Im August 2025 kam es im Nordwesten Spaniens (sowie in Portugal) infolge einer langanhaltenden Hitzewelle zu massiven Waldbränden, die rund 400 000 Hektar Land erfassten. Acht Menschen kamen dabei ums Leben, zudem entstanden erhebliche Schäden an Wohnhäusern und Infrastruktur. Die lokalen Feuerwehren waren mit den Bränden überfordert, weshalb Spanien seine europäischen Partner um internationale Unterstützung in Form von Löschmannschaften und luftgestützter Brandbekämpfung bat. Etwa 30 000 Menschen mussten in diesem Sommer ihre Häuser verlassen, viele von ihnen verloren durch die Flammen alles. Die dramatische Geschwindigkeit der Brandausbreitung verschärfte die Lage zusätzlich: Innerhalb von nur einer Woche wuchs die betroffene Fläche von 50 000 auf mehr als 350 000 Hektar. Damit liegt das Jahr 2025 weit über dem Durchschnitt und markiert den Höchstwert der vergangenen 20 Jahre.
Der Verweis auf den Klimawandel gehört inzwischen zum Standardmuster, um Naturkatastrophen wie diese zu erklären. Doch die pauschale Benennung dieser Hauptursache verdeckt, dass neben klimatischen Faktoren auch andere, politisch beeinflussbare Treiber eine Rolle spielen. Wie der spanische Fall zeigt, kann und muss die Politik an konkreten Stellschrauben ansetzen, wenn sich die Lage in den kommenden Jahren verbessern soll. Das gilt nicht nur für die iberische Halbinsel, sondern für den Süden Europas insgesamt, wo es in diesem Sommer ebenfalls zu massiven Waldbränden kam. Vor diesem Hintergrund rücken strukturelle Ursachen wie die Landflucht und die Aufgabe landwirtschaftlicher Tätigkeiten in den Fokus, die Ausdruck einer systematischen Vernachlässigung des ländlichen Raums durch die Politik sind.
Parallel zur Ausweitung der Brände wuchs auch die Zahl der diskutierten Ursachen für diese dramatische Zuspitzung. Der Mangel an Sommerregen in Verbindung mit Hitzewellen führte zu einer sogenannten Blitzdürre: Der Boden trocknet schnell aus, wodurch extrem brennbares Gras entsteht, das die Ausbreitung von Feuer begünstigt. Viele machen jedoch einen Hauptverantwortlichen aus: die Eukalyptusbäume. Als schnell wachsende, anpassungsfähige Baumart sind diese vor allem im Norden Spaniens in industriellen Plantagen zur Produktion von Holz, Zellulose und Papier weit verbreitet. Doch die intensive Bewirtschaftung dieser Monokultur hat für viel abgeworfenes Laub gesorgt, das sich leicht entzünden konnte.
Das Unterholz diente dabei als Leiter hinauf zu den Baumkronen. Der hohe Gehalt an leicht entflammbaren Ölen im Eukalyptus wie auch in harzreichen Kiefern sowie das trockene Material am Boden begünstigten, dass wechselnde Winde Sekundärbrände auslösten und starke Böen Glutnester erneut anfachten und zu Flächenbänden beitrugen.
Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, ist eine präventiv ausgerichtete Forstwirtschaft nötig, die den Waldumbau vorantreibt. Entscheidend ist es, Maßnahmen einzuleiten, die ein Übergreifen der Brände auf Siedlungsgebiete erschweren und der Bevölkerung so besseren Schutz bieten. Prävention darf sich dabei nicht auf Brandschneisen oder punktuelle Eingriffe wie den Brunnenbau beschränken, sondern muss darauf zielen, die betroffenen Areale widerstandsfähiger und weniger brandanfällig zu machen. Das bedeutet, Waldlandschaften zu diversifizieren, ihre Homogenität aufzubrechen, die Brandlast zu verringern und agroforstwirtschaftliche Modelle zu fördern, die gleichzeitig der Produktion und dem Naturschutz dienen.
Nach den Bränden wurden Vorwürfe laut, die Politik habe die Krise schlecht gemanagt.
Neben fachlichen Empfehlungen muss auch die politische Verantwortung in den Blick rücken. Nach den Bränden wurden Vorwürfe laut, die Politik habe die Krise schlecht gemanagt. Rasch wurde das Brandgeschehen Teil der ohnehin ausgeprägten politischen Polarisierung im Land – zusätzlich angeheizt durch die Verbreitung falscher Anschuldigungen und von Falschmeldungen in den sozialen Medien. Eine zentrale Dimension dieser Auseinandersetzung war erneut der Konflikt zwischen der Zentralregierung in Madrid und den autonomen Regionalregierungen – ein Muster, das sich bereits bei den verheerenden Überschwemmungen in Valencia im Oktober 2024 zeigte, bei denen mehr als 200 Menschen ihr Leben verloren.
Die größte Oppositionspartei, die Partido Popular (PP), warf dem sozialistischen Ministerpräsidenten Pedro Sánchez vor, Hilfsgelder für die von der Opposition regierten Regionen zurückgehalten zu haben. Die Regierung wiederum hielt der PP vor, die Brandprävention und den Zivilschutz in diesen Gebieten unterfinanziert zu haben. Zudem erhob sie den Vorwurf, die Regionalregierungen hätten den Klimawandel, der die Brände begünstigte, nicht ernst genommen. Zum zentralen Argument des Ministerpräsidenten wurde schließlich der Angriff auf den PP-Oppositionsführer Alberto Núñez Feijóo, dem Sánchez vorwarf, sich mit seiner Haltung zur Klimafrage der Position der rechtsextremen Vox-Partei anzunähern. Diese polemisiert immer wieder gegen den angeblichen „Klimaterrorismus“ der Regierung.
Die politische Kontroverse um den Umgang mit den Bränden lässt nach der Sommerpause einen konfliktträchtigen Start ins politische Jahr erwarten. Im Mittelpunkt wird die Ausgestaltung der Hilfen für die betroffenen Regionen stehen. Zudem kündigte Sánchez an, einen Staatsvertrag vorzuschlagen, um Spanien auf den Klimanotstand vorzubereiten. Details dazu sind bislang nicht bekannt – lediglich, dass die Verhandlungen im September beginnen sollen. Als ersten Schritt setzte der Regierungschef eine interministerielle Kommission zum Klimawandel ein, die vorbereitende Arbeiten für den Vertrag leisten soll.
Angesichts der etablierten Konflikt- und Konfrontationsmuster zwischen der regierenden PSOE und ihren Unterstützern einerseits sowie der Oppositionspartei PP andererseits ist es jedoch fraglich, ob sich für einen solchen Staatsvertrag der notwendige Konsens in Klimafragen herstellen lässt. Vielmehr könnte die fruchtlose Polarisierung am Ende der extremen Rechten in die Hände spielen, die mit ihren antipolitischen Parolen aus der Debatte als eigentliche Gewinnerin hervorgehen dürfte – ohne jedoch zur Lösung des Problems der hohen Brandinzidenz beizutragen. Stattdessen sollten die Verantwortlichen konkrete Maßnahmen in den Blick nehmen, die bereits unterhalb der Schwelle eines großen politischen Konsenses eine spürbare Entlastung für die Bevölkerung ermöglichen würden.
Die Brandbekämpfung wird auch künftig eine Schlüsselrolle beim Schutz von Menschenleben und Siedlungen spielen.
Die Brandbekämpfung wird auch künftig eine Schlüsselrolle beim Schutz von Menschenleben und Siedlungen spielen. Dafür müssen ausreichende Ressourcen bereitgestellt, das Personal gut ausgebildet und eine reibungslose Koordination mit den übrigen Katastrophenschutzmaßnahmen gewährleistet werden. Doch unabhängig von der Debatte um höhere Investitionen in die Brandbekämpfung muss vor allem die Bewirtschaftung der Wälder in Angriff genommen werden. Das bedeutet, dass sich die politisch Verantwortlichen endlich mit Landflucht und der massiven Entvölkerung auseinandersetzen müssen, unter der große Teile Spaniens leiden.
Hier liegt einer der strukturellen Auslösefaktoren für die Brände: Brandinzidenz, Bevölkerungsrückgang und der Niedergang der Landwirtschaft greifen ineinander. Die vier besonders betroffenen Regionen – Asturien, Castilla y León, Galicien und Extremadura – stellten 1980 noch 20,3 Prozent der spanischen Bevölkerung, heute sind es weniger als 15 Prozent. Laut Projektionen des nationalen Statistikamts INE wird dieser Anteil bis 2039 auf nur noch 13 Prozent sinken – obwohl diese Regionen 35 Prozent des Staatsgebiets und einen Großteil der Waldfläche Spaniens umfassen.
Jahrzehntelange Entvölkerung und Überalterung im ländlichen Raum sowie der Rückgang von Landwirtschaft und Viehzucht, die früher als natürliche Barrieren gegen Brände wirkten, haben die Anfälligkeit der Wälder erheblich erhöht. Landflucht und der Verzicht auf traditionelle Nutzungen sind dabei zentrale strukturelle Faktoren. Bereits 2016 wies das Buch La España vacía („Das leere Spanien“) auf die massive Abwanderung der Bevölkerung aus großen Teilen des spanischen Landesinneren hin.
Ohne die Wiederherstellung eines wirtschaftlichen und sozialen Gefüges im ländlichen Raum wird auch eine veränderte Waldbewirtschaftung nicht möglich sein. Das zentrale Problem ist dabei die ererbte Waldlandschaft. Brände können – so fatal sie auch sind – ein Wendepunkt sein, um weniger „brennbare Landschaften“ zu schaffen. Die Wiederherstellung traditioneller Mischlandschaften und die Wiederaufnahme extensiver Viehzucht sind dafür entscheidende Schritte. Wenig brennbare Kulturen wie Weinreben und Obstbäume, die Flächen mit geringerer Vegetation schaffen und zugleich als natürliche Brandschutzstreifen dienen, bieten zudem eine Möglichkeit, der Bevölkerung neue Einkommensquellen im ländlichen Raum zu eröffnen.
Doch auch solche Maßnahmen zur Wiederbelebung des ländlichen Raums erfordern politischen Konsens – eine Ressource, die im polarisierten Spanien bislang kaum vorhanden ist. Und nicht nur die iberische Halbinsel war in den Sommermonaten von Bränden mit massiven Schäden betroffen: Sie reichten vom Süden Frankreichs über Italien und Griechenland bis in die Türkei. Neben der strafrechtlichen Verfolgung von Brandstiftung braucht es auch in diesen Regionen einen Umbau der Waldlandschaften und Investitionen in den ländlichen Raum nach spanischem Vorbild, um künftige Großschäden zu verhindern.




