Ein Beitrag von Greta ThunbergAdriana CalderónFarzana Faruk Jhumu und Eric Njuguna

In der vorletzten Woche bestätigten einige der weltweit führenden Klimawissenschaftlerinnen, dass die Menschen dabei sind, unseren Planeten unwiderruflich zu verändern, und dass extreme Wetterlagen weiter zunehmen werden. Der Generalsekretär der Vereinten Nationen wertete diese Nachricht als „Alarmstufe Rot für die Menschheit”. Das stimmt. Aber junge Menschen wie wir schlagen seit Jahren Alarm. Ihr habt nur nicht hingehört.

Am 20. August 2018 protestierte ein Kind ganz alleine vor dem schwedischen Parlament und war entschlossen, drei Wochen lang dort auszuharren. Greta Thunbergs Streik ist jetzt genau drei Jahre her. Schon davor haben couragierte junge Menschen aus aller Welt in ihrem Umfeld öffentlich auf die Klimakrise aufmerksam gemacht. Inzwischen haben sich Millionen von Kindern und Jugendlichen zu einer Bewegung zusammengeschlossen, die mit einer Stimme spricht und von den Entscheidungsträgern fordert, dass sie die nötigen Schritte unternehmen, um unseren Planeten vor den beispiellosen Hitzewellen, verheerenden Überschwemmungen und riesigen Waldbränden zu schützen, die wir immer häufiger erleben. Wir werden so lange weiterprotestieren, bis die Untätigkeit ein Ende hat.

Für uns Kinder und Jugendliche ist der Klimawandel das, was unsere Zukunft am stärksten gefährdet.

Für uns Kinder und Jugendliche ist der Klimawandel das, was unsere Zukunft am stärksten gefährdet. Wir sind diejenigen, die das Chaos ausbaden werden müssen, das Ihr Erwachsene angerichtet habt, und wir sind es auch, die am meisten darunter zu leiden haben. Kinder sind gefährlichen Wetterereignissen, Krankheiten und anderen durch den Klimawandel verursachten Schäden stärker ausgesetzt als Erwachsene. Deshalb ist auch die neue Analyse so wichtig, die UNICEF am vergangenen Freitag veröffentlicht hat.

Der Klima-Risiko-Index für Kinder (Children‘s Climate Risk Index, CCRI) gibt erstmals genauen Aufschluss darüber, wo und wie Kinder von der Klimakrise betroffen sind. Er stuft die Länder danach ein, wie sehr die dort lebenden Kinder Klima- und Umweltbelastungen ausgesetzt und wie anfällig sie für diese Gefahren sind. Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass derzeit jedes Kind auf der Welt mindestens einem klima- oder umweltbedingten Risiko ausgesetzt ist. Unglaubliche 850 Millionen Kinder – also rund ein Drittel aller Kinder der Welt – sind von vier oder mehr Klima- oder Umweltgefahren betroffen, darunter Hitzewellen, Wirbelstürme, Luftverschmutzung, Überschwemmungen oder Wasserknappheit. Eine Milliarde Kinder und somit fast die Hälfte aller Kinder der Welt lebt in Ländern mit einem „extrem hohen Risiko“, so die UNICEF-Forscher.

Das ist die Welt, die uns hinterlassen wird. Aber noch können wir unsere Klimazukunft ändern. Unsere Bewegung junger Aktivistinnen erhält auf der ganzen Welt immer mehr Zulauf.

Eine Milliarde Kinder und somit fast die Hälfte aller Kinder der Welt lebt in Ländern mit einem „extrem hohen Risiko“.

In Bangladesch erlebte der 23-jährige Tahsin Uddin die Folgen des Klimawandels in seinem Dorf und anderen Küstengebieten und wurde daraufhin aktiv. Er engagiert sich mit großer Leidenschaft für die Aufklärung über den Klimawandel und hat ein Netzwerk junger Journalistinnen und Pädagogen aufgebaut, um das Bewusstsein für den Klimawandel zu schärfen. Außerdem organisiert er Aktionen, bei denen verschmutzte Gewässer von Plastikmüll gereinigt werden.

Auf den Philippinen musste die 23-jährige Mitzi Jonelle Tan ihre Hausaufgaben bei Kerzenlicht erledigen, weil draußen tropische Wirbelstürme wüteten und in ihrer Region der Strom ausfiel. Wenn die Fluten kamen, so erzählte sie uns, habe sie oft Angst gehabt, in ihrem eigenen Schlafzimmer zu ertrinken. Heute organisiert sie in ihrem Land junge Leute, um auf diese Taifune und andere Gefahren zu reagieren und die am stärksten betroffenen Menschen mit Lebensmitteln, Wasser und Kleidung zu versorgen.

In Simbabwe befürchtete der 18-jährige Nkosi Nyathi eine Nahrungsmittelkrise für den Fall, dass die Wetterverhältnisse sich nicht ändern. Durch Hitzewellen wurde der Schulbesuch für ihn und seine Mitschüler zu einer echten Herausforderung. Jetzt wendet er sich an führende Politikerinnen aus aller Welt und fordert, junge Menschen in Entscheidungsprozesse einzubeziehen, die ihre Zukunft betreffen.

In jeder Gesellschaft ist es doch eigentlich ein grundlegendes Ziel der Erwachsenen, ihre Kinder und Jugendlichen zu schützen und alles dafür zu tun, ihnen eine bessere Welt zu hinterlassen als die, in die sie selbst hineingeboren wurden. Die jetzige Erwachsenengeneration und die Generation, die ihr vorausging, haben weltweit versagt.

Der Klima-Risiko-Index für Kinder zeigt, dass die schlimmsten Folgen des Klimawandels weltweit in erschreckendem Maße ungleich verteilt sind. 33 Länder, darunter die Zentralafrikanische Republik, der Tschad, Nigeria und Guinea, gelten als für Kinder extrem risikoreich, wobei diese Länder zusammen für nur neun Prozent der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich sind. Die zehn Länder mit den höchsten Emissionen, darunter China, die Vereinigten Staaten, Russland und Japan, verantworten zusammen fast 70 Prozent der weltweiten Emissionen, aber in den Ländern mit den höchsten Emissionen sind Kinder geringeren Risiken ausgesetzt. Das einzige Land aus dieser Gruppe, das in dem UNICEF-Bericht als besonders risikoreich eingestuft wird, ist Indien.

Wir werden nicht zulassen, dass sich die Industrieländer vor der Verantwortung für das Leid der Kinder in anderen Teilen der Welt drücken.

Viele Hochrisikoländer sind ärmere Nationen aus dem globalen Süden. Gerade dort sind die Menschen am stärksten betroffen, obwohl sie am wenigsten zu dem Problem beitragen. Wir werden nicht zulassen, dass sich die Industrieländer vor der Verantwortung für das Leid der Kinder in anderen Teilen der Welt drücken. Die Regierungen, die Industrie und die übrige internationale Gemeinschaft müssen an einem Strang ziehen, um die Treibhausgasemissionen zu reduzieren. Dazu haben sich 195 Nationen im Pariser Klimaabkommen von 2015 verpflichtet.

Weniger als 100 Tage sind es noch bis zur UN-Klimakonferenz COP26, die in Glasgow stattfinden wird. Klimawissenschaftlerinnen aus aller Welt haben unmissverständlich zu verstehen gegeben, dass es allerhöchste Zeit ist und wir dringend handeln müssen, um die schlimmsten Folgen abzuwenden. Die jungen Menschen dieser Welt stehen auf der Seite der Wissenschaftler und werden weiterhin Alarm schlagen.

Wir befinden uns in einer Mega-Krise: einer Verschmutzungskrise, einer Klimakrise, einer Krise der Kinderrechte. Wir werden nicht zulassen, dass die Welt wegschaut.

Aus dem Englischen von Christine Hardung

© New York Times