Ob und wie Staatswesen in Afrika funktionieren, kann uns nicht weiter gleichgültig sein. Dort, wo ambitionierte Politiker konsequent und zielgerichtet Mittel in Bildung, Familienplanung und wirtschaftliche Dynamik gesteckt haben, wird auch die Armut verringert. Botswana ist die älteste Demokratie des Kontinents. Das Land spielt eine Vorreiterrolle bei gutem Regierungsmanagement. Mit guter Regierungsführung und dem Diamantenabbau hat sich Botswana von einer armen, von der Viehzucht lebenden Gesellschaft in eine afrikanische Erfolgsgeschichte verwandelt. Botswana hat anders als viele andere afrikanische Staaten seine Ressourcen auf verantwortungsvolle Weise genutzt. Es hat ein beispielhaftes kostenloses Gesundheits- und vorbildliches Erziehungssystem. Das Land hat durch gute Bildungschancen die Geburtenraten nach unten drücken können. Sie sank in den letzten Jahren auf 2,9 Kinder pro Frau. Gleichzeitig konnte die Sterblichkeitsrate bei Kindern reduziert werden.

Der amtierende Präsident Ian Khama ist der Sohn des ersten Staatspräsidenten Seretse Khama. Deshalb kann man aber nicht von einer Familienangelegenheit sprechen. In Botswana ist nur eine einmalige Wiederwahl möglich. Da unterscheidet sich Botswana erheblich von anderen afrikanischen Staaten. Der frühere Präsident Festus Mogue ist einer der wenigen Preisträger des angesehenen und hoch dotierten Mo Ibrahim Preises. Ihn erhalten nur ehemalige afrikanische Präsidenten, die sich verfassungsgemäß von der Macht verabschieden und sich im Amt nicht bereichert haben. Der Preis wird seit 2007 vergeben. Es gibt aber bislang nur vier ehemalige Staatsführer, die die bescheidenen Kriterien erfüllen.

Transparency International lobt, dass demokratische Strukturen in allen Bereichen des Landes zu finden sind. Die Gerichte sind unabhängig, Journalisten und Oppositionelle werden nicht bedroht, es finden regelmäßig Wahlen statt, und das 1995 gegründete Büro des Ombudsmannes vertritt die Interessen der Bürger. Noch nie – einmalig in Afrika ­– haben politische Gegner im Gefängnis gesessen. Die Meinungsfreiheit war bislang nie gefährdet.

Noch nie – einmalig in Afrika ­– haben politische Gegner im Gefängnis gesessen.

Das Land ist Maßstab für wirtschaftliche Entwicklung, Wohlstand sowie politische und soziale Stabilität in Afrika. Das heißt auch vorbildliche Fiskalpolitik, Bildung und Gesundheitsversorgung. Der Staat finanziert zahlreiche Auslandsstipendien, in erster Linie nach Südafrika. Mit acht Prozent des BIP gehören die Bildungsausgaben zu den höchsten der Welt. Es gibt eine weitgehend funktionierende Infrastruktur, die allerdings in einigen Regionen noch verbessert werden muss. Seit über 30 Jahren – Ausnahme die Krisenjahre 2008/2009 – hat Botswana ein positives Wirtschaftswachstum. Das Land wies für das Jahr 2014 ein Pro-Kopf-Einkommen von 7 240 US-Dollar auf. Einige Ratingagenturen stufen das Land in punkto Bonität auf vergleichbarem Niveau mit Slowenien und Polen ein.

Die Staatsführung investiert die hohen Einnahmen aus den Diamantenvorkommen in die Infrastruktur, besonders in die Sektoren Gesundheit und Telekommunikation, und lässt die Gelder nicht wie andernorts in Afrika in den Taschen der Machthaber verschwinden. Es gibt ein soziales Sicherheitsnetz. Arbeitslose erhalten Grundnahrungsmittel. Ein soziales Entwicklungsprogramm bietet beispielsweise kurzfristige Beschäftigung für Arbeitslose an. Außerdem gibt es ein Rentensystem. Die Rohstoffeinnahmen fließen in einen Staatsfonds – ähnlich dem Fonds in Norwegen. Dieses Geld soll zukünftigen Generationen erhalten bleiben, angespart für eine Zeit, wenn die Diamantenquellen einmal versiegt sein werden. Es besteht Konsens, den Fonds im Wesentlichen unangetastet zu lassen.

 

HIV ist ein großes Problem

Mit einer Infektionsrate von 25 Prozent bei den Erwachsenen liegt Botswana weltweit an zweiter Stelle hinter Südafrika. Aber bereits 2002 legte Botswana als erstes afrikanisches Land ein Medikations-Programm auf und brachte HIV-Positive dazu, sich für die Prävention zu engagieren. Infizierte erhalten kostenlos antiretrovirale Medikamente. Spender mit kostenlosen Kondomen hängen in öffentlichen Gebäuden.

AIDS-Kranke, die mit modernen antiretroviralen Medikamenten behandelt werden, sind weniger ansteckend als Erkrankte ohne Zugang zu solchen Medikamenten. Die finanzielle und psychologische Betreuung von Aids-Waisen ist für afrikanische Verhältnisse mustergültig.

 

Probleme bei der Energie-und Wasserversorgung

Das staatliche Kraftwerk Morupule, das rund 280 Kilometer nordöstlich der Landeshauptstadt Gaborone liegt, ist von entscheidender Bedeutung für die Versorgung des Landes. Ende 2014 haben kurzfristig deutsche Ingenieure von STEAG und indische Kraftwerker die Betriebsführung von einem chinesischen Dienstleister übernommen. Allerdings produziert Morupule noch nicht genug für den Eigenbedarf und ist auf Einfuhren von Escom aus Südafrika angewiesen. Es gibt ein bis zwei Mal wöchentlich „intelligentes Stromabschalten“. Haushalte werden ferngesteuert überprüft und abgeschaltet, wenn sie abends zwischen 18 und 22 Uhr zu viel Strom verbrauchen.

Mit dem Betrieb des neu errichteten 600-Megawatt-Kraftwerks Morupule B möchte Botswana von Stromimporten aus Südafrika unabhängig werden.

Eine noch größere Herausforderung stellt die Wasserversorgung dar. Mit einem durchschnittlichen Niederschlag von 416 mm gilt Botswana als das zweittrockenste Land des südlichen Afrikas nach Namibia. Rund 84 Prozent der Fläche Botswanas besteht aus dem Sand der Kalahari-Wüste. Insbesondere im Süden Botswanas ist die Wasserversorgung schwierig. Wasserverlust durch Verdunstung in den Staudämmen ist ebenfalls ein großes Problem, da hierdurch etwa 60 bis 70 Prozent des angestauten Wassers verloren gehen. Der größte Damm Gaborones war nach der letzten Regenzeit nur noch zu sechs Prozent gefüllt. Eine mittelfristige Lösung wird in der Entsalzung saliner Grundwasservorkommen gesehen.

Botswana zeigt durch kluge Verträge, dass Afrika sich nicht mit der Rolle als Rohstofflieferant begnügen muss. Die enormen Einkommen aus dem Diamantenabbau fördern die langfristige ökonomische und soziale Entwicklung. Das ist in Afrika bei zahlreichen anderen rohstoffreichen Ländern nicht der Fall. 15 Prozent der Diamanten gehören heute dem Staat, der diese Steine auf eigene Rechnung verkauft. Vor zehn Jahren begnügte man sich noch mit Steuern und Lizenzeinnahmen. Seit 2013 lässt De Beers, der größte Diamantenkonzern der Welt, sein gesamtes Angebot an Rohdiamanten aus aller Welt in Gaborone – statt bisher in London- sortieren und handeln. Gut ausgebildete Fachkräfte und gute Infrastrukturen sind vorhanden. Bereits heute gibt es dort 16 Schleif- und Polierstätten.

Botswana ist in vieler Hinsicht ein nachahmenswertes Beispiel dafür, wie sich Afrika aus der Misere befreien könnte.

Seit einigen Jahren ist die Regierung dabei, die Wirtschaft zu diversifizieren. Neben dem Bergbau-Sektor wird das Wachstum mittlerweile auch von den Bereichen Logistik sowie Kommunikations- und Finanzdienstleistungen gestützt. Unternehmerische Tätigkeit wird finanziell gefördert.

Botswana ist in vieler Hinsicht ein nachahmenswertes Beispiel dafür, wie sich Afrika aus der Misere befreien könnte. Es zeigt, dass es nicht auf die Größe eines Landes ankommt, sondern darauf, was man damit macht. Die Botswaner sind stolz auf ihr Land, weil sie Zukunftschancen in der Heimat haben. Auf Booten in Richtung Lampedusa wird man sie nicht finden.