US-Präsident Donald Trump verbrachte den Großteil der letzten Oktoberwoche in Asien. Es gelang ihm, auf mehreren Fronten des Handelskriegs, den er im Wesentlichen selbst entfacht hatte, Waffenruhen zu erzielen – nachdem er zuvor sowohl Freunde als auch Gegner mit Zöllen belegt hatte. Was ihm jedoch nicht gelang, war der Aufbau dauerhafter wirtschaftlicher Strukturen oder die Ausräumung der wachsenden Zweifel an der strategischen Verlässlichkeit der Vereinigten Staaten in der Region.
Zweifellos gab es aber auch einige beachtliche Erfolge. Trumps Treffen in Japan – heute wohl der wichtigste Verbündete der USA, sowohl wirtschaftlich als auch militärisch und mit zentraler Bedeutung für das Gleichgewicht gegenüber einem stärkeren und selbstbewussteren China – verliefen besser, als viele erwartet hatten. Ein Markenzeichen der Außenpolitik der Trump-Regierung ist schließlich ihr harter Kurs selbst gegenüber Freunden und Partnern. Doch Trump und Japans neue Premierministerin, Sanae Takaichi, verstanden sich auf Anhieb ausgesprochen gut.
Es half, dass Takaichi eng mit dem früheren Premierminister ShinzōAbe verbunden ist – jenem Regierungschef, der während Trumps erster Amtszeit das engste Verhältnis zu ihm pflegte. Ebenfalls von Vorteil war, dass Japan mehr Geld für Verteidigung ausgibt und bereit ist, seine Investitionen in den USA deutlich zu erhöhen.
Offenbar haben Amerikas Verbündete in Asien wie auch in Europa gelernt, den oft schwierigen diplomatischen Tanz mit Trump besser zu meistern.
Auch mit Südkorea gelang es, die wirtschaftlichen Beziehungen auf eine solidere Basis zu stellen. Offenbar haben Amerikas Verbündete in Asien wie auch in Europa gelernt, den oft schwierigen diplomatischen Tanz mit Trump besser zu meistern. Schmeicheleien, kleine Geschenke und viel Show – kombiniert mit höheren Verteidigungsausgaben und Investitionen in den USA – können den Besuch zum Erfolg werden lassen.
Die positive Stimmung dieser Treffen bildete den passenden Rahmen für das bilaterale Gespräch zwischen Trump und Chinas Präsident Xi Jinping. Dabei kam es zu einer Art Waffenruhe im Handelskrieg zwischen den USA und China – doch die grundlegenden wirtschaftlichen Spannungen blieben ungelöst, ebenso wie die wachsenden geopolitischen Konflikte zwischen den beiden größten Volkswirtschaften der Welt.
China will wieder in begrenztem Umfang amerikanische Sojabohnen kaufen, es hat zugesagt, den Export von Chemikalien zur Herstellung von Fentanyl einzudämmen, und es verschiebt die geplanten Beschränkungen für den Export seltener Erden um ein Jahr. Die USA wiederum werden ihre Zölle auf chinesische Waren insgesamt von 57 auf 47 Prozent senken. Auch ein Abkommen über die Social-Media-App TikTok scheint kurz vor dem Abschluss zu stehen. Neue Exportkontrollen, die den Zugang Chinas zu fortgeschrittener US-Technologie beschränken würden, scheinen vorerst auf Eis gelegt.
Doch eine Waffenruhe ist kein dauerhafter Frieden. Handelskonflikte könnten – und werden vermutlich – wieder aufflammen, so wie zuletzt zwischen den USA und Kanada, nachdem Trump sich über einen Werbespot der Regierung von Ontario geärgert hatte, in dem Ronald Reagans Kritik an Zöllen zitiert wurde. Zudem hat China weiterhin einen wichtigen Hebel in der Hand: Viele amerikanische Unternehmen sind auf chinesische Rohstoffe und Komponenten angewiesen. Im Krisenfall könnte Peking diesen Vorteil gezielt einsetzen.
Wichtiger ist jedoch vielleicht, was aus dem Treffen zwischen Trump und Xi nicht hervorging: eine umfassende strategische Grundlage für die US-chinesischen Beziehungen, die nicht nur Handel und Investitionen, sondern auch geopolitische Differenzen umfassen würde. Entsprechend überrascht es nicht, dass die Gespräche ohne gemeinsames Verständnis in der Taiwan-Frage endeten. Auch Chinas Käufe russischer Energie und Pekings Unterstützung für das russische Militär werden fortgesetzt. Diese Themen dürften bei Trumps nächstem Besuch in China, der für April angekündigt ist, erneut auf den Tisch kommen – Fortschritte sind jedoch alles andere als sicher.
Insgesamt hat Washington sein Ansehen in der Region beschädigt.
Die Erleichterung in der Region war spürbar, weil die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den USA und China zumindest etwas stabiler aus dem Treffen hervorgingen. Niemand möchte zwischen den beiden Großmächten wählen müssen. Für viele Länder ist China der wichtigste Handelspartner und zugleich eine militärische Macht, mit der man rechnen muss. Gleichzeitig sind zahlreiche Staaten im indo-pazifischen Raum in Fragen der Sicherheit und ihres wirtschaftlichen Wohlergehens stark von den USA abhängig.
Doch nicht alles verlief während Trumps Aufenthalt in der Region reibungslos. Die Beziehungen der USA zu Vietnam haben sich – ähnlich wie die zu Indien – deutlich verschlechtert. Hauptprofiteur dieser Entfremdung zwischen den USA und Ländern, die Chinas strategische Planungen erschweren könnten, ist Peking. Insgesamt hat Washington sein Ansehen in der Region beschädigt, weil es dem umfassenden transpazifischen Handelsabkommen Comprehensive and Progressive Agreement for Trans-Pacific Partnership (CPTPP) nicht beigetreten ist – und weil Trump Zölle nach Belieben als außenpolitisches Druckmittel einsetzt.
Viele in der Region sind auch über die Entwicklungen innerhalb der USA besorgt. Der Shutdown der US-Regierung zeigt ein Land, das so tief gespalten ist, dass es kaum noch handlungsfähig erscheint – ein Eindruck, der sich durch die Unfähigkeit, die explodierende Staatsverschuldung in den Griff zu bekommen, weiter verfestigt hat. Ebenso werfen die strikten Einwanderungsbeschränkungen, die Kürzungen bei der staatlichen Forschungsförderung und die Angriffe auf Universitäten Fragen bezüglich der langfristigen Wettbewerbsfähigkeit und der Verlässlichkeit der USA auf.
Am beunruhigendsten sind jedoch die Tendenzen in der amerikanischen Außenpolitik. Die schwankende Unterstützung für die Ukraine und der nachsichtige Umgang mit Russland nähren in Asien die Sorge, die USA könnten gegenüber Taiwan (und im Südchinesischen Meer) eine ähnlich halbherzige Haltung einnehmen.
Diese Zweifel werden noch vertieft durch weitere, kaum nachvollziehbare Schritte Washingtons: das militärische Vorgehen vor der Küste Venezuelas, das offenbar auf den Sturz des Regimes von Nicolás Maduro abzielt, den Einsatz der Nationalgarde in US-Städten oder den Druck auf die Regierung Panamas, die Kontrolle über den Panamakanal abzugeben. Der angekündigte Teilabzug der US-Truppen in Europa verstärkt zusätzlich den Eindruck einer amerikanischen Außenpolitik im Wandel.
Man könnte fast meinen, die von Präsident Barack Obama eingeleitete „Hinwendung nach Asien“ (Pivot to Asia) sei von Trump durch eine „Hinwendung zur westlichen Hemisphäre“ ersetzt worden. Das ist allerdings nicht die strategische Neuausrichtung, auf die Amerikas Partner in Asien gehofft hatten – und auf die sie weiterhin setzen.
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