Chinas Währung ist in den vergangenen sechs Jahren ein rasanter Aufstieg in der internationalen Finanzwelt gelungen. Kam der Renminbi bis 2009 außerhalb Chinas nur in wenigen Grenzregionen als Zahlungsmittel zum Einsatz, konnte er sich in diesem Jahr zumindest vorübergehend als fünfwichtigste internationale Zahlungswährung behaupten. Insbesondere im asiatisch-pazifischen Raum hat der Renminbi eine tragende Rolle eingenommen und sich zur führenden Zahlungswährung in Geschäften zwischen China und dem Rest der Region entwickelt. Befeuert durch seine wachsende Bedeutung im internationalen Handel, hat Chinas Währung sogar erste zaghafte Schritte in Richtung einer Reservewährung gemacht. Vor allem in Afrika, Asien und Südamerika haben Zentralbanken den Renminbi in ihre Währungsreserven aufgenommen. Eine offizielle Anerkennung als Reservewährung hat Chinas Währung aber bislang nicht erhalten. Dies könnte sich jedoch schon im Oktober ändern, wenn der Internationale Währungsfonds über eine Aufnahme des Renminbi in den Korb der Sonderziehungsrechte entscheidet.

Sonderziehungsrechte sind eine vom IWF Ende der 1960 Jahre ins Leben gerufene künstliche Reservewährung. Ihr Wert wird über einen Währungskorb bestimmt, der sich zurzeit aus dem Dollar, dem Euro, dem britischen Pfund und dem japanischen Yen zusammensetzt. Würde der Renminbi in diesen Korb aufgenommen, hätte dies eine enorme Symbolkraft. Nach langen Jahren nicht enden wollender Kritik an Beijings Wechselkurspolitik würde der IWF China durch die Erteilung dieser höchsten finanzpolitischen Weihen zu einer führenden Macht im Weltwährungssystem erklären. Doch diese Entscheidung hätte auch praktische Konsequenzen. Denn mit ihr würde dem Renminbi automatisch der Status einer Reservewährung verliehen. Zentralbanken weltweit würden dadurch ermutigt, den Renminbi in ihre Währungsreserven aufzunehmen, und so der Internationalisierung der chinesischen Währung neuen Schwung verleihen.

Die Chancen des Renminbi, noch in diesem Jahr in den erlesenen Kreis der Sonderziehungsrechte-Währungen aufgenommen zu werden, stehen nicht schlecht.

Die Chancen des Renminbi, noch in diesem Jahr in den erlesenen Kreis der Sonderziehungsrechte-Währungen aufgenommen zu werden, stehen nicht schlecht. Nicht zuletzt die USA könnten China in dieser Hinsicht entgegenkommen. Denn nach jahrelanger Blockade einer IWF-Stimmrechtsreform durch den US-Kongress und der jüngsten Weigerung der Obama-Administration, sich an der von China gegründeten Asiatischen Infrastruktur-Investitionsbank zu beteiligen, mehren sich in  Washington kritische Stimmen, die für einen weniger konfrontativen Kurs gegenüber China plädieren. Allerdings würde eine Entscheidung für den Renminbi eine sehr weiche Auslegung der IWF-Kriterien für die Aufnahme in den Währungskorb der Sonderziehungsrechte erfordern. Dieser verlangt sowohl eine führende Rolle des die Währung ausgebenden Landes als Exporteur als auch die freie Verwendbarkeit der Währung. Während das erste Kriterium für den Exportweltmeister China keine nennenswerte Hürde bedeutet, stellt das zweite ein Problem dar. Denn China unterhält nach wie vor Kapitalverkehrskontrollen, die einer freien Verwendung seiner Währung im Wege stehen.

China möchte an dieser Anforderung auf keinen Fall scheitern. Das Land ist wild entschlossen, seiner Währung noch in diesem Jahr zur Ehrung durch den IWF zu verhelfen. Vor allem Chinas Zentralbank unter Gouverneur Zhou Xiaochuan, der schon seit Ausbruch der Globalen Finanzkrise für eine Aufnahme des Renminbi in den IWF-Währungskorb kämpft, möchte dieses Ziel endlich realisiert sehen. Zhou, der die politische Bühne bald verlassen wird, könnte mit diesem Meilenstein in der Internationalisierung des Renminbi sein Vermächtnis krönen. Dabei kann er auf die Unterstützung durch Chinas innersten Führungszirkel um Partei- und Staatschef Xi Jinping zählen. Denn sein Projekt passt nur zu gut zur Ambition Xis, China im Eilverfahren in eine wahre Großmacht zu verwandeln.

In den vergangenen Monaten hat Chinas Zentralbank daher in einem bisher nicht dagewesenen Tempo an einem Abbau der Kapitalverkehrskontrollen gearbeitet. Sie hat die Kontrollen im Rahmen von Freihandelszonen gelockert, bestehende grenzüberschreitende Investitionskanäle ausgeweitet und durch die Verbindung der Börsen in Shanghai und Hongkong neue Möglichkeiten für grenzüberschreitende Portfolioinvestitionen geschaffen. Ende des vergangenen Monats kündigte sie ein weiteres Pilotprojekt an, das es betuchten Chinesen erheblich erleichtern wird, ihr Geld jenseits der chinesischen Grenze zu befördern.

Eine überstürzte Öffnung läuft allein schon deshalb Gefahr, Chinas Finanzsystem in seinen Grundfesten zu erschüttern.

Das ist ein riskantes Spiel. Denn die Voraussetzungen für eine risikoarme Öffnung des Finanzsystems sind in China derzeit nicht gegeben. Zum einen ist Chinas Finanzsystem noch nicht so weit entwickelt, dass es die Herausforderung einer Öffnung bewältigen kann. Bislang sind weder die Zinsen noch der Wechselkurs vollständig liberalisiert, und Chinas Banken sind weit davon entfernt, sich gegenüber internationaler Konkurrenz behaupten zu können. Eine überstürzte Öffnung läuft allein schon deshalb Gefahr, Chinas Finanzsystem in seinen Grundfesten zu erschüttern.

Zum anderen erhöht auch Chinas kriselnde Wirtschaft die mit einer Öffnung einhergehenden Risiken. Seit Ausbruch der Globalen Finanzkrise hat sich China durch die Investitionsexzesse von Staatsunternehmen sowie Regierungen auf Provinz-, Großstadt- und Kommunalebene massiv verschuldet. Ein Abbau dieser Schulden ist angesichts sinkender Wachstumsraten, wachsender Löcher in den Kassen der Lokalregierungen und enormer Überkapazitäten in den Kernbereichen zahlreicher Staatsunternehmen bislang nicht in Sicht. Geld lässt sich in China zurzeit vor allem auf den Aktienmärkten verdienen, die seit Wochen einen Rekord nach dem anderen brechen. Die Regierung lässt diesem Treiben freien Lauf, sieht sie darin doch eine Chance für tief in der Kreide stehende Staatsunternehmen. Denn für diese wird es dank ihrer astronomischen Börsenkurse zum Kinderspiel, über Kapitalerhöhungen an neue Finanzmittel zu gelangen.

Doch früher oder später wird diese Blase platzen. Sollte China seine Kapitalverkehrskontrollen bis dahin weiter gelockert haben, könnte das Ende des Börsenhypes einen enormen Kapitalabfluss auslösen, der Chinas Wirtschaft in eine tiefe Krise stürzen würde. Chinas Führung sollte sich fragen, ob sie bereit ist, für Ruhm und Ehre im globalen Währungssystem einen solchen Preis zu zahlen.