Nach gehörigem Säbelrasseln folgte die symbolische Annäherung bei den olympischen Winterspielen in Südkorea und nun soll es tatsächlich ein direktes Treffen zwischen Kim Jong-un und Donald Trump am 27. April geben. Als Ort für das Treffen ist die Grenze zwischen Nord- und Südkorea am wahrscheinlichsten. Doch spätestens seitdem Kim mit seiner Zugfahrt nach Peking bewiesen hat, dass er durchaus zum Reisen bereit ist, kommen für künftige diplomatisch Treffen auch Orte außerhalb der koreanischen Halbinsel infrage. Die Mongolei könnte dabei in den Mittelpunkt rücken.

Am 16. März hatte sich der Chef des mongolischen Präsidentschaftsamts Enkhbold separat mit amerikanischen und nordkoreanischen Diplomaten getroffen, um das Interesse der mongolischen Regierung an einer Ausrichtung des Kim-Trump-Gipfels zu bekunden. Diese beiden Treffen deuten schon an, warum die Mongolei eine Rolle in den Gesprächen mit Nordkorea spielen kann, denn in Ulan Bator gibt es immerhin eine amerikanische und eine nordkoreanische Botschaft. Das trifft auch für Berlin zu, aber wann war zum letzten Mal ein deutscher Minister oder eine Ministerin in Nordkorea? Der mongolische Außenminister Tsogtbaatar war hingegen Anfang Februar in Pjöngjang, unter anderem, um das 70-jährige Jubiläum der diplomatischen Beziehungen zwischen Nordkorea und der Mongolei zu feiern. Enkhbold war kurz vor den Terminen mit den Botschaftsoffiziellen von einer Reise in die USA zurückgekehrt.

Für Ulan Bator spricht die Neutralität der Mongolei. Seit 2012 ist die Mongolei als atomwaffenfreier Staat anerkannt. Mit Blick auf das nordkoreanische Atomprogramm als Kern des Konfliktes mit den USA, kann dies eine wichtige symbolische Rolle spielen. Am wichtigsten aber dürfte sein, dass die Mongolei wie kaum ein anderes Land auf der Welt gleichermaßen freundschaftliche Beziehungen sowohl zu den USA als auch Nordkorea unterhält. Die Freundschaft mit den USA ist der geopolitisch prekären Lage der demokratisch verfassten Mongolei zwischen Russland und China geschuldet. Angesichts der zwei übermächtigen Nachbarn verfolgt die mongolische Außenpolitik konsequent das strategische Ziel „dritter Nachbarschaften“. Intensive politische, wirtschaftliche und kulturelle Beziehungen zu den westlichen Demokratien gelten als Garantie für die eigene Unabhängigkeit. Die USA sind – mit Deutschland – einer der wichtigsten dritten Nachbarn der Mongolei.

Die guten Beziehungen zu Nordkorea reichen bis zum Koreakrieg zurück. Als sozialistisches Bruderland unterstützte die Mongolei Nordkorea während des Krieges. Hunderte nordkoreanische Kinder wurden in die Mongolei evakuiert und der mongolische Botschafter ist als einziger ausländischer Repräsentant während der Bombardierung Pjöngjangs in der Stadt verblieben. Zwei Gesten, die der Mongolei in Nordkorea immer noch hoch angerechnet werden und die die Beziehungen zwischen den beiden Ländern bis auf den heutigen Tag positiv beeinflussen.

Nicht minder bedeutend dürfte aber der Wohlfühlfaktor sein, den die Mongolei vor allem aus Sicht Nordkoreas darstellt. Die Mongolei ist eines der wenigen Länder, in denen sich nordkoreanische Offizielle einigermaßen wohlzufühlen scheinen. Dies zeigte sich etwa bei der Teilnahme des nordkoreanischen Vizeaußenministers Ri Jong-hoam „Ulaanbaatar Dialogue on Northeast Asian Peace and Security“ im vergangenen Jahr. Ri nutzte die Gelegenheit, sich mit Vertretern der japanischen und kanadischen Regierung zu treffen und sich an öffentlichen Diskussionen mit südkoreanischen und amerikanischen Akademikern zu beteiligen. Ri zeigte hierbei abermals, dass die nordkoreanische Weltsicht auf dem Gefühl einer akuten Bedrohung durch die USA beruht. Jenseits der demonstrativen offiziellen Haltung auf öffentlichen Podien hat die nordkoreanische Delegation allerdings auch von der Möglichkeit vertraulicher Gespräche mit Vertretern offiziell verfeindeter Länder rege Gebrauch gemacht.

Gerade mit Blick auf Nordkorea spielt die Geografie selbst im Internetzeitalter eine wichtige Rolle, denn es scheint unwahrscheinlich, dass Kim eine längere Strecke mit dem Flugzeug auf sich nehmen würde, was sich bei seiner Reise nach Peking mit dem Zug bestätigt hat. Es ist zwar nicht bekannt, ob er die Flugangst seines Vaters geerbt hat, aber der nordkoreanischen Regierungsmaschine wird er sich wohl kaum anvertrauen und ein ausländisches Flugzeug scheint auch unwahrscheinlich. Ulan Bator ist hingegen mit dem Zug über Peking zu erreichen.

Als Glaubenssatz der mongolischen Außenpolitik gilt, dass es Sicherheit für die Mongolei nur geben kann, wenn die Konflikte Nordostasiens friedlich gelöst werden. Die mongolische Regierung würde also alles daransetzen, einen Dialog zwischen Trump und Kim erfolgreich zu begleiten.