In einem Beitrag in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung – und auch hier in der IPG – hat sich Frank-Walter Steinmeier jüngst dafür eingesetzt, mit „Rüstungskontrolle Vertrauen zu schaffen“. Ziel seiner Initiative ist es, einen dringend notwendigen Neustart von Gesprächen zur Rüstungskontrolle mit Russland auf den Weg zu bringen. Hierzu benennt Steinmeier konkrete Einzelschritte und zwar im Rahmen einer sicherheitspolitischen Initiative auf Basis der OSZE.

Wir sind erleichtert, dass sich führende Sozialdemokraten nun endlich gezielt gegen eine außenpolitische Denkschule stellen, die die vergangenen Jahrzehnte maßgeblich geprägt, wenn nicht beherrscht hat. Diese Denkschule bezeichnete sich zwar selbst gerne als „menschenrechtsgestützt“, zielte aber tatsächlich auf einen Regime-Change in vielen Gebieten, die zur Zeit des Ost-West-Konfliktes noch außerhalb der westlichen Einflusssphären gelegen hatten.

Fakt ist: Diese Denkschule und die in ihrem Geiste befolgten Handlungsmuster haben nach 25 Jahren ihren Praxistest nicht bestanden. Sie haben ihre selbst postulierten Ziele – die Stärkung der Menschenrechte weltweit, das Errichten einer neuen Sicherheit auf der Basis ad hoc zusammengestellter Coalitions of the Willing, die Förderung von zahlreichen revolutionären „Frühlingen“ und den Aufbau von rechtstaatlichen Strukturen -- nicht erreicht. Im Gegenteil: Diese Doktrin hat letztlich nur zu einem Mehr an Gewalt geführt, zu einem Mehr von Kriegen und Bürgerkriegen, zu mehr destabilisierten Staaten, zu mehr Korruption. Und: Sie hat die aktuellen riesigen Flüchtlingsbewegungen mit verursacht.

Auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges, nach dem Bau der Berliner Mauer und unmittelbar nach dem Einmarsch der Staaten des Warschauer Paktes in Prag, haben mutige Sozialdemokraten in Deutschland -- ohne Illusionen -- einen völlig anderen Weg eingeschlagen. Willy Brandt und Egon Bahr setzten auf Verständigung durch Gespräche, auf den Vorrang der Diplomatie vor militärischen Konfrontationen, auf Entspannungspolitik und beiderseitige Abrüstung, auf Wandel durch Zusammenarbeit, auf Konzepte einer gemeinsamen Sicherheitspartnerschaft in Europa – das waren ihre Denkmuster.

Diese Politik war damals heiß umstritten und von Misstrauen begleitet, sie hat aber den entscheidenden Beitrag dazu geleistet, dass es in der damaligen UdSSR einen Michail Gorbatschow geben konnte, der die Zukunft auch seines Landes in einem gemeinsamen europäischen Haus suchte.

Zudem war diese Politik entscheidend dafür, dass die damalige Führung der Sowjetunion unter Michael Gorbatschow ihrerseits auf gewaltsame blutige Gegenreaktionen zur Zerschlagung der demokratischen Bewegungen im Osten des Kontinents verzichtete. Erst so kam die Einheit und friedliche Neuordnung Europas in greifbare Nähe, die eben nicht auf der Basis von Krieg und Gewalt geschmiedet wurde. Immer noch gilt es, die Verheißungen der Pariser KSZE-Konferenz vom Dezember 1990 zur Leitlinie einer echten Zukunftsperspektive für Europa zu machen.

gez.

Prof. Dr. Peter Brandt, Mitglied des Vorstands der Friedrich-Ebert-Stiftung

Dr. Hans Misselwitz, Staatssekretär a.D.

Dr. Antje Vollmer, Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages a.D.

Heidemarie Wieczorek-Zeul, Bundesministerin a.D.