Um eine Klimakatastrophe zu verhindern, ist eine sofortige Verringerung der Treibhausgas-Emissionen zwingend notwendig. Zu diesem Ergebnis kommt der Sechste Sachstandsbericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaänderungen (IPCC). Doch klar ist auch: Die notwendigen Reduzierungen können nur durch international abgestimmte und koordinierte Maßnahmen erreicht werden.

Allerdings ist die multilaterale Zusammenarbeit ein komplexes Unterfangen. Sie erfordert einen langen Atem, obwohl uns gerade bei der Bekämpfung der Auswirkungen des Klimawandels keine Zeit mehr bleibt. Es kann gar nicht genug betont werden, wie notwendig schnelles Handeln ist. In der aktuellen Lage müssen dringend auch die kleineren Staaten in Aktion treten.

Anstatt darauf zu warten, dass größere Staaten die Führung übernehmen, könnten kleinere Länder Klimaverhandlungen anstoßen und vorantreiben. Diese Länder neigen dazu, in der Außenpolitik auf Multilateralismus zu setzen. Dabei können sie, gerade was konkrete politische Maßnahmen betrifft, oft flexibler Lösungen einführen, die im besten Fall auf einen größeren Rahmen übertragen sind.

Anstatt darauf zu warten, dass größere Staaten die Führung übernehmen, könnten kleinere Länder Klimaverhandlungen anstoßen und vorantreiben.

Es gibt zahlreiche Beispiele für kleinere Staaten wie Costa Rica oder Marokko, die bei der Bekämpfung der Klimakrise mit gutem Beispiel vorangehen. Für viele kleinere, sich entwickelnde Inselstaaten ist die Klimakrise längst auch eine Frage des Überlebens geworden, weshalb ihre Außenpolitik bereits seit Jahrzehnten dem Klimaschutz verpflichtet ist. In jüngster Zeit haben auch einige kleinere Länder des Globalen Nordens wie Österreich begonnen, zusätzlich zu ihren nationalen Klimaschutzplänen eine „Klimaaußenpolitik“ zu entwickeln. Dies ist eine sehr begrüßenswerte Entwicklung, die hoffentlich andere kleinere Länder innerhalb und außerhalb der Europäischen Union (EU) inspiriert.

Damit ein Staat aber tatsächlich klimafreundlich agiert, muss Klimapolitik eine Priorität der Regierung sein und in der Öffentlichkeit auch als solche wahrgenommen werden. In Kroatien beispielsweise erachten nur 4 Prozent der Bürgerinnen Umwelt und Klimawandel für eines der wichtigsten Themen des Landes, verglichen mit 16 Prozent in der gesamten EU.

Damit ein Staat klimafreundlich agiert, muss Klimapolitik eine Priorität der Regierung sein und in der Öffentlichkeit auch als solche wahrgenommen werden.

Aber diese Haltung könnte sich schnell ändern: Wir alle beobachten extreme Wetterbedingungen. In Kroatien wirkt sich der Klimawandel negativ auf den profitabelsten Wirtschaftszweig des Landes aus – den Tourismus. Der Anteil des Tourismus am gesamten Bruttoinlandsprodukt (BIP) des Landes beträgt rund 20 Prozent und ist damit der höchste in der EU. Die kroatische Tourismusbranche ist saisonal und konzentriert sich auf die Küstengebiete in den Sommermonaten. Wenn das Sonnenbaden an den Stränden für Touristen weniger attraktiv wird, was kann Kroatien dann noch bieten?

Um die Widerstandsfähigkeit und Nachhaltigkeit des Tourismus zu erhöhen, sind Investitionen in die Infrastruktur erforderlich, unter anderem in Möglichkeiten zum Aufladen von Elektrofahrzeugen sowie klimatisierte öffentliche Bereiche und Abfallentsorgungseinrichtungen. Die neue Strategie für nachhaltigen Tourismus setzt diese Punkte zwar auf die Agenda, aber ihre Umsetzung kommt nur langsam voran. Einige lokale Gemeinschaften wie die Insel Krk in der Adria schlagen eine starke Dekarbonisierungsagenda vor und erörtern das wirtschaftliche Potenzial der Entwicklung der Industrie für erneuerbare Energien. Und auch Graswurzelbewegungen und lokale Initiativen zur Bekämpfung der Auswirkungen des Klimawandels gewinnen wie in ganz Europa auch in Kroatien immer mehr an Boden.

Doch andere Länder haben Kroatien einiges voraus. In Dänemark zum Beispiel steht der grüne Wandel ganz oben auf der politischen Agenda. Den Daten der Europäischen Umweltagentur zufolge ist Dänemark weniger anfällig für Klimarisiken als Kroatien und erleidet im Verhältnis zu seinem BIP geringere Schäden durch extreme Wetterbedingungen. Das dänische Beispiel zeigt, dass ein Land weder besonders vom Klimawandel bedroht noch besonders groß sein muss, um eine Agenda gegen den Klimawandel zu entwickeln. Es bedarf eines ausgeprägten Problembewusstseins, Einsatzbereitschaft für die eigenen Bürger und den Planeten sowie des politischen Willens.

In Kroatien ist das Klima noch kein herausragendes politisches Thema. Es mobilisiert keine Wählerinnen, es macht die Menschen nicht wütend und es weckt keine Emotionen. Wollte sie es, könnte die Regierung die Öffentlichkeit jedoch sensibilisieren. Sie könnte ebenfalls anfangen, ihre eigene Klimaaußenpolitik zu entwickeln.

Kleine Staaten haben in der Regel nur begrenzte Möglichkeiten, mehrere außenpolitische Themen gleichzeitig zu verfolgen. Sie wählen daher strategisch außenpolitische Nischen. Die Klimaaußenpolitik ist ein fortschrittliches, global relevantes Thema, gleichzeitig aber auch eine pragmatische Wahl sowie äußerst handlungsorientiert. Es gibt nicht viele außenpolitische Themen, die beides vereinen.

Durch eine Klimaaußenpolitik können Staaten weltweit sichtbar werden.

Durch eine Klimaaußenpolitik können Staaten weltweit sichtbar werden. Alle Menschen auf der Erde sind von Klimaveränderungen betroffen, weshalb auch kleinere Staaten in der Lage sind, durch ihre Politik die globale Klimapolitik mitzugestalten. Es gibt nicht viele Politikbereiche, in denen ein kleiner Staat direkt zu globalen Lösungen beitragen kann.

Klimaaußenpolitik bringt eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung mit sich. Sie fördert Innovationen und technologische Lösungen, die zwar das Wachstum ankurbeln, aber nicht zu Lasten der Umwelt und des menschlichen Wohlergehens.

Darüber hinaus bietet die Klimaaußenpolitik Anreize zur regionalen Zusammenarbeit und fördert den Wissensaustausch, was den positiven Ruf eines kleinen Landes ebenfalls verstärkt.

In diesem Sinne ist die Klimaaußenpolitik ein echter Multiplikator. Sie treibt Veränderungen voran, die unsere Lebensqualität verbessern. Der Fokus auf das Klima ist nie nur auf das Klima selbst gerichtet. Er richtet sich auf uns als Menschen und auf den Planeten, den wir gemeinsam bewohnen.

Klimaaußenpolitik stärkt das soziale Gefüge, indem sie die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Akteurinnen (lokalen Regierungen, Unternehmen, zivilgesellschaftlichen Akteuren, Bildungseinrichtungen, Medien usw.) fördert.

Ein Staat, der sich für eine Klimaaußenpolitik entscheidet, öffnet auch den Raum für Graswurzelbewegungen, die die Debatte demokratisieren und transnationale Lösungen ermöglichen.

Diese Liste ließe sich weiter fortsetzen. Die wichtigste Botschaft jedoch lautet: Kleine Staaten sind nicht unbedingt schwache Staaten. Sie können über sich hinauswachsen. Viele junge und innovative Bürgermeisterinnen und Bürgermeister im ganzen Land haben damit begonnen, ihre Klimapolitik auf lokaler Ebene zu entwickeln. Es ist an der Zeit, dass die politischen Entscheidungsträger auf nationaler Ebene ihrem Beispiel folgen.

Aus dem Englischen von Lucie Kretschmer