Seit 1998 drohen große europäische Fußballvereine immer wieder damit, aus den UEFA-Wettbewerben auszusteigen und eine europäische Superliga zu gründen. Bis jetzt endete das immer damit, dass die UEFA ihre Wettbewerbe zum Vorteil der großen Vereine reformierte, sodass sich heute viele große Vereine leichter für die Champions League qualifizieren und stärker an den Einnahmen der europäischen Wettbewerbe beteiligt werden.

Dieser Ablauf scheint sich in dieser Saison zu wiederholen. Wie David Conn berichtet, soll im Oktober 2020 die US-Bank JP Morgan – angeblich auf Initiative von Real Madrid – gebeten worden sein, die finanziellen Möglichkeiten einer Superliga zu prüfen. In der Öffentlichkeit halten die Spitzenklubs sich mit der Befürwortung einer eigenen Super League stets zurück, aber laut Conn haben Top-Klubs wie Manchester United und Liverpool schon konkrete Pläne für eine Superliga diskutiert. FIFA und UEFA lehnten jeden dahingehenden Vorschlag am 21. Januar entschieden ab. Auch die Fanclubs der Spitzenvereine in ganz Europa haben in einer gemeinsamen Erklärung, die Football Supporters Europe (FSE) am 29. Januar veröffentlichte, die Pläne für eine Superliga scharf verurteilt.

Die UEFA soll unterdessen ein neues Format für die Champions League „vorgeschlagen haben“, das mehr Spiele vorsieht. Die Medienberichterstattung vermittelt den Eindruck, von der Reform würden vor allem die großen Vereine profitieren. So schrieb die niederländische Tageszeitung NRC-Handelsblad, die niederländischen Meister würden durch die Teilnahme an der neuen Champions League vermutlich so viel verdienen, dass es den niederländischen Wettbewerb aus den Angeln heben könnte.

Übersehen wird bislang, dass diese Entwicklungen nach europäischem Wettbewerbsrecht gesetzeswidrig sind. Das hängt damit zusammen, dass Fußballvereine auf nationaler Ebene miteinander um Konsumenten (Stadionbesucher, Fernsehzuschauer, Käufer von Merchandising-Artikeln) konkurrieren. Im Kampf um den Verbraucher steht beispielsweise Ajax Amsterdam in hartem Wettbewerb mit anderen niederländischen Vereinen.

Was die Endprodukte der Fußballindustrie angeht, sind die „relevanten Märkte“ folglich die nationalen Märkte. Wohlgemerkt sind die relevanten Märkte auch die Märkte, auf die sich die Gerichte konzentrieren, wenn sie die Frage klären müssen, ob der Wettbewerb ausreichend gewährleistet ist oder ob er so stark eingeschränkt wird, dass der wirtschaftliche Wohlstand Schaden nimmt.

Übersehen wird bislang, dass diese Entwicklungen nach europäischem Wettbewerbsrecht gesetzeswidrig sind.

Dass die relevanten Märkte für die Produkte von Fußballvereinen die nationalen Märkte sind, ist keine neue Erkenntnis. So sind sich Ökonomen, Rechtswissenschaftler und die Europäische Kommission zum Beispiel einig, dass die relevanten Märkte für die Fußballübertragungen im Fernsehen die Märkte in den Ländern sind. Diese Erkenntnis wird allerdings bislang nicht auf die neuen Wettbewerbsformate angewendet. Sonst würde sich deutlich zeigen, dass sowohl eine europäische Superliga als auch die vorgeschlagenen Reformen der Champions League gegen das europäische Wettbewerbsrecht verstoßen.

Das wird ersichtlich, wenn man sich anschaut, wie die Wettbewerbssituation auf den nationalen Märkten sich in den vergangenen Jahrzehnten entwickelt hat. In den meisten europäischen Ländern ist die Zahl der Fußballvereine, die eine realistische Chance haben, die Champions League zu gewinnen, rückläufig. In den Niederlanden zum Beispiel ist Ajax derzeit mit Abstand der beliebteste Verein bei Fans, die Anhänger eines Vereins mit europäischen Titelchancen sein wollen. Das bedeutet, dass Vereine wie Feyenoord Rotterdam und PSV Eindhoven auf lange Sicht schlechter mit Ajax mithalten können, wenn es um die Attraktivität für neue Fans geht. Ajax wird also an Marktmacht gewinnen, und es wird auf dem niederländischen Markt weniger Wettbewerb geben, was nach der allgemeinen Wirtschaftstheorie für die Fans zu höheren Preisen führt.

Dieses Beispiel zeigt, warum es wichtig ist, den Fokus auf die nationalen Märkte zu richten. In ganz Europa gibt es vielleicht noch ungefähr dreißig Vereine, die eine realistische Chance haben, eines Tages die Champions League zu gewinnen. So gesehen hat es den Anschein, als gäbe es genug Konkurrenz und als würde der Wettbewerb selbst dann keinen Schaden nehmen, wenn die Zahl der potenziellen Champions-League-Sieger auf zwanzig Vereine schrumpfen würde.

Wenn man jedoch davon ausgeht, dass die relevanten Märkte hauptsächlich die nationalen sind, wird offensichtlich, dass die Entwicklung selbst in großen Fußballländern wie England problematisch ist. Früher hatten relativ kleine englische Klubs wie Nottingham Forest ernsthafte Aussichten, den wichtigsten Titel im europäischen Vereinsfußball (der damals noch Europapokal hieß) zu gewinnen. Heute haben, wenn überhaupt, nur noch etwa acht englische Vereine eine reelle Chance auf den Gewinn der Champions League. Englische Fans, die Anhänger eines englischen Spitzenvereins sein möchten, haben also weniger Auswahl als früher.

In ganz Europa gibt es vielleicht noch ungefähr dreißig Vereine, die eine realistische Chance haben, eines Tages die Champions League zu gewinnen.

Eine europäische Superliga würde diesen Prozess nur noch beschleunigen. Nehmen wir einmal an, diese Super League wäre eine geschlossene Liga ohne Abstieg und Aufstieg. Das hieße, dass jedes Land höchstens einen oder eine Handvoll Klubs hätte, die in dieser Eliteliga spielen würden – und es wären immer dieselben. Aus den Niederlanden würde wahrscheinlich nur ein Klub antreten – nämlich Ajax. Dies würde dem Amsterdamer Verein auf dem niederländischen Markt zu einer Monopolstellung im Spitzenfußball verhelfen. Aus England würden vielleicht sechs Vereine in der Superliga spielen, sodass diese sechs Vereine den englischen Markt für Spitzenfußball möglicherweise dauerhaft unter sich aufteilen würden. Mit anderen Worten: Der Wettbewerb auf den nationalen Märkten (also auf den relevanten Märkten) würde durch die Einführung einer geschlossenen Superliga stark eingeschränkt.

Selbst eine „offenere“ Version der Superliga, bei der Auf- und Abstieg möglich wären, würde den Wettbewerb abwürgen. Denn die Vereine, die am häufigsten in diesem Elitewettbewerb spielen und dabei viel Geld verdienen, würden sich einen immer größeren Vorteil gegenüber den anderen Vereinen im eigenen Land verschaffen. Junge Leute, die Fan eines Vereins sein wollen, der die höchsten Titel gewinnt, hätten damit kaum noch Auswahl. Die Superliga würde also zu weniger Wettbewerb auf den relevanten Märkten führen, selbst wenn es sich um eine offene Liga handeln würde.

Eine Superliga könnte nur entstehen, wenn mehrere Vereine sich bereit erklären, daran teilzunehmen. Dies würde aber im Kern bedeuten, dass sie eine wettbewerbseinschränkende Vereinbarung treffen. Artikel 101 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) verbietet „alle Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, welche … eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Binnenmarkts bezwecken oder bewirken“. Da Rechtswissenschaftler und Gerichte sich darauf geeinigt haben, dass Fußballvereine Unternehmen sind, kann es nur eine Schlussfolgerung geben: Eine europäische Superliga verstößt gegen das europäische Wettbewerbsrecht.

Wie schon erwähnt, drohen die großen Vereine seit 1998 geschlossen mit dem Austritt aus der UEFA und zwangen die UEFA damit, die Champions League zu ihrem Vorteil zu reformieren. Die jetzigen Drohgebärden könnten zu dem gleichen Ergebnis führen und zur Folge haben, dass Europas größte Vereine auf dem Spielfeld noch erfolgreicher werden. Damit hätten die Klubs bessere Chancen, europäische und nationale Titel zu holen – mit der Folge, dass es auf den nationalen Märkten weniger Wettbewerb um die von den Fußballvereinen erzeugten Produkte geben würde. Diese Entwicklungen kann man nur als konzertierte Aktionen zur Einschränkung des Wettbewerbs werten.

Die Europäische Kommission ist deshalb rechtlich in der Pflicht, den Drohungen mit einer Superliga einen Riegel vorzuschieben. Dann würde die Macht der Spitzenvereine schwinden, und die UEFA (ein Verband) könnte wieder eine Politik nach dem Prinzip „Ein Mitglied, eine Stimme“ betreiben. Die Mitglieder der UEFA sind die nationalen Fußballverbände, wobei die Stimmenmehrheit bei den Verbänden aus kleineren Ländern liegt und die meisten Mitglieder der nationalen Verbände kleine Vereine sind.

Diese Rückkehr zu demokratischen Entscheidungsprozessen würde kleineren Vereinen verstärkt Möglichkeiten eröffnen, für mehr Spannung in den bestehenden Wettbewerben sorgen und die Preise für die Fans senken. Einfach ausgedrückt: Wir würden mehr Vielfalt, mehr Qualität und niedrigere Preise bekommen, was exakt der Zielsetzung des europäischen Wettbewerbsrechts entspräche. Die Europäische Kommission könnte seit 1998 intervenieren. Da stellt sich nur noch eine einzige Frage: Worauf wartet sie eigentlich?

Aus dem Englischen von Christine Hardung

Der Originalartikel erschien bei European Politics and Policy der London School of Economics.