Indonesiens neuer Präsident Prabowo Subianto ist fest mit dem Militär verankert. Von dem Ex-General ist zu erwarten, dass er bei der Entwicklung und Umsetzung der indonesischen Verteidigungspolitik einen aktiveren Ansatz verfolgen wird. Als Verteidigungsminister der vorhergehenden Regierung hat er sich damit befasst, wie die Drohnentechnologie in die militärischen Operationen des Landes integriert werden könnte. Dieser Bereich scheint zu Beginn seiner Präsidentschaft in den Mittelpunkt zu rücken.
Indonesien hat mit der Türkei einen Vertrag über die Lieferung von zwölf Anka-Drohnen im Wert von 300 Millionen US-Dollar abgeschlossen. Diese Drohnen wurden für Überwachungs- und Aufklärungsmissionen konzipiert, können aber auch für Luftangriffe genutzt werden. Im Vertrag ist die Vereinbarung enthalten, dass die Drohnen in Zusammenarbeit mit Indonesiens eigener Rüstungsindustrie hergestellt werden. Das ist ein übliches Verfahren bei der indonesischen Waffenbeschaffung, um einen Technologietransfer zu ermöglichen. Darüber hinaus bekundete Indonesien auch Interesse am Kauf von weiteren CH-4-Drohnen aus China und Bayraktar-Drohnen aus der Türkei. Und nicht zuletzt hatte Indonesien vor, selbst unbemannte Luftfahrzeuge (UAVs) mittlerer Flughöhe und großer Reichweite zu entwickeln. Dieses Projekt wurde jedoch leider gestrichen, da die dafür vorgesehenen Mittel für „zivile Initiativen“ umgewidmet wurden. In Indonesien werden zwar schon eigene Drohnen hergestellt, aber ihre Fertigung befindet sich im Vergleich zu Herstellern anderer Länder noch im Anfangsstadium.
In den letzten Jahren kamen im indopazifischen Raum immer mehr Drohnen zum Einsatz.
In den letzten Jahren kamen im indopazifischen Raum immer mehr Drohnen zum Einsatz – sowohl für die Nachrichtengewinnung, Überwachung und Aufklärung (intelligence, surveillance and reconnaissance, ISR) als auch für Kampfzwecke. China verfügt über mehrere für militärische Zwecke geeignete UAV-Modelle, darunter die Wing-Loong-Serie und den Guizhou WZ-7 Soaring Dragon, die beide sowohl für ISR- als auch für Kampfeinsätze genutzt werden können. Die USA haben dagegen die RQ-4 Global Hawk und die MQ-4C Triton in Japan und Singapur bei ISR-Operationen eingesetzt, vermutlich um die Vorgänge im Südchinesischen Meer und in anderen wichtigen Krisenherden nahe und rund um Japan zu beobachten.
Indonesiens steigende Waffenkäufe in jüngerer Vergangenheit sind Teil eines bereits unter Präsident Susilo Bambang Yudhoyono angelegten weitreichenden Plans, das Militär zu modernisieren und eine mit minimalen Mitteln hocheffiziente Streitkraft aufzubauen. Das Erreichen dieser Modernisierungsziele hat sich für Indonesien aufgrund verschiedener Faktoren als schwierig erwiesen: finanzielle Engpässe und haushaltspolitische Zwänge, die Abhängigkeit von im Ausland hergestellten Waffen und wechselnde politische Prioritäten. Zudem waren Jokowi, dem vorhergehenden Präsidenten Indonesiens, die Entwicklung der Wirtschaft und Infrastruktur wichtiger, weshalb der Verteidigungs- und Sicherheitspolitik weniger Aufmerksamkeit gewidmet wurde.
Strategisch eingesetzt, sind militärische Drohnen sicherlich eine Unterstützung für Indonesiens militärische Operationen. Zum einen können sie das Bewusstsein der indonesischen Marine für den maritimen Bereich verstärken und es den militärischen und anderen relevanten Einheiten ermöglichen, mögliche Sicherheitsbedrohungen in der Nähe oder innerhalb der indonesischen Seegebiete zu überwachen und ihnen entgegenzuwirken. Drohnen wie die Global Hawk oder die Triton könnten die Fähigkeiten Indonesiens erhöhen, seine maritimen Fähigkeiten zu überwachen und zu überprüfen und der indonesischen Marine oder Küstenwache fast in Echtzeit Informationen über Vorgänge in seinem Seegebiet liefern. In eingeschränktem Maße könnten sie auch eine Abschreckung gegen mögliche Gegner oder Bedrohungsakteure darstellen, die Indonesiens Seegebiete ausnutzen wollen, und gleichzeitig das Risiko mindern, dass indonesische Militärangehörigen sich im Dienst verletzten oder gar ums Leben kommen.
Angesichts der sich verschlechternden Sicherheitslage im Indo-Pazifik braucht Indonesien auf jeden Fall bessere militärische „Hardware“.
Angesichts der sich verschlechternden Sicherheitslage im Indo-Pazifik braucht Indonesien auf jeden Fall bessere militärische „Hardware“. Mehrere zentrale Trends sind Zeichen dieser Verschlechterung der Sicherheitslage, allen voran die zunehmende Militarisierung von wichtigen regionalen Krisenherden wie dem Südchinesischen Meer. Sowohl China als auch Vietnam haben damit begonnen, große künstliche Inseln im Meer zu bauen, von denen viele mit militärischen Einrichtungen ausgestattet sind. Diese Militarisierung geht immer häufiger mit gewaltsamen Konfrontationen auf dem Meer einher – wie denen zwischen China und den Philippinen um das ressourcenreiche Riff Second Thomas Shoal sowie zwischen China und Vietnam in der Nähe der Paracel-Inseln.
Auch wenn Indonesien selbst keinerlei Ansprüche im Südchinesischen Meer hat, so könnte der Ausbruch eines Konflikts in der Region durchaus erhebliche Auswirkungen auf seine Hoheitsgewässer und Interessen haben. Zudem steht Indonesien in seinen Gewässern vor einer Reihe von nicht-traditionellen und grenzübergreifenden Sicherheitsbedrohungen wie illegaler Fischerei, Drogen- und Menschenhandel, Piraterie und dem Eindringen ausländischer Schiffe in seine Hoheitsgewässer. Der Einsatz von Drohnen könnte dazu beitragen, dass Indonesien diesen Bedrohungen entgegenwirken kann, wenn nicht durch Abschreckung, dann durch eine bessere Wahrnehmung der Vorgänge in seinen Seegebieten.
Indonesiens Vielzahl an externen und internen Sicherheitsbedrohungen verlangen nach einer sofortigen Lösung.
Auch wenn sicherlich vieles dafür spricht, dass Indonesien im Rahmen seiner Modernisierungspläne mehr Drohnen kaufen sollte, sind diese allerdings keine „Wunderwaffen“, mit denen Indonesiens gesamte Sicherheitsanforderungen abgedeckt wären. Ganz zu schweigen davon, dass hoch entwickelte Drohnen ihren Preis haben: Ihre Anschaffung könnte zu Lasten der indonesischen Pläne gehen, andere militärische Ausrüstung wie Kampfjets und Kriegsschiffe zu modernisieren. Problematisch für Indonesien ist auch, dass es auf Waffenlieferanten aus dem Ausland angewiesen ist, weil die eigene Rüstungsindustrie noch nicht ausreichend ausgebaut ist. Diesem Problem ist vielleicht mit weiteren Investitionen und Entwicklungen im Inland zu begegnen sowie mit der Zusammenarbeit mit ausländischen Rüstungsherstellern in den USA, Europa und andernorts. Das sind jedoch langfristige Investitionen, während Indonesiens Vielzahl an externen und internen Sicherheitsbedrohungen eine sofortige Lösung verlangt, die vielleicht darüber hinausgeht, was militärische Drohnen oder andere „Hardware“ leisten können.
Zu diesen Sicherheitsproblemen gehören die Notwendigkeit, Indonesiens verschiedene strategische Seewege zu schützen, die Kontrolle über seine Hoheitsgebiete zu stärken und mögliche Gegner und Kriminelle davon abzuhalten, die indonesischen Staatsgebiete für Zwecke zu nutzen, die gegen die nationalen Interessen des Landes verstoßen. Dazu kommen weitere Erfordernisse: Indonesiens alternde militärische Ausrüstungen und Plattformen zu modernisieren oder zu ersetzen; die Organisationsstrukturen innerhalb der Ordnung zur Durchsetzung des indonesischen Seerechts zu verbessern oder zu überarbeiten; und nicht zuletzt Indonesiens Prioritäten und Interessen in der Verteidigungs- und Sicherheitspolitik genauer zu bestimmen, zumal das letzte Weißbuch zu Verteidigungsfragen von 2015 stammt. Indonesiens Streitkräfte stehen zudem vor dem besonderen Problem eines „Beförderungsstaus“: Es gibt zu viele Militäroffiziere, für die keine höheren Ämter oder Posten zur Verfügung stehen. Indonesiens Verteidigungspolitik und Beschaffungspläne unter Präsident Prabowo müssen daher auf einer eindeutigen Beurteilung dessen beruhen, wie die umfassende nationale Sicherheitsstrategie aussehen soll, wie das militärische Personal effektiv organisiert werden kann und welchen Bedrohungen begegnet werden muss. Mit militärischer Hardware allein sind Indonesiens Sicherheitsprobleme nicht zu lösen.
Das heißt jedoch nicht, dass Indonesien ganz auf die Anschaffung von Drohnen verzichten muss. Aber ihre Einbeziehung in Indonesiens Verteidigungskräfte muss mit Verbesserungen von Indonesiens gesamten Verteidigungsstrategien und -fähigkeiten einhergehen, und zwar auf Grundlage einer genauen Feststellung, was Indonesien mit seiner Außen- und Verteidigungspolitik erreichen will und welche Probleme anzugehen sind. Drohnen sind auf jeden Fall eine effektive Verstärkung für Indonesiens Armee, weil sie die vorhandenen militärischen Fähigkeiten unterstützen und vergrößern können, sollten, aber nicht als wichtigstes Mittel zur Bewältigung von Sicherheitsproblemen erachtet werden.
Finanzielle, haushaltspolitische, politische und technologische Einschränkungen sind erhebliche Hürden für Indonesiens Modernisierungspläne im Verteidigungsbereich, vor allem für die Beschaffung und Entwicklung militärischer Drohnen. Zwischen all den konkurrierenden Prioritäten – wie Prabowos Programm, an Schulen kostenlose Mittagessen auszugeben, sein Ziel eines acht-prozentigen Wirtschaftswachstums und die Verlegung der Hauptstadt – wird sich die Modernisierung der indonesischen Armee als große haushaltspolitische Herausforderung für die Prabowo-Regierung erweisen.
Aus dem Englischen von Ina Goertz