Man kennt das: Das extrovertierte Sportas, das sich in der Pause auch schon mal auf dem Schulhof prügelt, wird selten gemeinsam Konflikte austragen mit dem schüchternen Einserschüler, der bei Streits wenn überhaupt beschwichtigend eingeift. Dieses Bild prägte lange die Rolle der deutsch-französischen Beziehungen in der (europäischen) Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Bedingt durch historischen Interventionismus und postkoloniale Verantwortung in Frankreich auf der einen Seite, sowie die Doktrin des "Nie wieder Krieg" (zuletzt: Doktrin der "militärischen Zurückhaltung" unter Westerwelle) in Deutschland seit 1945 auf der anderen Seite, galten diese politischen Fronten durchaus wiederholt als Hindernis im europäischen Einigungsprozess.
Unter der neuen Bundesregierung scheint jedoch Bewegung in die Situation zu kommen, Außenminister Steinmeier sowie Verteidigungsministerin Von der Leyen forderten eine verstärkte Zusammenarbeit speziell mit den Franzosen im Kontext der Interventionen in Mali und der Zentralafrikanischen Republik. Die deutsche Debatte um verstärkte Auslandseinsätze der Bundeswehr und etwaiges größeres militärisches Engagement bleibt auch in Frankreich nicht unbeachtet.
Ansichten von jenseits des Tellerrands:
Im Dezember 2013 veröffentlichte hierzu das Institut de Recherche Stratégique de l'École Militaire (ISREM), angesiedelt am französischen Verteidigungsministerium, ein Dossier mit dem illustrativen Titel: "Deutschland verstehen". Darin enthalten ist eine ausführliche Analyse der deutschen Positionen und Politik in strategischer und militärischer Hinsicht. Der Direktor des Instituts, Maurice de Langlois, fordert darin zwar französische Geduld mit den Deutschen, äußert allerdings auch Hoffnung auf eine "willkommene" deutsch-französische Initiative, um die gemeinsame europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) wieder zu forcieren. Speziell eine gemeinsame, schnell einsetzbare taktische Einheit für Krisenreaktionen könne ein solches Projekt darstellen.
Dagegen machte der Direktor des "Instituts de Relations Internationales et Stratégiques" (IRIS) im Juli letzten Jahres mit der Forderung nach einem gemeinsamen europäischen Drohnenprogramm (frz.) auf sich aufmerksam. Speziell die drohnenbesitzenden Länder (inkl. Frankreich und Deutschland), die bisher bei den US-Amerikanern oder Israelis einkaufen müssen, sollten seiner Meinung nach ihre Ressourcen zusammelegen und ein gemeinsames Programm auflegen.
Ein aktuelles Beispiel für deutsch-französische Militärkooperation, die deutsch-französische Brigade, analysiert ein Beitrag von "Nouvelle Europe" aus dem November 2013. Aus den Erfahrungen sollen Lehren für eine erfolgreiche verstärkte Vergemeinschaftung der Sicherheits- und Verteidigungspolitik für die Zukunft gezogen werden.
Die zentrale Rolle des deutsch-französischen Duos in der ESVP betonte auch ein Papier vom Anfang des vergangenen Jahres. Der Artikel von Claudia Major (SWP Berlin) erschien damals als Publikation eines der führenden französischen Think Tanks, dem Institut Francais des Relations Internationales (IFRI), und erscheint in der gegenwärtigen Debatte erneut hochrelevant.