Erst kürzlich hat Südafrika das erste G20-Außenministertreffen in Johannesburg ausgerichtet. Vor wenigen Tagen folgte das Treffen der G20-Finanzminister und -Notenbankchefs. Dabei stand die südafrikanische Diplomatie erneut im Fokus der Weltöffentlichkeit. Das Land steuert ebenso wie die Weltgemeinschaft aktuell durch geopolitisch turbulente Zeiten, während der Druck auf multilaterale Institutionen wächst. Besonders auffällig war das Fernbleiben von US-Außenminister  Marco Rubio und US-Finanzminister  Scott Bessent. Zwar wurden sie durch Beamte der amerikanischen Botschaft vertreten, doch die Botschaft war eindeutig: Die Vereinigten Staaten räumen den G20-Treffen keine Priorität mehr ein. Im Zuge ihrer America First-Politik ordnen sie ihr internationales Engagement und ihre Partnerschaften neu.

Im Anschluss an das Außenministertreffen bekräftigte Ronald Ozzy Lamola, Südafrikas Minister für internationale Beziehungen und Zusammenarbeit, dass die Außenminister der G20 die Agenda des südafrikanischen Vorsitzes unterstützen. Zu den vorrangigen Themen zählen die nachhaltige Entwicklung, ein tragfähiges Schuldenniveau für einkommensschwache Länder sowie Reformen der globalen Finanzordnung. Außerdem verständigte man sich darauf, drei Arbeitsgruppen zu diesen Kernbereichen einzurichten: erstens, inklusives Wirtschaftswachstum: Industrialisierung, Arbeitsplätze und Abbau von Ungleichheiten; zweitens, Ernährungssicherheit; und drittens, künstliche Intelligenz, Datenregulierung und Innovationen im Rahmen der nachhaltigen Entwicklung.

Mit Südafrika endet der erste Zyklus der G20-Präsidentschaften. Deshalb bestand eine zentrale Aufgabe darin, die Effektivität der G20 in den letzten 20 Jahren zu bewerten – insbesondere in den Kernbereichen, die über alle Präsidentschaften hinweg von Bedeutung waren. Da das Treffen in Afrika stattfand, standen auch Innovationen und neue Schwerpunkte im Fokus, darunter die kritischen Rohstoffe. Diese sind essenziell für die digitale Transformation und die Bewältigung globaler Herausforderungen wie den Klimawandel und die Energiewende. Neue Technologien und Innovationen im Bereich erneuerbarer Energien erfordern eine nachhaltige Rohstoffversorgung. Südafrika verfolgt das Ziel, regionale Wertschöpfungsketten aufzubauen. Dafür sollen die nötigen Anreize geschaffen werden, um Mineralien direkt auf dem afrikanischen Kontinent weiterzuverarbeiten. Zudem setzt sich Südafrika dafür ein, die Kapitalkosten für afrikanische Länder und den Globalen Süden gezielt zu senken.

Südafrika versuchte, das Fernbleiben der US-amerikanischen Minister herunterzuspielen. Dennoch bleibt ihre Abwesenheit nicht ohne Folgen: Sie überschattet die G20-Präsidentschaft des Landes und lenkt vom eigentlichen Tagesgeschäft ab. Gleichzeitig hält Südafrika die Möglichkeit offen, dass bei den kommenden Treffen ranghöhere US-Vertreter anwesend sein werden. Allerdings nehmen weiterhin US-Stakeholder an verschiedenen G20-Arbeitsgruppen teil – etwa in Thinktanks zu den Themen Arbeit, Zivilgesellschaft, Jugend und Frauen.

Südafrika muss sich darauf vorbereiten, dass die USA Teile der Abschlusserklärung der G20-Staats- und -Regierungschefs ablehnen könnten. Besonders betroffen wären Themen wie die Stärkung des Multilateralismus und die Reform der internationalen Finanzarchitektur. Deshalb wird Südafrika versuchen, einen breiten Konsens mit den anderen G20-Mitgliedern zu erreichen. Sollte die Abschlusserklärung von allen außer den USA angenommen werden, würde dies die Isolation der Vereinigten Staaten verdeutlichen. Gleichzeitig bliebe der Erfolg der südafrikanischen Präsidentschaft unangetastet.

Viele Anzeichen sprechen dafür, dass Südafrika ins Visier geraten ist, weil es sich klar gegenüber Israel positioniert hat.

Südafrika sollte nicht auf jede Entscheidung im Weißen Haus reagieren – insbesondere nicht auf die jüngste Exekutivverordnung, die sich gegen das Land richtet. Gleichzeitig kann es aber die von einflussreichen Persönlichkeiten wie Elon Musk und Präsident Trump verbreiteten Fehlinformationen nicht ignorieren. Die Exekutivverordnung stellt südafrikanische Gesetze falsch dar, die historische Ungleichheiten aus der Kolonial- und Apartheidzeit korrigieren sollen. Tatsächlich sprechen viele Anzeichen dafür, dass Südafrika ins Visier geraten ist, weil es sich klar gegenüber Israel positioniert hat. Die Kürzung der USAID-Auszahlungen könnte eine Reaktion darauf sein, dass Südafrika Israel wegen des Krieges in Gaza vor den Internationalen Gerichtshof gebracht hat. Südafrika sollte besonnen bleiben, denn es ist nicht das einzige Land, das mit solchen Maßnahmen konfrontiert wird. Selbst langjährige Verbündete der USA werden zur Zielscheibe von Desinformation und wirtschaftlichem Druck. Zudem sollte sich Südafrika strategisch auf die Zukunft vorbereiten. Es ist nicht von externer Hilfe abhängig, wird aber für seine Aufnahme in den African Growth and Opportunity Act (AGOA) werben müssen, der im September 2025 überprüft wird. Gleichzeitig sollte es sich auf die Möglichkeit einstellen, dass es den Anspruch auf Handelsvorteile im Rahmen des AGOA verlieren könnte.

Südafrika sollte die Chancen nutzen, die sich aus seiner Rolle als Gastgeber der G20 ergeben. Es sollte sich nicht von den gelegentlich scharfen Tönen aus dem Weißen Haus beirren lassen. Viele Verbündete der USA sind über die America First-Politik von Präsident Trump besorgt. Südafrika kann diese Zeit nutzen, um seine Beziehungen zu wichtigen Partnern wie der Europäischen Union, Deutschland, Frankreich und Großbritannien zu festigen. Besonders für Deutschland ist die angekündigte Erweiterung der Compact with Africa 2.0-Initiative von Bedeutung, da es die ursprüngliche Initiative während seiner G20-Präsidentschaft 2017 ins Leben gerufen hat. Auch mit Spanien und Kanada sollte Südafrika enger zusammenarbeiten. Spanien richtet die Konferenz zur Entwicklungsfinanzierung aus, während Kanada den G7-Vorsitz innehat. Durch eine koordinierte Abstimmung könnten sich Synergien mit den Prioritäten der G20 ergeben. Zusätzlich wird Südafrika seine Präsidentschaft stärken, indem es die Beziehungen zu den skandinavischen Ländern (Norwegen, Dänemark, Finnland und Schweden) ausbaut. Parallel muss es auch sein Verhältnis zu China und den BRICS-Partnern festigen. Ein weiterer Vorteil ist Südafrikas Mitgliedschaft in der Afrikanischen Union (AU). Diese kann als Plattform dienen, um mehr Unterstützung und Konsens für zentrale Themen zu gewinnen. Gleichzeitig sollte Südafrika daran arbeiten, die Rolle der AU zu stärken, damit sie sich aktiv in die verschiedenen Arbeitsgruppen, Sherpa-Treffen sowie Sitzungen der Finanzminister und Notenbankchefs einbringen kann.

Entscheidungsträger sollten sich mit den geopolitischen Veränderungen unter der Trump-Regierung vertraut machen. Gleichzeitig müssen sie sich verstärkt dafür einsetzen, dass die grundlegenden Prinzipien des Multilateralismus gewahrt bleiben. Dazu gehört auch eine enge Zusammenarbeit mit reformorientierten Ländern wie Südafrika. Ziel ist es, eine erfolgreiche G20-Präsidentschaft sicherzustellen und gleichzeitig durch gezielte Reformen die Resilienz globaler Institutionen und der internationalen Finanzarchitektur zu stärken. Wichtig ist, dass die Mittelmächte des Globalen Südens und Nordens enger zusammenarbeiten. Gemeinsam können sie den Multilateralismus stärken und die Ziele für nachhaltige Entwicklung wieder in den Mittelpunkt des globalen Interesses rücken.

Aus dem Englischen von Christine Hardung