Vor zwei Jahren gerieten in Berlin 77 Immobilien im Wert von rund 10 Millionen Euro ins Rampenlicht: Kriminelle oder deren Familienmitglieder sollen sie mit schmutzigem Geld gekauft haben. Ein Jahr später wurde in Bayern Vermögen im Wert von rund 50 Millionen Euro beschlagnahmt, darunter Immobilien. Das Geld zum Kauf soll aus einem großen, milliardenschweren Korruptionsfall stammen, der als „Russische Waschmaschine“ bezeichnet wird. Beide Verfahren laufen noch. Sie sind nur die Spitze eines Eisbergs – Geldwäsche im Immobilienmarkt.
Der erstgenannte Fall entspricht eher dem traditionellen Bild der Geldwäsche: Lokale Kriminelle oder ihre Strohleute, meist ohne nennenswerte legale Einkünfte, kaufen Immobilien, verkaufen sie teuer weiter oder nutzen sie sogar zur Geldwäsche, zum Beispiel über Restaurantbetrieb oder Glücksspiele. Bargeldzahlungen, selbst in Millionenhöhe, sind dabei nach wie vor legal, ein Verbot ist nicht in Sicht. Zu selten fallen solche Geschäfte auf und führen zu Ermittlungen.
Der zweite Fall zeigt beispielhaft, wie schmutziges Geld über verworrene Wege und professionelle Helfer seinen Weg als Anlage in den deutschen Immobilienmarkt findet. Briefkastenfirmen und die Anonymität des internationalen Finanzmarkts bieten einen ziemlich sicheren Schutz vor lokalen Ermittlungen, wie eine Berliner Staatsanwältin Ende letzten Jahres in einer Bundestagsanhörung eindrücklich bestätigte. Ohne Leaks und Zufallsfunde ist für die Behörden hier bislang kaum etwas zu erreichen.
Vieles hängt an der Geldwäscheaufsicht der Länder. Diese ist bisher durch große Kapazitätsprobleme aufgefallen.
Wie viel Geld im deutschen Immobilienmarkt gewaschen wird, weiß niemand genau. Eine Studie im Auftrag des Bundesfinanzministeriums von 2015 befragte Immobilienmakler nach Verdachtsfällen und rechnete diese – mit der zweifelhaften Annahme, dass alle diese Fälle stichhaltig waren – auf ein geschätztes Geldwäschevolumen von 1,3 bis 4,3 Millarden Euro für zwei Jahre hoch. Darüber hinaus finden vor allem große und internationale Immobilientransaktionen und Verkäufe von Anteilen an Firmen mit Immobilieneigentum statt, oft ohne die Beteiligung deutscher Makler. Hier könnten große Beträge gewaschen werden. Erhebungen und Aussagen zum Umfang krimineller Erträge in Deutschland oder der Anziehungskraft Deutschlands für schmutziges Geld aus dem Ausland – wie von italienischen kriminellen Gruppen – lassen es plausibel erscheinen, dass jährlich ein Milliardenbetrag über deutsche Immobilien gewaschen wird.
Trägt dieses schmutzige Geld auch zu den hohen Mieten bei? Hier muss man vorsichtig sein. Immerhin wurden 2016 auf dem deutschen Immobilienmarkt 238 Milliarden Euro umgesetzt. Ein einstelliger oder selbst niedriger zweistelliger Milliardenbetrag macht da noch immer nur wenige Prozent aus. Dennoch könnten schmutzige Investoren, die nicht auf den Preis sehen müssen, die Preise lokal durchaus mit hochtreiben. Auslandsinvestitionen in Immobilien (2017 immerhin rund 30 Milliarden Euro), von denen zumindest aus einigen Staaten ein erhöhtes Geldwäscherisiko ausgeht, konzentrieren sich eher auf bestimmte Städte.
Eigentlich soll in Deutschland das Geldwäschegesetz verhindern, dass Geld gewaschen wird. Dieses verpflichtete eine ganze Reihe von Unternehmen und Einzelpersonen zur Abgabe von sogenannten Verdachtsmeldungen bei Anzeichen für Geldwäsche. Darunter fallen beispielsweise Zweifel an der Identität des Käufers oder der Herkunft der Mittel. Aber während die Geldwäschebehörde FIU 2018 immerhin 750 Verdachtsmeldungen mit Immobilienbezug erhielt, meldeten Makler und Notare davon nur 39, der Rest kam fast ausschließlich von Banken. Die Notare konnten sich dabei bisher fast immer auf ihre Schweigepflicht berufen. Zugleich war es ihnen rechtlich schwer möglich, eine Beurkundung zu verweigern.
Aber durch die Reform des Geldwäschegesetzes, die seit diesem Jahr in Kraft ist, dürfen und müssen auch Notare in bestimmten Fällen den bloßen Verdacht von Geldwäsche melden. Und sie dürfen einen Immobilienkauf nur beurkunden, wenn die Identität des Käufers klar ist. Ob das zu mehr Meldungen und erfolgreichen Verfahren führen wird, bleibt abzuwarten. Zum einen fehlt noch immer die Rechtsverordnung zur Umsetzung der neuen Regeln zur Schweigepflicht. Außerdem hängt vieles an der Geldwäscheaufsicht der Länder. Diese ist bisher durch große Kapazitätsprobleme aufgefallen. Immerhin hat Berlin vor kurzem eine „Task Force“ gegründet, um die Kontrollen zu verbessern. Die Geldwäschebehörde FIU dagegen müht sich noch immer, den Wechsel vom Bundeskriminalamt zum Zoll vor drei Jahren zu verkraften, wo das Personal fast komplett neu aufgebaut werden musste. Auch gibt es bis heute Probleme in der Zusammenarbeit mit den Polizeibehörden.
Wichtig wären nun weitere Reformen wie beispielsweise der schon seit Jahren geforderte und von der EU eigentlich für dieses Jahr angemahnte „zeitnahe“ Zugriff von Ermittlungsbehörden auf Grundbücher.
Durch die Reform und auf Basis von EU-Vorgaben wird auch das sogenannte Transparenzregister der Öffentlichkeit zugänglich. Dort stehen – soweit nicht schon in anderen Registern ersichtlich – die wahren Eigentümer oder Begünstigten aller deutschen Gesellschaften. Aber obwohl man jetzt für eine Einsichtnahme keine Begründung mehr liefern muss, dauert die Bewilligung häufig mehrere Tage oder in Einzelfällen sogar bis zu zwei Wochen. Was überhaupt dabei noch geprüft wird, ist nicht verständlich. Deshalb sollte es in Zukunft einen automatisierten Abruf geben.
Doch die größte Lücke bei intransparenten Eigentümern von Immobilien waren bisher ausländische Gesellschaften. Hier hat die Reform einen echten Fortschritt gebracht. Jetzt müssen Gesellschaften aus dem außereuropäischen Ausland, die in Deutschland Immobilien kaufen, an das deutsche Transparenzregister melden. Die Pflicht gilt aber nur für neue Geschäfte. Und zuletzt waren bei Geldwäscheskandalen wiederholt EU-Staaten involviert. Zugleich hat zum Beispiel Zypern sein Eigentümer-Register noch nicht umgesetzt, obwohl die Frist schon abgelaufen ist. Es bleiben also Lücken.
Wichtig wären nun weitere Reformen wie beispielsweise der schon seit Jahren geforderte und von der EU eigentlich für dieses Jahr angemahnte „zeitnahe“ Zugriff von Ermittlungsbehörden auf Grundbücher. In Deutschland gibt es bis heute kein bundesweites Grundbuch, sondern einzelne Grundbücher in Ländern und teils sogar Kommunen. Die Bundesländer arbeiten schon seit 2004 an einem bundesweiten digitalen „Datengrundbuch“, haben die Einführung 2019 aber erneut bis mindestens Mai 2021 verschoben. Bei einer Untersuchung des Tax Justice Network hatten nur 20 von 112 Staaten – darunter Deutschland – ein dezentrales Grundbuch. In 34 Staaten war hingegen das Grundbuch sogar offen im Netz zugänglich.
Es bleibt zu hoffen, dass der Druck durch die Öffentlichkeit und die 2020 laufende internationale Prüfung durch die „Financial Action Task Force“ dazu führen werden, die Behörden im Kampf gegen Geldwäsche zu stärken und mehr illegitimes Vermögen einzuziehen. Nur so ließe sich der Eisberg langsam zum Schmelzen bringen.