalen Einheit und der Stabilität demokratischer Institutionen. Die beiden Präsidenten Mesić und Josipović übten diese Funktion erfolgreich aus und zählten zu den populärsten Politikern des Landes.

Der Triumph Kitarovićs ist nur vor dem Hintergrund der anhaltenden wirtschaftlichen und sozialen Krise in Kroatien und ihren politischen Folgen zu verstehen.

 

Politische Mobilisierung der Kritik

Zur Erinnerung: Seit 2009 befindet sich Kroatien in einer Rezession. Die Krise wurde ohne Erfolg von einer HDZ-Regierung bekämpft und im Anschluss daran ab 2011 von einer sozialdemokratisch angeführten Koalition. In den drei Jahren ihres Mandats haben die Sozialdemokraten unter Ministerpräsident Zoran Milanović jedoch ihr Wahlversprechen, Wirtschaftswachstum anzustoßen und Arbeitsplätze zu schaffen, nicht in die Wirklichkeit umgesetzt. Die wirtschaftlichen Daten blieben negativ und die Arbeitslosenquote liegt unverändert bei 17 Prozent. Die politische Konsequenz dieses Scheiterns war politische Mobilisierung der Kritik von rechts und von links.

Von links kam die Kritik vor allem von neuen Parteien: Der Arbeiterpartei (Laburisti) oder der neuen grün-linken Partei OraH einer Ex-Umweltministerin, die einen Teil der sozialdemokratischen Wähler für sich gewinnen konnten.

Politisch wichtiger und erfolgreicher war jedoch die Mobilisierung von rechts. Die HDZ verfolgte eine besonders aggressive Strategie. Die sozial-liberale Regierung wurde als unpatriotische und volksferne Gruppe getarnter Ex-Kommunisten diffamiert. Die Klientel der HDZ, vor allem extrem nationalistische Kriegsveteranenvereinigungen, wurde zu Protesten angespornt. Der Vorwurf: Regierung und Präsident verraten die Errungenschaften des Befreiungskrieges.

Die sozial-liberale Regierung wurde als unpatriotische und volksferne Gruppe getarnter Ex-Kommunisten diffamiert.

Von dieser Rhetorik profitierte Kolinda Grabar Kitarović. Sie schaffte es, die nationalistische Kritik an Präsident und Regierung mit einem Aufruf zur Erneuerung der nationalen Einheit zu verbinden. Diese Ambition dürfte die neue Präsidentin angesichts ihres äußerst knappen Wahlsiegs (50,7 gegen 49,3 Prozent) und ihrer widersprüchlichen, nationalistisch geprägten Rhetorik allerdings kaum verwirklichen können. Dabei beinhaltet ihr Sieg durchaus eine Botschaft für die anderen Staaten Südosteuropas: Wie auch die Dominanz der Nationalkonservativen in Serbien, Bosnien-Herzegowina und Mazedonien zeigt das Beispiel Kroatien: Wo immer sozialliberale Kräfte mit ihrer Wirtschafts- und Sozialpolitik erfolglos bleiben, werden dies in erster Linie die nationalkonservativen Kräfte ausnutzen.