Im nun vorliegenden Koalitionsvertrag sind zentrale Prinzipien deutscher Friedenspolitik für eine Welt im Umbruch verankert. Frieden schaffen, Europa einen, Globalisierung gerecht gestalten und die Welt sicherer machen – diese Ziele haben uns geleitet. Vor allem in drei Punkten konnten wir unsere Schwerpunkte und Vorstellungen einer an Frieden und Gerechtigkeit orientierten Außen- und Entwicklungspolitik im Koalitionsvertrag verankern und die Grundlagen für einen Paradigmenwechsel legen.

Frieden schaffen und Rüstungsexporte beschränken

Die vorrangige Aufgabe deutscher Außenpolitik als Friedenspolitik besteht darin, die auf Regeln und Kooperation basierenden Institutionen und Organisationen zu stärken und weiter zu entwickeln. Ziel bleibt es, Konflikte einzugrenzen und eine nachhaltige Regelung zu erreichen. Hier hat Deutschland u.a. beim iranischen Atomabkommen und beim internationalen Krisenmanagement in der Ukraine-Krise eine wichtige Rolle übernommen. Mit Blick auf neue Unsicherheiten in der Weltpolitik bekennen wir uns zu mehr internationaler Zusammenarbeit, Dialog und Multilateralismus. Deswegen werden wir die Vereinten Nationen und andere internationale Institutionen stärken. Dieses Bekenntnis ist gleichzeitig ein Gegenpol zur derzeitigen amerikanischen Außenpolitik.

Kleinwaffen sollen grundsätzlich nicht mehr in Drittländer exportiert werden.

Zwar macht es die angespannte Weltlage notwendig, mehr Geld für unsere Sicherheit auszugeben, zugleich haben wir aber weltweit erstmals einen Mechanismus zur Stabilisierung und Steigerung der Mittel für Krisenvorsorge, Humanitäre Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit vereinbart, nach dem die Erhöhung von Verteidigungsausgaben automatisch zu einer Ausgabenerhöhung bei ziviler Friedenspolitik führt. Größere Finanzierungsspielräume erweitern unsere Handlungsmöglichkeiten auf der internationalen Bühne.

Rüstungskontrolle und Abrüstung bleiben zentrale Ziele deutscher Außenpolitik. Gerade angesichts eines möglichen neuen atomaren Rüstungswettlaufs gewinnt dieses Politikfeld nochmals an Bedeutung. Hierzu werden wir zusammen mit unseren Partnern neue Initiativen ergreifen.

Nach zähem Ringen konnten wir uns darauf verständigen, die Rüstungsexporte weiter einzuschränken und die Rüstungsexportrichtlinien zu schärfen. Zudem sollen Kleinwaffen, die der ehemalige UN-Generalsekretär Kofi Annan zu Recht als die „eigentlichen Massenvernichtungswaffen unserer Zeit“ bezeichnete, grundsätzlich nicht mehr in Drittländer exportiert werden. Dies ist angesichts der Tatsache, dass 95 von 100 Kriegsopfern durch Kleinwaffen getötet werden, ein wichtiges Signal. Mit Blick auf die menschliche Tragödie, die sich vor unseren Augen im Jemen abspielt, haben wir einen Exportstopp von Rüstungsgütern für jene Länder beschlossen, die unmittelbar am Krieg im Jemen beteiligt sind.

Europa einen und stärken

Wir haben vereinbart, der Europäischen Union, diesem einmaligen Friedens- und Zukunftsprojekt, durch Reformen und neue Strukturhilfen neuen Schwung zu geben und den Stillstand und die europäische Selbstblockade zu überwinden, die uns seit zehn Jahren quält. Gerade in Zeiten, in denen sich die Vereinigten Staaten von der Weltbühne zurückziehen und autoritär geführte Staaten wie China und Russland erstarken, muss Europa zusammenhalten und seine Werte verteidigen. Deshalb steht auch die Stärkung gemeinsamen europäischen Handelns im Mittelpunkt der deutschen Außenpolitik. Ziel unserer Politik gegenüber Russland bleibt eine Rückkehr zu auf gegenseitigem Vertrauen und friedlichem Interessenausgleich basierenden Beziehungen. Wir brauchen eine neue Entspannungspolitik.

Eine neue Bundesregierung würde große Schritte auf den kooperationsbereiten französischen Präsidenten Macron zugehen.

Das Fundament der europäischen Gesellschaftsordnung ruht auf sozialem Ausgleich, Teilhabe und Chancengleichheit. Nur wenn es der Europäischen Union gelingt, diese Solidarität auch in Zukunft zu organisieren und zu gestalten, kann sie dauerhaft Bestand haben. Eine neue Bundesregierung würde große Schritte auf den kooperationsbereiten französischen Präsidenten Macron zugehen. Gemeinsam mit Frankreich wollen wir daran arbeiten, die Konflikte innerhalb der Eurozone zu lösen und die EU zu einem geschlossenen und handlungsfähigen Partner in einer unübersichtlichen Welt zu machen. Voraussetzungen dafür sind Kompromisse in der europäischen Finanzpolitik, Schritte zu einem gemeinsamen Eurozonen-Haushalt, mehr Mittel im Kampf gegen Jugendarbeitslosigkeit, eine gerechte Besteuerung von Unternehmen, gerade auch der Internetgiganten Google, Apple, Facebook und Amazon sowie eine kraftvolle gemeinsame Außen-, Sicherheits-, Verteidigungs- und Entwicklungspolitik, die weit stärker als bisher mit einer Stimme spricht und mit gut ausgestatteten und aufeinander abgestimmten Instrumenten arbeitet.

Wir werden uns zudem für den weiteren Aufbau ziviler Strukturen in der EU für Krisenprävention und Konfliktregelung sowie für die Weiterentwicklung der europäischen Entwicklungspolitik einsetzen.

Globalisierung gerecht gestalten und Armut und Ungleichheit bekämpfen

Unser Ziel ist im Sinne der Agenda 2030 eine gerechte Gestaltung der Globalisierung, die allen Menschen ein Leben in Würde und Sicherheit bietet.

In der Entwicklungszusammenarbeit streben wir die Abschaffung internationaler Ungleichgewichte an. Wir haben uns endlich darauf einigen können, dass der Nationale Aktionsplan Wirtschaft und Menschrechte (NAP) in seiner gesamten Breite konsequent umgesetzt wird.

Wir wollen Vorreiter für eine faire EU-Handelspolitik werden.

Um eine gerechte und nachhaltige Weltgesellschaft zu erreichen, werden wir unsere Entwicklungszusammenarbeit vor allem in Afrika weiter ausbauen. Das haben wir in den Koalitionsverhandlungen durchgesetzt, genauso wie unser Ziel, Armut und Hunger zu überwinden. Darüber hinaus haben wir erreicht, dass sich Deutschland in allen EU-Handels-, -Investitions- und -Wirtschaftspartnerschaftsabkommen für verbindliche soziale, menschenrechtliche und ökologische Standards einsetzen wird. Damit wollen wir Vorreiter für eine faire EU-Handelspolitik werden.

Zur Umsetzung all dieser Vorhaben werden wir die Vereinten Nationen und andere internationale Institutionen stärken. Und wir werden in außenpolitische Forschung und in unsere diplomatischen Vertretungen investieren und unsere Arbeit gezielt den Regionen, die immer wichtiger werden – vor allem in Afrika, ausbauen.