Der bisherige Oppositionsführer Nana Akufo-Addo hat die Wahlen in Ghana mit fast 54 Prozent der Stimmen deutlich gewonnen. Wie kam es zu diesem Ergebnis? Und was ist von Akufo-Addo zu erwarten?

Mehrere Faktoren sind zusammen gekommen. Die wirtschaftliche Entwicklung der letzten Jahre ist deutlich hinter den Erwartungen zurückgeblieben, so dass Arbeit und Einkommen nicht ausreichend geschaffen wurden. Das mit dem IWF vereinbarte Programm zur Sanierung der Staatsfinanzen hat den Handlungsspielraum der bisherigen Regierung stark eingeschränkt, wobei natürlich erwähnt werden muss, dass dieselbe Regierung auch für den starken Anstieg der Staatsverschuldung verantwortlich war.

Die Regierung des National Democratic Congress (NDC) unter Präsident John Dramani Mahama hat sich zu sehr auf die positiven Wirkungen des Ausbaus der Infrastruktur verlassen. Dabei wurde nicht ausreichend berücksichtigt, dass es Zeit und anderer komplementärer Faktoren bedarf, bis eine breite beschäftigungsschaffende Wirkung entsteht. Die ghanaischen Wählerinnen und Wähler wollten offensichtlich schnelleren und direkt spürbaren Erfolg.

Außerdem ist es Präsident Mahama nicht gelungen, Korruption und Amtsmissbrauch entscheidend zurückzudrängen. Das Image der Regierung war nicht so positiv, wie es die Regierenden selbst glauben wollten. So war mitentscheidend, dass die diesjährige Wahlbeteiligung mit gut 68 Prozent für ghanaische Verhältnisse sehr niedrig war. Viele Anhänger der Regierungspartei sind zuhause geblieben, was auch mit parteiinternen Problemen zu tun hatte.

Das Wahlvolk bringt sich spätestens alle acht Jahre deutlich in Erinnerung.

Nicht zuletzt, sorgen die ghanaischen Wählerinnen und Wähler inzwischen regelmäßig dafür, dass keine Regierung eine dritte Amtszeit bekommt. So bringt sich das Wahlvolk spätestens alle acht Jahre deutlich in Erinnerung.

Die Partei Akufo-Addos, die New Patriotic Party (NPP), gilt als sehr wirtschaftsfreundlich. Die Zeit unter dem letzten NPP-Präsidenten, John Kufuor wird oft als einzige Boomphase romantisch verklärt. Der neue Präsident wird an diesen, sicherlich nicht ganz realistischen Erwartungen gemessen werden. Gleichzeitig genießt Akufo-Addo ein hohes persönliches Ansehen. Seine Ankündigungen, gegen Korruption und Amtsmissbrauch vorzugehen, werden ernst genommen. Es bleibt zu hoffen, dass er sich gegen etwaige gegenläufige Tendenzen in seinem Umfeld durchsetzen kann.

Der Sieg der Oppositionspartei scheint das positive Bild Ghanas einer "afrikanischen Musterdemokratie" zu bestätigen. Wie stellt sich die Innenansicht dar?

Die Innenansicht korrespondiert mit der Sicht von außen. Allerdings war es leicht besorgniserregend, dass seit Beginn des Jahres eine relativ breite Debatte im Land über die Notwendigkeit, den inneren Frieden zu bewahren, in Gang gekommen war. Für den Außenstehenden war schwer einzuschätzen, wie weit eine reale Gefahr bestand, oder ob es sich eher um eine kollektive Selbstvergewisserung bezüglich der gesellschaftlichen Prioritäten handelte. Außerdem hatte die Opposition die Wahlkommission fast permanent mit Kritik unter Druck gesetzt. Es gab Sorgen, dass Verlauf und Ergebnis der Wahl heftige Kontroversen auslösen würden. Vor diesem Hintergrund verdienen das Land, seine Institutionen sowie die Wählerinnen und Wähler ein großes Kompliment. Die oben erwähnte niedrige Wahlbeteiligung ist allerdings ein Wermutstropfen.

Ein wenig enttäuschend ist auch das schlechte Abschneiden der kleinen Parteien. In Ghana scheint sich ein Zwei-Parteien-System fest etabliert zu haben. Der zyklische Wechsel der beiden „big kids on the block“ führt zu signifikanten Wohlstandverlusten durch Klientelismus und Inkompetenz.

Der Ölpreis ist zuletzt wieder deutlich gestiegen. Zugleich steigt die Förderung der neu entdeckten Ölreserven Ghanas. Wie wird sich dies auf die wirtschaftliche Situation im Land auswirken?

Ein Zuwachs an Einnahmen aus dem Ölexport wird den künftigen ghanaischen Finanzminister sicher freuen. Gleichwohl fördert das Land keine riesigen Mengen an Öl, so dass die Wirkung begrenzt bleiben wird. Und die neue Regierung muss zeigen, dass sie bereit und in der Lage ist, diese Einnahmen wirksam einzusetzen. Dabei wäre es zum Beispiel bereits ein Fortschritt, wenn sich die Verwendung der Einnahmen auf einige wenige Bereiche konzentrieren würde, wie es übrigens auch die bestehende Gesetzeslage vorschreibt, damit die Wirkung auch spürbar wird, anstatt zu verpuffen. Außerdem muss es darum gehen, eine noch stärkere Verlinkung von Ölförderung und –export mit anderen Sektoren der ghanaischen Wirtschaft herzustellen, damit eine größere Breitenwirkung entsteht. Im Endeffekt braucht das Land die massive Schaffung von Arbeit und Einkommen. Dabei kann das Öl nur ein Faktor sein.

Die Fragen stellte Hannes Alpen.