Da die Impfung der Bevölkerung jetzt Fortschritte macht, ist es Zeit, über die nötigen Maßnahmen nachzudenken, um die Wirtschaft zu fördern und nach den pandemiebedingten Verlusten eine schnelle Erholung zu ermöglichen. Besonders müssen wir dabei natürlich die Sektoren wie Hotels, Restaurants und den stationären Einzelhandel ins Auge fassen, die vom Lockdown am härtesten getroffen wurden – und auch viele Selbstständige wie Friseure, Masseure oder Künstler.

Die staatlichen Förderprogramme müssen drei wichtige Eigenschaften haben: Sie sollten schnell kommen, gezielt wirken und zeitlich befristet sein. Außerdem müssen sie transformativ sein, also einen sinnvollen Wandel fördern. Drei Maßnahmen stechen hervor, weil sie besonders zielgerichtet angewendet werden können: Konsumgutscheine, erweiterte Verlustrückträge und Sofortabschreibungen. Letztere wirken auch sehr transformativ.

Joe Biden, der neue Präsident der Vereinigten Staaten, hat ein hochdosiertes Wiederaufbauprogramm auf den Weg gebracht. Es sieht Direktzahlungen in Höhe von 1 400 Dollar pro Person vor, die allerdings in den Einkommensgruppen über 75 000 Dollar für Einzelpersonen und 150 000 für Paare deutlich geringer ausfallen. In Deutschland wurde dieses Modell vom Einzelhandelsverband aufgegriffen, der sich für eine Zahlung von 500 Euro an alle Bürgerinnen und Bürger eingesetzt hat.

Aber mit Blick auf die oben erwähnten Kriterien schneiden allgemeine staatliche Transferzahlungen nicht gut ab. Ihre größte Schwäche ist, dass sie nicht sehr zielgerichtet sind. Die geplagten Bürger könnten das Geld einfach sparen, was den beabsichtigten Konsumeffekt im Sande verlaufen ließe. Aber selbst wenn das Geld ausgegeben wird, ist immer noch unklar, ob es dort ankommt, wo es am nötigsten gebraucht wird.

Die Pandemie hat zu einem enormen Aufschwung des Online-Einzelhandels geführt – nicht zuletzt deshalb, weil viele Haushalte, die gegenüber dieser Verkaufsform skeptisch eingestellt waren, nun überraschend positive Erfahrungen mit ihr gemacht haben. Daher besteht die Gefahr, dass auch die staatlichen Zuwendungen für Online-Käufe verwendet werden, was die vom Lockdown betroffenen Geschäfte mit leeren Händen zurücklassen würde.

Daher besteht die Gefahr, dass auch die staatlichen Zuwendungen für Online-Käufe verwendet werden, was die vom Lockdown betroffenen Geschäfte mit leeren Händen zurücklassen würde.

Da die öffentlichen Mittel begrenzt sind, sollten sie gezielter eingesetzt werden. Ein guter Weg dorthin sind Konsumgutscheine, die verfallen, wenn sie nicht eingelöst werden. Außerdem könnte die Gültigkeit dieser Gutscheine auf Unternehmen beschränkt werden, die direkt vom physischen Lockdown betroffen sind.

Und das Kriterium der Rechtzeitigkeit könnte dadurch erfüllt werden, dass die Gutscheine auf Zufallsbasis für nur einen einzigen Monat des Jahres 2021 gelten. So kann nach ihrer Verteilung ein Ansturm auf die Geschäfte und damit unerwünschte Menschenmengen verhindert werden.

Ein erfolgreiches Beispiel gibt es bereits: Im Juni 2020 hat die deutsche Universitätsstadt Marburg allen erwachsenen Einwohnerinnen und Einwohnern per Post jeweils einen Gutschein über zwanzig Euro geschickt – und für Kinder sogar über fünfzig Euro. Dieses sogenannte „Stadtgeld“ konnte in Restaurants, Cafés, Einkaufsläden oder für Kulturveranstaltungen ausgegeben werden. Die Gültigkeit der Gutscheine war auf sechs Wochen begrenzt, damit das Geld schnell ausgegeben wurde. Die Läden mussten sich bei einem Einzelhandelsportal registrieren und bekamen den Wert direkt von der Stadt ausgezahlt. Insgesamt wurden 75 517 Gutscheine verschickt.

Bis jetzt wurde dieses Modell nicht wissenschaftlich untersucht, aber die Stadtverwaltung hat es sehr positiv bewertet. Es ist offensichtlich eine Maßnahme, die den Opfern der Pandemie viel gezielter hilft als eine allgemeine Geldzahlung wie jene in den USA.

Angesichts der hohen Sparquote der Privathaushalte könnte man natürlich fragen, ob die staatliche Förderung des Konsums überhaupt nötig ist. Aber Kleinverdiener sind meist kaum in der Lage zu sparen. Außerdem dürften sie stärker unter Einkommensverlusten durch Arbeitslosigkeit oder Kurzarbeit leiden.

Die am meisten betroffenen Unternehmen und Selbstständigen mussten durch den Lockdown schwere Verluste hinnehmen. Obwohl viele von ihnen vorher ein erfolgreiches Geschäftsmodell hatten, können solche Rückschläge durch eine Rückkehr zum „Normalbetrieb“ nicht ausgeglichen werden. Nötig ist dazu vielmehr ein starker Anstieg des Konsums, der nicht zuletzt dazu beiträgt, die immer höheren Lagerbestände abzubauen.

Die Logik dahinter ist sehr einfach: Teilt das Unternehmen seine Gewinne mit dem Staat, sollte es auch seine Verluste mit ihm teilen können.

Eine gezielte und verwaltungstechnisch einfache Unterstützungsmaßnahme ist der steuerliche Verlustrücktrag. Hat ein Unternehmen beispielsweise 2019 einen Gewinn von einer Million Euro und 2020 einen Verlust in gleicher Höhe gemacht, kann es die beiden Beträge dann gegeneinander aufrechnen. So könnte es die für 2019 gezahlten Steuern zurückbekommen. Die Logik dahinter ist sehr einfach: Teilt das Unternehmen seine Gewinne mit dem Staat, sollte es auch seine Verluste mit ihm teilen können. In Europa existiert dieses Instrument bislang in nur fünf Ländern – in Frankreich, Deutschland, Irland, den Niederlanden und Großbritannien. Außerdem ist es auf ein Jahr begrenzt.

Da die Pandemie in Europa nun in ihr zweites Jahr geht, wäre es sinnvoll, den Zeitraum der möglichen Verlustrückträge auf zwei Jahre zu verlängern. In den USA können im Rahmen des Hilfspakets Coronavirus Aid, Relief and Economic Security Act (CARES) sogar Verluste aus 2018, 2019 und 2020 um fünf Jahre rückgetragen werden. Gegen einen zu langen Zeitraum spricht allerdings die Gefahr, Zombie-Unternehmen zu unterstützen, denen es an einem dauerhaft erfolgreichen Geschäftsmodell mangelt. Mit einem zweijährigen Rücktrag könnten die Firmen immerhin die Verluste der beiden Coronavirus-Jahre gegen ihre Gewinne aus 2018 und 2019 aufrechnen.

So können die durch das Virus geschwächten Länder mit einer großzügigen Rücktragsregelung wie dieser ihre Liquidität und Solvenz stärken und sich nach dem Ende der Pandemie kräftig erholen. Europäische Länder, die dieses sehr gezielt wirkende Instrument noch nicht einsetzen, sollten es ernsthaft in Erwägung ziehen.

Der Digitalisierungsdruck wird einige Geschäftsmodelle überflüssig machen oder zumindest massive Anpassungen erfordern.

Allerdings wird die Pandemie auf die Wirtschaft nicht nur temporäre Effekte haben. Der Digitalisierungsdruck wird einige Geschäftsmodelle überflüssig machen oder zumindest massive Anpassungen erfordern. Meist sind dazu Investitionen nötig, die sich viele Unternehmen momentan nicht leisten können. Da ihre Bilanzen durch die Krise angeschlagen sind, fällt es ihnen schwer, Bankkredite zu bekommen.

Unter diesen Umständen können steuerliche Sofortabschreibungen eine wichtige Rolle spielen. Je nach Steuersatz erhalten Unternehmen damit eine zinsfreie Liquiditätshilfe. Auch hier könnten die USA als Modell dienen, wo im Zuge der Steuerreform von 2017 eine hundertprozentige „Bonusabschreibung“ für das erste Jahr eingeführt wurde. Diese gilt allgemein für abschreibungsberechtigtes Betriebsvermögen mit einer Amortisierungsdauer von zwanzig Jahren oder weniger – also für Anlagen, Ausrüstung, Computer, Geräte, Möbel und, mit Einschränkungen, auch für Immobilien.

Die meisten europäischen Länder würde diese Maßnahme letztlich nichts kosten. Eine sofortige Abschreibung oder Wertminderung bedeutet geringere Steuereinnahmen im betreffenden Jahr, aber höhere in der Zukunft. Dies ist effektiv kostenlos, da sich die Staaten momentan zu Zinsen von Null oder nahe Null verschulden können. Sogar Italien kann sich über einen Zinssatz für zehnjährige Staatsanleihen von lediglich 0,6 Prozent freuen.

Man kann natürlich mit Recht fragen, ob großzügige Hilfen für Unternehmen sozial gerechtfertigt sind, wenn man das Geld auch den Bürgerinnen und Bürgern direkt geben könnte. Angesichts der – verglichen mit den USA – viel geringeren Manövrierfähigkeit der europäischen Staaten scheint es allerdings vernünftig, gezielte Maßnahmen zu treffen, um das Überleben von Unternehmen und Arbeitsplätzen zu sichern, die von der Pandemie betroffen sind.

Dieser Artikel ist eine gemeinsame Veröffentlichung von Social Europe und dem IPG-Journal.

Aus dem Englischen von Harald Eckhoff