Der Wahlkampf vor den Präsidentschaftswahlen in Nigeria am 16. Februar hat nun seinen Höhepunkt erreicht. Laut Ansicht von Beobachtern ist dieser Urnengang für die Konsolidierung der Demokratie im bevölkerungsreichsten Land und der größten Volkswirtschaft Afrikas von entscheidender Bedeutung. Worum es geht, ist einfach erklärt: Der amtierende Präsident, Muhammadu Buhari von der APC (All Progressives Congress) tritt gegen den ehemaligen Vizepräsidenten Atiku Abubakar an, der der Demokratischen Volkspartei PDP angehört, also der größten Oppositionspartei.

Buhari könnte als Amtsinhaber im Vorteil sein, obwohl auch der ehemalige Präsident Goodluck Jonathan – der Mann, den Buhari im Jahr 2015 abgelöst hat – einen Amtsbonus hatte, den er nicht nutzen konnte. Damals fiel Buharis Versprechen, die Korruption zu bekämpfen, die Wirtschaft wiederzubeleben und die Sicherheit zu verbessern, bei den Wählern, die von Jonathans schwacher Leistung ernüchtert waren, auf fruchtbaren Boden. Aber obwohl die Nigerianer von Buhari vielleicht nicht mehr so begeistert sind wie noch vor vier Jahren, wäre seine Niederlage immer noch ein erheblicher Rückschlag: Sein Image als „ehrlicher Mann“ gibt ihm gegenüber Abubakar, dem mit Misstrauen begegnet wird und der als korruptionsanfällig gilt, einen gewissen Vorteil.

Dafür, dass diese Wahlen wichtig sind, gibt es mehrere Gründe: Erstens sind es die fünften Wahlen, seit 1999 das Verfassungsrecht wieder eingeführt wurde. Für ein Land mit einer beklagenswerten Geschichte politischer Instabilität, das immer wieder unter Nachwahlkonflikten, Militärputschs und Gegenrevolutionen litt, ist dies eine vielversprechende Entwicklung, die gefördert werden muss. Und angesichts dessen, dass das, was in Nigeria passiert, das gesamte Afrika südlich der Sahara beeinflusst, sind die Resultate dort noch bedeutsamer.

Dies wären die zweiten fairen und glaubwürdigen Wahlen im Land nach dem Jahr 2015. Wird dabei kein akzeptables Ergebnis erzielt, könnte dies zu gewalttätigen Reaktionen führen, deren Effekt schwer vorherzusagen wäre.

Zweitens wären dies die zweiten fairen und glaubwürdigen Wahlen im Land nach dem Jahr 2015. Wird dabei kein akzeptables Ergebnis erzielt, könnte dies zu gewalttätigen Reaktionen führen, deren Effekt schwer vorherzusagen wäre. Außerdem finden die Wahlen inmitten „wachsender Spannungen entlang ethno-religiöser und regionaler Linien“ statt, meint Chris Kwaja, ein führender Berater beim US-amerikanischen Friedensinstitut United States Institute of Peace (USIP).

Auffällig ist in diesem Jahr ein noch nie dagewesenes Wählerinteresse. Da die vergangenen Regierungen die Bedürfnisse der Menschen nicht erfüllen konnten, wurden sich die Bürger der Notwendigkeit bewusst, sich registrieren zu lassen und endlich fähige Staatsdiener zu wählen. Viele arbeitslose und verarmte junge Menschen, die schlechte Regierungen für ihr Los verantwortlich machen, möchten sich nun einen Einfluss auf ihre Zukunft verschaffen. Dies führte zu einer starken Zunahme der Zahl registrierter Wähler: Laut dem Schiedsgericht der Unabhängigen Nationalen Wahlkommission (INEC) sind es in diesem Jahr 84 Millionen – verglichen mit 70 Millionen vor vier Jahren.

Angesichts dessen steht die INEC jetzt allerdings vor einer großen Herausforderung. Sie muss in einem Land, das mit rund 924 000 Quadratkilometern dreimal so groß ist wie Deutschland, genug Mitarbeiter und Materialien bereitstellen. Wird dieser logistische Albtraum nicht bewältigt, könnte es vor, während oder nach den Wahlen zu Protesten kommen.

Noch beunruhigender ist die allgegenwärtige Unsicherheit im ganzen Land. Die stärkste Bedrohung für die Wahlen scheinen die islamistischen Boko-Haram-Terroristen im Nordosten zu sein. Sie sind wild entschlossen, die Wahlen zu behindern, und zu diesem Zweck haben sie ihre Angriffe gegen Regierungstruppen und Zivilisten verstärkt. Allein in den letzten Monaten wurden Hunderte Menschen getötet, und über 59 000 andere flohen in Lager, die für innerhalb des Landes vertriebene Menschen eingerichtet wurden.

Die stärkste Bedrohung für die Wahlen scheinen die islamistischen Boko-Haram-Terroristen im Nordosten zu sein. Sie sind wild entschlossen, die Wahlen zu behindern.

Und im Nordwesten von Nigeria marodieren bewaffnete Banditen. Sie stehlen Vieh, entführen Menschen für Lösegeld und gehen anderen kriminellen Aktivitäten nach. Laut Nnamdi Obasi, einem führenden Berater bei der International Crisis Group, verschlechtert sich die Sicherheitslage „von alarmierend zu tragisch – und könnte sogar noch schlimmer werden“.

Auch der Kampf zwischen den ländlichen Fulani-Viehhirten und den Bauern in der mittleren Nordzone könnte dazu beitragen, die Wahlen zu stören. Der Hauptgrund für diesen Konflikt ist zwar, dass die nutzbaren Weide- und Landwirtschaftsflächen abnehmen. Es gibt jedoch auch christlich-muslimische, nord-südliche und ethnische Konfliktlinien , die die nigerianische Politik schon seit langem beeinflussen. Auch das Problem falscher Nachrichten könnte zu einem Funken werden, der einen Flächenbrand der Gewalt entfacht. Ebenso hat die Gewalt zwischen den politischen Parteien zugenommen – und sogar innerhalb von ihnen. Und als ob das nicht genug wäre: In einigen Landesteilen warnen die Sicherheitsbehörden vor der Existenz von Waffenlagern, die von Unruhestiftern angelegt wurden, um sie während oder nach den Wahlen zu benutzen. Und die separatistische Organisation der Indigenous People of Biafra (IPOB) ruft im Südosten des Landes dazu auf, die Präsidentschaftswahlen zu boykottieren.

Um Unruhen vorzubeugen, muss das INEC Wahlbetrug, finanzielle Beeinflussung, die Beteiligung von Minderjährigen, mehrfache Stimmabgabe und andere Vergehen verhindern. Im ganzen Land müssen die Sicherheitsvorkehrungen hoch genug sein, um eine Atmosphäre zu schaffen, die die Wähler zur Stimmabgabe ermutigt. Auch das Militär und die Polizei müssen dabei einen hohen Grad von Professionalität und Unparteilichkeit an den Tag legen.

Und schließlich spielen auch einflussreiche Mitglieder der nigerianischen Gesellschaft eine Rolle dabei, den friedlichen Verlauf der Wahlen zu gewährleisten – darunter Geistliche, Unternehmer, ehemalige Staatschefs und traditionelle Stammesführer. Ebenso wie 2015, als sie Präsident Jonathan dazu ermutigten, dem Gewinner zu gratulieren – eine historische Geste, die die demokratische Entwicklung Nigerias erheblich gestärkt hat – müssen sie auch jetzt bereit sein, bei Bedarf zu intervenieren.