Die Staats- und Regierungschefs der Pazifikinseln, darunter Australien und Neuseeland, haben diesen Monat auf dem wichtigsten Treffen des Jahres, dem Pazifik-Insel-Forum, eine große Vision formuliert: Der Pazifik solle ein „Ozean des Friedens“ werden. Da mehr als 95 Prozent der Region aus Wasser bestehen, ist eine solche Selbstbeschreibung durchaus nachvollziehbar. Die Realität sieht jedoch ernüchternd aus. Die Region ist längst zu einem geopolitischen Schachbrett geworden, auf dem China, die USA und Australien ihre Züge machen – flankiert von unzähligen anderen Akteuren, die Einfluss gewinnen wollen. Bei diesem Treffen ging es darum, die Macht zurückzugewinnen und eine vom Pazifikraum geführte Agenda aufzustellen.

Die Salomonen, Gastgeber des diesjährigen Gipfels, lieferten den Beweis, dass auch kleine Staaten eine zentrale Rolle in diesem Machtspiel behaupten können. Sie beschlossen, keinen ihrer externen Entwicklungspartner – darunter Großbritannien, Deutschland, die EU, China und Taiwan – zum Gipfel einzuladen. Offiziell wurde dies als pragmatischer Kompromiss dargestellt: Die Gespräche mit externen Partnern würden erst 2026 wieder aufgenommen, wenn eine neue Regelung für die regionale Architektur fertiggestellt wäre. In Wirklichkeit handelte es sich um einen hochpolitischen Schachzug. Die engen Beziehungen der Salomonen zu China hatten sie in ein Dilemma manövriert: Eine Einladung Taiwans hätte Peking verärgert, ein Ausschluss Taiwans hätte drei Pazifikstaaten, die Taiwan anerkennen, vor den Kopf gestoßen. Die Lösung bestand daher darin, alle Partner auszuschließen. Dieser Schritt zeigt die Anfälligkeit der Pazifikstaaten gegenüber Druck von außen und ihren Kampf um Selbstbehauptung.

Die Aussichten für die europäischen Entwicklungspartner sind besonders ernüchternd. Die vorgeschlagene Struktur für den Partnerdialog sieht vor, dass nur strategische Partner mit einer umfassenden Entwicklungszusammenarbeit Zugang zu hochrangigen Treffen erhalten. Diejenigen, die sich auf einzelne Sektoren beschränken, werden in Zukunft wahrscheinlich nur noch auf Minister- oder Expertenebene Gehör finden. Dies wäre ein Problem für die EU, die umfangreiche Unterstützung leistet, aber oft technokratisch handelt. Die Gefahr liegt auf der Hand: Europa könnte angesichts seiner Rolle als Nischenakteur, der sich im Pazifik vor allem im Klimabereich engagiert, an Einfluss verlieren, während wichtige regionale politische Entscheidungen anderswo getroffen werden.

Was die Agenda der Pazifikstaaten dominiert, ist unbestritten: die Klimakrise.

Was die Agenda der Pazifikstaaten dominiert, ist unbestritten: die Klimakrise. Für viele Inseln ist es buchstäblich eine Frage des Überlebens. Jahr für Jahr kämpfen sie auf den UN-Klimakonferenzen dafür, das 1,5-Grad-Ziel im Blick zu behalten und einen gerechteren Zugang zu Klimafinanzierungen zu schaffen. Aber anders als in der Vergangenheit verlassen sich die Inselstaaten nicht mehr allein auf den guten Willen der Großmächte. Sie treiben ihre eigenen Initiativen voran. Ein Beispiel dafür ist ihre gemeinsame Bewerbung mit Australien um die Ausrichtung der COP31 im Jahr 2026. Die Türkei blockiert die Bewerbung zwar noch mit einem unpopulären Gegenvorschlag, aber die Botschaft ist klar: Der Pazifik will eine starke Stimme in der globalen Klimapolitik haben. Diese Offensive ist auch ein Hebel der Machtpolitik. Indem sie das Klima zum zentralen Maßstab machen, drängen die Inselstaaten Länder wie Australien zu stärkeren Maßnahmen. Solange Canberra Kohle exportiert und Gasprojekte vorantreibt, wäre seine Rolle als Mitveranstalter einer Klimakonferenz widersprüchlich.

Da die internationale Klimafinanzierung für die Pazifikstaaten oft unüberwindbare Hürden mit sich bringt, haben sie ein eigenes Instrument geschaffen: die Pacific Resilience Facility. Ziel ist es, bis 2026 500 Millionen Dollar aufzubringen, um Gemeinden direkt und unkompliziert zu unterstützen. Bislang wurden jedoch weniger als 200 Millionen Dollar zugesagt – Beiträge kamen unter anderem aus Australien, China, Frankreich und den USA. Europa hat sich noch nicht beteiligt. Damit ist die Fazilität mehr als nur ein Fonds. Sie ist ein politisches Statement: Wir nehmen unser Schicksal selbst in die Hand. Solange die westlichen Partner jedoch zögern, wird die Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit groß bleiben. Hier könnte Europa mit konkreten finanziellen Zusagen seine Glaubwürdigkeit unter Beweis stellen.

Gleichzeitig wenden sich die Pazifikstaaten rechtlichen Mitteln zu. Ein Gutachten des Internationalen Gerichtshofs hat bestätigt, dass Staaten, die sich weigern, das Klima zu schützen, in Zukunft mit Schadenersatzforderungen konfrontiert werden könnten. Die Inselstaaten sind entschlossen, diesen Weg zu gehen. Ihre Botschaft ist klar: Wer weiterhin Treibhausgase ausstößt, trägt Verantwortung – und muss zahlen. Damit kehren sie die Rollen um: Die vermeintlichen „Opfer“ des Klimawandels werden zu Klägern, die die großen Emittenten vor internationale Gerichte zerren. Auch das ist Ausdruck einer wachsenden Selbstbehauptung.

Während die Klimakrise die gemeinsame Agenda dominiert, gehen die geopolitischen Manöver im Hintergrund weiter. Auch wenn es China nicht gelungen ist, Taiwan dauerhaft aus regionalen Prozessen auszuschließen – ähnlich wie bei seinem gescheiterten Vorstoß für ein regionales Sicherheitsabkommen im Jahr 2022 –, gewinnt Peking strategisch zunehmend an Bedeutung. Wirtschaftlich bleibt China unverzichtbar, und in sicherheitspolitischer Hinsicht gewinnt es zunehmend an Bedeutung. Das Sicherheitsabkommen der Salomonen mit China aus dem Jahr 2022 löste im Westen Schockwellen aus – und veranlasste Australien und die Vereinigten Staaten zu raschen Gegenmaßnahmen. Canberra hat seitdem eigene Sicherheitsabkommen mit Papua-Neuguinea, Fidschi, Tuvalu und Nauru geschlossen. Washington wiederum hat seine Verteidigungs- und Entwicklungspakte mit mehreren Inselstaaten erneuert.

Insbesondere Europa könnte hier punkten, würde es sich klarer und nachhaltiger positionieren.

Bei genauerer Betrachtung wird jedoch deutlich: China baut langfristige Strukturen auf – wirtschaftlich, sicherheitspolitisch und diplomatisch –, um dem Einfluss und Ansehen des Westens entgegenzuwirken. Ein Großteil des geopolitischen Wettbewerbs dreht sich um Sicherheit und kritische Infrastruktur. Für die Inselstaaten selbst stehen jedoch Klima und menschliche Sicherheit im Vordergrund. Wer im Pazifik ernst genommen werden will, muss daher beides miteinander verbinden: den Schutz vor geopolitischen Risiken mit dem Kampf gegen den Anstieg des Meeresspiegels. Insbesondere Europa könnte hier punkten, würde es sich klarer und nachhaltiger positionieren. Solange es sich jedoch auf kleine, sektorale Interventionen beschränkt, unkoordiniert agiert und pazifikgeführte Klimafonds wie die Pacific Resilience Facility vernachlässigt, läuft es Gefahr, in diesem entscheidenden Spiel außen vor zu bleiben.

Der Ausdruck „Ozean des Friedens“ bleibt ein schönes Bild, wirkt aber angesichts der geopolitischen Realität eher unpassend. Der Pazifik ist heute eine Zone intensiven Wettbewerbs – aber auch eine Zone, in der die kleinsten Staaten gelernt haben, ihre Stimme wirksam einzusetzen. Sie tun dies im Kampf gegen den Klimawandel, im Kampf um Finanzmittel, in ihrem Beharren auf rechtlicher Verantwortung – und indem sie Großmächte wie China und Australien herausfordern. Für Europa und den Westen sendet dies eine klare Botschaft: Wer im Pazifik Gehör finden will, muss die Prioritäten der Inselstaaten ernst nehmen. Und diese Prioritäten sind: Klima, menschliche Sicherheit – und die Achtung ihrer Selbstbestimmung.