Am 5. Juni gaben die führenden Volkswirtschaften eine Übereinkunft bekannt, die ihre Fähigkeit zur Anhebung der Steuern für globale Konzerne steigern wird. Diese Übereinkunft bedarf noch der förmlichen Zustimmung einer größeren Gruppe von Ländern und, damit sie Wirkung zeigt, sind noch viele Einzelheiten auszuarbeiten. Trotzdem lässt sich diese Vereinbarung als historisch beschreiben.

Die G7-Vereinbarung umfasst zwei zentrale Punkte. Erstens schlägt sie eine globale Mindeststeuer von 15 Prozent für die größten Konzerne vor. Zweitens wird unabhängig vom Standort ihres Geschäftssitzes ein Teil der weltweiten Gewinne dieser Konzerne an die Länder zurückfließen, wo sie Geschäfte tätigen.

Diese Ziele zeigen, dass die Regeln der Hyperglobalisierung – nach denen die Länder darum wetteifern müssen, globalen Konzernen immer attraktivere Bedingungen zu bieten – derzeit neu geschrieben werden. Bis vor Kurzem war es der Widerstand der USA, der eine globale Steuerharmonisierung verhinderte. Jetzt war es aber die Regierung von Präsident Joe Biden, die auf die Übereinkunft drängte.

Seit Beginn des Wettstreits um immer niedrigere Körperschaftsteuern in den 1980er Jahren ist der durchschnittliche Regelsteuersatz von fast 50 Prozent auf rund 24 Prozent (2020) gesunken. Viele Länder haben großzügige Steuerschlupflöcher und Ausnahmeregelungen, die den effektiven Steuersatz auf einstellige Werte reduzieren.

Viele Länder haben großzügige Steuerschlupflöcher und Ausnahmeregelungen, die den effektiven Steuersatz auf einstellige Werte reduzieren.

Noch schädlicher ist, dass die globalen Konzerne Gewinne in reine Steueroasen wie die British Virgin Islands, die Cayman Islands oder Bermuda verschieben konnten, ohne ihren tatsächlichen Betrieb dorthin zu verlegen. Schätzungen von Gabriel Zucman von der University of California in Berkeley zeigen, dass ein enormer Anteil der Auslandsgewinne von US-Konzernen in solchen Steueroasen verbucht wird, obwohl diese dort nur wenige Mitarbeiter beschäftigen.

Abgesehen von Fragen zur administrativen Machbarkeit könnte die neue Vereinbarung auf zwei Einwände stoßen. Verfechter einer größeren Steuergerechtigkeit werden den weltweiten Mindestsatz von 15 Prozent als zu niedrig kritisieren, während viele Entwicklungsländer ihn als ungerechtfertigte Einschränkung verdammen werden, da er ihnen eine Möglichkeit nimmt, Investitionen anzulocken.

Die Übereinkunft der G7 scheint beiden Bedenken Rechnung zu tragen: Der niedrige Schwellenwert könnte die Sorgen der Entwicklungsländer lindern, während eine globale Gewinnumlage es Ländern mit hohen Steuersätzen ermöglicht, einen Teil ihrer steuerlichen Einnahmeausfälle auszugleichen.

Unter den entwickelten Ländern liegt nur Irland mit einem Regelsteuersatz von 12,5 Prozent deutlich unter dem vorgeschlagenen Mindestsatz. Doch gibt es einige kleine Länder mit besonders niedrigen Steuersätzen, darunter etwa Moldau (12 Prozent), Paraguay (10 Prozent) und Usbekistan (7,5 Prozent). Diese wollen so ausländische Investoren anlocken, um hochwertige Arbeitsplätze zu schaffen und fortschrittliche Technologien ins Land zu holen, so die Hoffnung.

Die USA und die europäischen Länder mit hohen Steuersätzen mögen sich beschweren, dass ihnen Steuereinnahmen entgehen, wenn ärmere Länder niedrigere Steuersätze haben.

In einem ungünstigen Investitionsumfeld sind niedrige Steuern eine der wenigen unmittelbar wirksamen Methoden, wie Regierungen die vielen Nachteile ausgleichen können. Und die effektiven Steuersätze einiger asiatischer Länder (etwa Singapur, wo der Regelsteuersatz 17 Prozent beträgt, aber für einige Unternehmen niedrigere Steuersätze gelten) könnten letztlich ebenfalls unter dem neuen Mindestsatz liegen.

Das Argument für die Durchsetzung einer gemeinsamen Mindeststeuer ist am stärksten, wenn Länder ähnliche Präferenzen haben und dem Gefangenendilemma ausweichen wollen, bei dem ihr einziger Grund zur Senkung der Steuern darin besteht, zu verhindern, dass Kapital anderswohin abwandert. Dies mag für die Mehrheit der entwickelten Länder gelten, jedoch – wie die Beispiele Irland, Niederlande und Singapur zeigen – mit Sicherheit nicht für alle. Wenn freilich zwischen Ländern große Unterschiede beim Entwicklungsniveau und bei anderen Merkmalen bestehen, kann, was in einem Land angemessen ist, im anderen ein Wachstumshindernis sein.

Die USA und die europäischen Länder mit hohen Steuersätzen mögen sich beschweren, dass ihnen Steuereinnahmen entgehen, wenn ärmere Länder niedrigere Steuersätze haben. Doch diese Länder hindert nichts daran, die bei ihnen ansässigen Unternehmen einseitig mit höheren Steuersätzen zu belegen: Sie können die Steuer der heimischen Unternehmen einfach auf deren weltweite Gewinne anwenden, bemessen nach dem Anteil der Umsätze, die sie in ihrem Heimatmarkt erwirtschaften. Wie Zucman argumentiert, kann jedes Land dies auch ohne eine globale Harmonisierung oder Koordinierung selbst tun.

Der zweite zentrale Punkt der G7-Vereinbarung sieht genau dies vor (auch wenn er diesen Weg nicht zu Ende geht). Im Rahmen der Vereinbarung müssten die größten multinationalen Unternehmen (mit Gewinnmargen von mindestens zehn Prozent) 20 Prozent ihrer weltweiten Gewinne den Ländern zuordnen, in denen sie ihre Produkte und Dienstleistungen anbieten.

Der Kompromiss von 15 Prozent mag ausreichend niedrig liegen, um die Spannungen mit ärmeren Ländern auf ein Minimum zu beschränken.

Der Grund, warum die USA zusätzlich zu dieser nationalen Zuordnung einen globalen Mindeststeuersatz bevorzugen, ist, dass sie ihre Unternehmen im Vergleich zu denen anderer Länder keinen Nachteilen aussetzen möchten, indem sie sie mit deutlich höheren Steuersätzen belegen. Doch unterscheidet sich dieses Wettbewerbsmotiv nicht vom Wunsch der armen Länder, Investitionen anzulocken. Falls sich die USA durchsetzen und die armen Länder das Nachsehen haben, so wird das an der relativen Macht der USA und nicht an wirtschaftlicher Logik liegen.

Die Biden-Regierung wollte ursprünglich eine globale Mindeststeuer von 21 Prozent. Der Kompromiss von 15 Prozent mag ausreichend niedrig liegen, um die Spannungen mit ärmeren Ländern auf ein Minimum zu beschränken und es ihnen zu ermöglichen, mitzumachen. Womöglich wurde hier ein angemessenes Gleichgewicht zwischen globalen Regeln und nationaler Souveränität gefunden.

Doch geht dies für Länder wie die USA auf Kosten niedrigerer Steuereinnahmen, sofern der zweite Aspekt des Umlageverfahrens nicht gestärkt wird. Letztlich dürfte sich ein globales System, das die Fähigkeit der einzelnen Länder stärkt, unter Berücksichtigung ihrer jeweiligen Bedürfnisse und Vorlieben ihre eigenen Steuersysteme zu konzipieren und zu verwalten, als belastbarer und dauerhafter erweisen als Versuche zur internationalen Steuerharmonisierung.

Klar ist, dass Länder, die als reine Steueroasen operieren – und dabei lediglich daran interessiert sind, Papiergewinne zu verlagern, ohne neues Kapital einzubringen –, sich nicht beschweren dürfen. Sie haben den globalen Konzernen einen großen Dienst erwiesen, indem sie ihnen unter beträchtlichen Kosten für die Staatssäckel anderer Länder die Steuervermeidung erleichtert haben. Um ein Handeln zu verhindern, das derart eklatant auf Kosten anderer Länder geht, sind globale Regeln absolut berechtigt. Die G7-Vereinbarung ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung.

(c) Project Syndicate

Aus dem Englischen von Jan Doolan