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Frankreich
Auch wenn Anfang April mit 60 000 Infizierten und 4 500 Todesfällen noch nicht das Ausmaß der Krisen in Italien oder Spanien erreicht ist, gehört Frankreich doch zu den am stärksten betroffenen Ländern Europas. Besonders dramatisch ist die Situation in den Regionen „Grand Est“ mit Elsass und „Ile-de-France“ mit Paris, in denen die Kapazität für Intensivbehandlungen bereits erschöpft ist und aus denen Patienten in andere Regionen oder in Nachbarländer (darunter auch Deutschland) verlegt werden müssen.
Angesichts dieses Notstands hat die französische Regierung eine Reihe von Maßnahmen angeordnet, um das Prinzip der „sozialen Distanz“ zur Begrenzung der Ausbreitung des Virus durchzusetzen. So wurde eine weitgehende Ausgangsbeschränkung („confinement“) für die Bevölkerung verhängt, die außerhäusliche Gänge auf das Lebensnotwendige beschränkt. In einer Fernsehansprache am 16. März, die von 35 Millionen Französinnen und Franzosen verfolgt wurde, zeichnete Präsident Macron das Bild eines Frankreichs „im Krieg“ und beschwor angesichts dieses „sanitären Krieges“ die „nationale Einheit“.
Diesem Aufruf hat sich die Opposition bislang nicht verschlossen. Der Vorsitzende der Sozialistischen Partei, Olivier Faure, teilt nicht nur explizit Macrons Rede vom „sanitären Krieg“; er fordert gar eine Art „Kriegswirtschaft“, um nationale Produktionsstätten für die Herstellung dringend erforderlicher Produkte wie Beatmungsgeräte oder Schutzmasken requirieren zu können. Alle linken Parteien plädieren gar für strengere Ausgangsbeschränkungen; die linkspopulistische France Insoumise fordert etwa – analog zu Italien und Spanien – den Stopp aller nicht essentiellen Wirtschaftsaktivitäten. Dem widersetzt sich aber (noch) Premierminister Edouard Philippe, da dies die „Nation desorganisieren“ würde.
Auch die Sozialpartner sollen in die „nationale Einheit“ eingebunden werden. Schwelenden Konflikten versucht die Regierung mit der Ankündigung den Boden zu entziehen, von laufenden Reformvorhaben wie der umstrittenen Rentenreform abzusehen. Die Sozialpartner werden wieder stärker konsultiert. Doch bleibt – zumindest bei den Gewerkschaften – der Eindruck, dass dies nicht das Ende des von Macron praktizierten „sozialen Dirigismus“ bedeutet. In der Ausgestaltung eines in das geltende Arbeitsrecht eingreifenden „Notfallgesetztes“ hat die Regierung verschiedene Ausnahmeregelungen einseitig dekretiert. Darunter die Möglichkeit, die Wochenarbeitszeit in Schlüsselsektoren (Transport, Telekommunikation, Nahrungsmittelindustrie, Energie) auf bis zu 60 Stunden zu erhöhen.
Inzwischen haben sich Pessimismus in Bezug auf Verlauf und Kosten der Krise sowie Kritik am Regierungshandeln breitgemacht.
Angesichts der sich abzeichnenden enormen Auswirkungen der Pandemie auf die Wirtschaft des Landes ist eine Einbindung der Sozialpartner in das Krisenmanagement unerlässlich. Das nationale Statistikamt INSEE schätzt, dass derzeit etwa je ein Drittel der Beschäftigten in Telearbeit oder mit reduzierter Arbeitszeit arbeiten und nur noch ein Drittel normal. Die Wirtschaft arbeitet nur noch mit circa 65 Prozent Auslastung. Während in der Landwirtschaft – insbesondere aufgrund des Wegfalls von Saisonarbeitern aus anderen europäischen Ländern – 240 000 Arbeitskräfte fehlen, beklagt die Automobilindustrie, die ihre Produktion weitgehend eingestellt hat, für März einen Absatzeinbruch von 72 Prozent. Die Konsumnachfrage ist um 35 Prozent zurückgegangen. Es wird erwartet, dass jeder Monat des „confinement“ 3 Prozent der nationalen Wirtschaftsleistung kostet.
Angesichts dieser dramatischen Auswirkungen auf Wirtschaft und Beschäftigung hat die Regierung ähnlich wie in anderen europäischen Ländern massive Stützungsprogramme aufgelegt. Diese reichen von Direkthilfen für in Not geratene Unternehmen und Selbständige wie die Stundung von Steuern und Sozialbeiträgen oder der Möglichkeit einer späteren Zahlung von Mieten, Strom-, Wasserrechnungen etc. über Kreditgarantien in Höhe von 300 Milliarden Euro für Unternehmen mit Liquiditätsproblemen bis hin zu einem Solidaritätsfonds für Kleinstunternehmen und Selbständige. Unternehmen, die staatliche Hilfen in Anspruch nehmen, soll dann allerdings untersagt werden, in diesem Jahr Dividenden auszuschütten. Und auch Verstaatlichungen werden bei einer Verschärfung der Krise nicht ausgeschlossen. Wirtschaftsminister Bruno Le Maire soll bereits eine noch vertrauliche Liste von strategisch wichtigen Unternehmen zusammengestellt haben, die gegebenenfalls durch staatliche Kapitalbeteiligung gestützt werden sollen.
Inspiriert durch die deutschen Erfahrungen hat auch Frankreich eine Kurzarbeitsregelung („activité partielle“) verabschiedet, die Arbeitsministerin Muriel Pénicaud als die Regelung mit dem europaweit größten Schutz rühmt. Kurzarbeiter erhalten 84 Prozent ihres Nettogehaltes, Bezieher von Einkommen von bis zu einem Mindestlohn sogar das volle Gehalt. Den Unternehmen wiederum, die Kurzarbeit praktizieren, wird die gesamte Summe für Löhne und Gehälter bis zu einer Obergrenze von viereinhalb Mindestlöhnen (circa 4 800 Euro) erstattet. Anfang April haben bereits 400 000 Unternehmen Kurzarbeit für 4 Millionen Beschäftigte beantragt.
Auch in der Bevölkerung war Macrons Appell an die „nationale Einheit“ und sein Werben um Verständnis für die Einschränkungen zunächst nicht verhallt. In ersten Umfragen fanden die verordneten Maßnahmen überwiegend Zustimmung, und eine Mehrheit zeigte sich zufrieden mit der Reaktion der Regierung auf die Krise. Doch dieses Bild hat sich in nur kurzer Zeit erheblich gewandelt. Inzwischen haben sich Pessimismus in Bezug auf Verlauf und Kosten der Krise sowie Kritik am Regierungshandeln breitgemacht. Der Anteil derjenigen, die die Reaktionen der Regierung für unzureichend halten, ist innerhalb von nur etwas mehr als einer Woche um 10 Punkte von 46 auf 56 Prozent gestiegen; der Anteil derjenigen, die meinen, die ergriffenen Maßnahmen wie „social distancing“ seien unzureichend, ist von 43 auf 58 Prozent angewachsen; und 79 Prozent sind der Meinung, die Regierung habe zu spät gehandelt. Im Fokus der Kritik steht insbesondere die unzureichende Vorhaltung von Schutzmasken, Beatmungsgeräten und Tests. Derzeit können nur circa 100 000 Tests pro Woche durchgeführt werden – deutlich weniger als in Deutschland.
Die Erfahrungen von Prekarität im Gesundheitssystem beeinflussen schon jetzt sehr stark die Zukunftserwartungen der Französinnen und Franzosen. Nach einer Umfrage der Zeitung Libération wünschen sich gut zwei Drittel zukünftig eine Abschwächung von Marktmechanismen; 85 Prozent wenden sich gegen eine weitere Schwächung der Sozialversicherung und 84 Prozent erwarten, dass wichtige Produktionsketten wieder in Frankreich oder der EU angesiedelt werden. Diese Stimmung hat Emmanuel Macron schnell aufgegriffen. Er fordert in Reaktion auf die Covid-Krise nichts weniger als einen „Wiederaufbau der nationalen und europäischen Souveränität“.
Thomas Manz, FES Frankreich
Ecuador
Die Corona-Krise trifft in Ecuador auf eine überforderte Regierung, tiefe soziale Konflikte und einen zusammengesparten Staat. Ecuador hat im lateinamerikanischen Vergleich die auf die Bevölkerung hochgerechnet höchste Zahl an Covid-19 Todesopfern zu beklagen (120 bestätigte Fälle, Stand 02.04.2020). Schon jetzt ist das Land am Limit, obwohl der Ausbruch noch am Anfang steht.
Ecuador hat zunächst schnell reagiert. In der Region war das Land eines der ersten, das die Schulen schloss, drei Tage später die Bewegungsfreiheit der Bevölkerung massiv einschränkte, um wenige Tage darauf eine strikte Ausgangssperre zu verhängen, die nur für den Einkauf von Lebensmitteln und Medikamenten bis 14.00 Uhr unterbrochen werden darf. Doch diese Maßnahmen wurden nicht von einer kohärent handelnden Regierung abgewogen und eingeführt, sondern von machtbewussten Einzelkämpfern eingefordert und von einer orientierungslosen Regierung eilig und unkoordiniert umgesetzt.
Dabei wird der Existenz der indigenen Bevölkerung in den ländlichen Gebieten und im Amazonas, immerhin 40 Prozent der Bevölkerung, die zum Teil kein Spanisch sprechen, keine Rechnung getragen. Die Maßnahmen werden nicht auf Kichwa und Shuar kommuniziert.
Derweil ist die Gesundheitsministerin zu Beginn der Krise zurückgetreten, weil sie sich nicht imstande sah, dem kaputtgesparten öffentlichen Gesundheitssektor in dieser Situation vorzustehen. Statt, wie von vielen gefordert, mit den Gläubigern über ein Moratorium für die Rückzahlung der Auslandsschulden zu verhandeln, um in der Corona-Krise sowohl dem Gesundheits- als auch dem Sozialsektor Mittel zur Verfügung zu stellen, wurden die Schulden pünktlich bedient. Einige Tage darauf wurde jedoch die Aussetzung der Präsidentschaftswahlen im nächsten Jahr aus Kostengründen ins Spiel gebracht. Dabei dürften weniger die vorgeschobenen ökonomischen Gründe eine Rolle spielen, als vielmehr die Angst der regierenden Eliten vor einem Wiedererstarken des Correismus. So uneinig sich die Regierung in vielem ist, so einig ist sie sich in ihrer Abscheu gegenüber dem vorherigen Präsidenten Rafael Correa. Auch in der Bevölkerung ist Correa umstritten. Doch seine Regierungszeit wird mit funktionierenden öffentlichen Dienstleistungen und einem handelnden Staat in Verbindung gebracht – eine Situation, die sich derzeit viele Menschen zurückwünschen.
Während die Vertreterinnen und Vertreter der politischen Eliten damit beschäftigt sind, sich zu profilieren, hat ein Großteil der Bevölkerung ganz andere Sorgen.
Während die Vertreterinnen und Vertreter der politischen Eliten damit beschäftigt sind, sich zu profilieren, hat ein Großteil der Bevölkerung ganz andere Sorgen. Etwa 70 Prozent der Beschäftigten sind im informellen Sektor tätig. Für sie ist es keine Option, sich für Wochen in die soziale Isolation zu begeben. Diese Notsituation trifft in Guayaquil in besonders erschütternder Weise auf die Ignoranz der Eliten. Guayaquil ist die größte Stadt Ecuadors, Metropole der Wirtschaft und gesellschaftlicher Ungleichheit. Hier ist die Mehrzahl der bekannten Covid-19-Infektionen und Todesfälle registriert. Die Bevölkerung, die es bei über 35 Grad nicht in ihren Wellblechbehausungen aushält und die für ihr tägliches Einkommen sorgen muss, wird als undiszipliniert und verantwortungslos degradiert, wenn sie die Ausgangssperre nicht einhält.
Schnell wurden die Stadt und die umliegende Provinz unter Militärkontrolle gestellt und vollständig abgeriegelt. Zu mehr Ordnung hat dies jedoch nicht geführt. Da es große Unsicherheiten hinsichtlich der tatsächlichen Fallzahlen gibt und auf Grund der defizitären Informationslage Angst herrscht, haben die privaten Bestattungsunternehmen entschieden, keine Leichen mehr abzutransportieren. Sie haben Angst, sich bei unerkannten Covid-19-Fällen mit dem Virus zu infizieren. Wegen des Mangels an öffentlichen Leichenhallen und Bestattungsdiensten verbleiben die Leichen über mehrere Tage in den Häusern beziehungsweise werden teilweise auf der Straße entsorgt. Umfassende Privatisierungsmaßnahmen in Kombination mit Behördenversagen resultieren in diesem unwürdigen Umgang mit dem Tod.
Der menschenverachtende Umgang mit unterprivilegierten Menschen beschränkt sich mitnichten nur auf Guayaquil. Neben dem Erdöl lebt die ecuadorianische Wirtschaft vom landwirtschaftlichen Export. Ein großer Teil der Bananen in deutschen Supermärkten wird auf ecuadorianischen Plantagen produziert. Die süßen Früchte werden unter bittersten Bedingungen angebaut. Auch in Zeiten von Corona wird auf den Plantagen gearbeitet, auf denen keine Sicherheitsmaßnahmen gegen eine Ansteckung ergriffen werden. Im Gegenteil, die Flugzeuge, die die Plantagen mit Pestiziden besprühen, die unter anderem die Lunge angreifen, fliegen ihre Runden trotz des erhöhten Risikos weiterhin während der Arbeitszeit und besprühen die Arbeiterinnen und Arbeiter ebenso wie die Bananenpflanzen.
Die sozialen Proteste im Oktober, die das Land für fast zwei Wochen lahmlegten, waren Ausdruck des Widerstands gegen die zunehmende gesellschaftliche Ungleichheit und die fehlende Partizipation breiter Bevölkerungsgruppen an politischen Prozessen. Die sozialen Konflikte verschärfen sich in der aktuellen Situation weiter. Sollte die Regierung bei ihren Entscheidungen in der Corona-Krise der Lebenssituation der Mehrheit der Bevölkerung wenig Rechnung tragen, so ist mit Widerstand und Gegenwehr zu rechnen – wie auch immer dies in Zeiten von Covid-19 aussehen wird.
Kathrin Meissner, FES Ecuador
Südafrika
Beim ersten offiziellen Covid-19-Fall in Südafrika handelte es sich Anfang März um einen 38-jährigen Familienvater, der in Italien im Urlaub war. Mittlerweile liegen die Zahlen bei circa 1 400 Infizierten. Bereits frühzeitig wandte sich Cyril Ramaphosa, Präsident und Vorsitzender der Regierungspartei ANC, mit entschlossenen Ansprachen an das Volk. Seit dem 26. März ist eine landesweite Ausgangssperre in Kraft, die zunächst für 21 Tage gelten soll.
Die Regierung entsendet zudem über 10 000 Helfer in die ländlichen Regionen, um dort zu testen und ein repräsentatives Bild über die Ausbreitung zu erhalten. Sie will die Fehler vermeiden, die man in Teilen Europas und in den USA beobachtet hat. Etliche durch die Verfassung abgesicherte Freiheiten werden aktuell stark beschnitten, das öffentliche Leben steht still und die bereits zuvor am Boden liegende Wirtschaft wird wohl endgültig in eine langanhaltende Rezession stürzen.
Angesichts der Schreckensmeldungen aus den USA und Europa ist weiten Teilen der Bevölkerung bewusst, was das Virus anrichten kann. Daher unterstützen Gewerkschaften, Wirtschaft, Kirchen und weitere religiöse Gruppen sowie große Teile der Opposition derzeit Cyril Ramaphosas entschlossenes Handeln. Diesen Akt der Solidarität braucht es, um die gesundheitlichen und vor allem die sozialen Folgen der Pandemie in Südafrika halbwegs unter Kontrolle zu halten. Aber nur wenige Südafrikaner und Südafrikanerinnen können sich wirklich auf die ökonomischen Folgen der strikten Ausgangssperre einstellen. Die Angst vor sozialen Unruhen schwebt entsprechend wie ein Damoklesschwert über der Regenbogennation.
Die Angst vor sozialen Unruhen schwebt wie ein Damoklesschwert über der Regenbogennation.
Südafrika ist eines der politischen und ökonomischen Schwergewichte auf dem afrikanischen Kontinent. Doch angesichts der sozioökonomischen Struktur und der langjährigen wirtschaftlichen Krisen werden die Maßnahmen gegen das Corona-Virus den Großteil der fast 60 Millionen Einwohner vor immense und teils lebensbedrohliche Herausforderungen stellen – in Südafrika ist die soziale Ungleichheit weltweit am größten. Das Gesundheitssystem, so es überhaupt für die Menschen erreichbar ist, befindet sich bereits jetzt mit den weiterhin hohen HIV- und Tuberkulose-Fallzahlen derart an der Grenze der Belastbarkeit, dass ein ungebremster Ausbruch des Covid-19-Virus fürchterliche Folgen hätte.
Das Virus droht die große Mehrheit der Bevölkerung weiter in den Strudel aus Armut, Perspektivlosigkeit und Ungleichheit zu ziehen. Südafrika hat eine Staatsverschuldung von über 65 Prozent, die Wirtschaft steckt in einer Rezession und viele staatseigene Unternehmen sind hochverschuldet. Die Rating Agentur Moody’s hat Ende März die Kreditwürdigkeit Südafrikas auf „Ramschniveau“ abgestuft.
Entsprechend hat der Präsident bereits bei der Verkündung der Ausgangssperre die internationale Gemeinschaft und insbesondere die private Wirtschaft um finanzielle Unterstützung gebeten und an den Zusammenhalt aller appelliert. Die internationale Gemeinschaft muss die Kaprepublik unterstützen; gerade Deutschland kann hier eine tragende Rolle spielen. Noch in der Woche vor der landesweiten Ausgangssperre tagte virtuell die deutsch-südafrikanische binationale Kommission (BNK). Diese alle zwei Jahre stattfindende Regierungskonsultation beinhaltete 2020 erstmals auch die Sozialpartner beider Seiten. Vereinbarungen wurden hinsichtlich der Bekämpfung von Jugendarbeitslosigkeit (die in Südafrika weit über 50 Prozent liegt), des Ausbaus des Berufsbildungsbildungssystems und des Themas „just transition“ mit einem besonderen Fokus auf Energiefragen getroffen. Deutschland kann insbesondere die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit über gezielte Investitionen unterstützen.
Sobald das Virus die sogenannten „Townships“ und äußerst dicht besiedelten Gebiete trifft und sich dort unkontrolliert ausbreitet, wird faktisch auch keine Ausgangssperre mehr helfen.
Für Cyril Ramaphosa sind Ausgangssperre, wirtschaftliche Unterstützungsprogramme und Appelle an die Privatwirtschaft nur der Anfang eines langen und überaus steinigen Weges. Neben der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung wird seine größte Herausforderung sein, die Nation weiterhin hinter sich zu versammeln.
Fast jeder vierte Südafrikaner lebt unterhalb der absoluten Armutsgrenze, und Unterernährung ist gerade bei Kindern ein großes Problem – die Zahlen stiegen bereits vor der Covid-19-induzierten Krise. Dies scheint aktuell auch die größte Angst der Regierung: Sobald das Virus die sogenannten „Townships“ und äußerst dicht besiedelten Gebiete trifft und sich dort unkontrolliert ausbreitet, wird faktisch auch keine Ausgangssperre mehr helfen bzw. wird sie nur sehr schwer durchsetzbar sein. Die sozialen und schlussendlich auch politischen Folgen könnten verheerend sein.
Dem zu begegnen ist zentrales Anliegen der Regierung, und an der breiten Zustimmung zeigt sich bislang, dass demokratisch legitimiertes Regierungshandeln in Südafrika im Vergleich zu anderen Ländern auf dem Kontinent auch in Krisenzeiten möglich ist. So wurde von Beginn an die Presse als „essentiell“ eingestuft und damit die Möglichkeit einer (regierungs-)kritischen Berichterstattung aktiv unterstützt. Mit gutem Beispiel voranzugehen ist für den generellen Umgang mit dem Virus und seinen sozialen Folgen auf dem Kontinent ein Lackmustest.
Bastian Schulz, regionales Gewerkschaftsprojekt der FES mit Sitz in Südafrika